veröffentlicht am 23. Januar 2024
Bad Saulgau, Januar 2025. Trotz der scheinbar perfekten Vernetzung in der digitalen Welt bleibt ein oft übersehenes Problem bestehen: Einsamkeit. Im Gegensatz zum Alleinsein ist sie kein selbst gewählter Zustand.
„Fehlen Kontakte zu nahestehenden Personen, leidet nicht nur das seelische Wohlbefinden. Mit der Zeit entstehen körperliche Gesundheitsprobleme, die sogar Auswirkungen auf die Lebensdauer haben können“, erklärt Prof. Dr. med. Petra Beschoner, Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin und Ärztliche Leiterin der Akutklinik Bad Saulgau. Laut der Expertin handelt es sich bei Einsamkeit um „ein schmerzhaftes Gefühl, das über längere Zeit anhält“.
Wie sich diese Leere äußert, welche Maßnahmen Betroffene ergreifen sollten und wann der Kontakt zu Fachleuten notwendig wird, erklärt die Professorin im Folgenden.
Auswirkungen auf Körper und Psyche
Wissenschaftlich betrachtet bedeutet Einsamkeit eine Diskrepanz zwischen den gewünschten und den tatsächlichen Beziehungen. Sie tritt in allen Lebensphasen auf – unabhängig vom Alter. Die Ergebnisse des Einsamkeitsbarometers 2024 zeigen zudem, dass dieses Phänomen stets negative Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit hat. „Zwar ist Einsamkeit keine medizinisch anerkannte Diagnose, doch der Zustand wird ähnlich wie Armut oder Arbeitslosigkeit als krankmachender Faktor bewertet“, erklärt Prof. Beschoner.
Oft wird sie durch Lebensumbrüche oder einschneidende Ereignisse wie Scheidung, schwere Erkrankungen, Arbeitsplatzverlust oder den Tod eines geliebten Menschen ausgelöst. „Problematisch wird es, wenn das Gefühl anhält und mit sozialer Isolation einhergeht“, so die Professorin. „Studien haben mittlerweile den Zusammenhang zwischen Einsamkeit und Depressionen nachgewiesen. Menschen, die sich isoliert fühlen, haben zudem einen dauerhaft erhöhten Cortisolspiegel – auch ohne Stress. Die Folgen sind Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko.“
Im Folgenden gibt Prof. Beschoner drei wertvolle Tipps, wie Betroffene aktiv gegen Einsamkeit vorgehen, was Angehörige tun können und wann professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden sollte:
1. Selbsthilfe bei Einsamkeit: „Betroffene sollten zunächst versuchen, ihre sozialen Kontakte zu pflegen und neue Verbindungen aufzubauen. Das kann durch regelmäßige Gespräche mit Freunden und Familie, die Teilnahme an Gruppenaktivitäten in Vereinen oder das Ausüben eines Ehrenamts geschehen. Wer sich isoliert fühlt, kann auch digitale Kommunikationsmittel wie Videoanrufe oder Online-Communitys nutzen, um den Austausch aufrechtzuerhalten.
Darüber hinaus hilft eine strukturierte Tagesroutine, die Zeit sinnvoll zu gestalten. Hobbys, kreative Tätigkeiten oder sportliche Aktivitäten bieten ebenfalls gute Möglichkeiten, sich abzulenken und neue Menschen kennenzulernen. Auch ein Haustier kann Gesellschaft leisten und den Alltag bereichern. Achtsamkeitstechniken und Selbstreflexion unterstützen dabei, den negativen Gedankenkreislauf zu durchbrechen und das Selbstwertgefühl zu stärken.“
2. Unterstützung durch Familie und Freunde: „Angehörige und Freunde spielen eine wichtige Rolle. Durch regelmäßigen Kontakt, sei es in Form von Besuchen oder Telefonaten, können sie das Gefühl der Isolation mildern. Dabei ist es wichtig, zuzuhören und Verständnis für die Situation des Betroffenen zu zeigen.
Gemeinsame Aktivitäten wie Spaziergänge oder Einladungen zu sozialen Events können ebenfalls helfen, die Einsamkeit zu durchbrechen. Wenn die Einsamkeit langfristig das Wohlbefinden beeinträchtigt, ist es zudem ratsam, den Betroffenen zu ermutigen, sich an Experten zu wenden.“
3. Wann therapeutische Unterstützung erforderlich ist: „Wenn die Einsamkeit über längere Zeit anhält und das tägliche Leben stark beeinträchtigt, sollte eine professionelle Begleitung in Erwägung gezogen werden. Ein Facharzt für Psychotherapie kann helfen, die tiefer liegenden Ursachen der Einsamkeit zu identifizieren und entsprechende Behandlungsmöglichkeiten anzubieten. Therapeuten nutzen verschiedene Methoden wie kognitive Verhaltenstherapie oder Gesprächstherapie, um negative Denkmuster zu durchbrechen und das Selbstwertgefühl zu stärken.
Zudem unterstützt ein Facharzt dabei, soziale Fähigkeiten zu fördern und den Betroffenen zu ermutigen, neue Beziehungen aufzubauen. Wenn die Einsamkeit mit weiteren psychischen Erkrankungen wie Depressionen einhergeht, ist eine frühzeitige Behandlung besonders wichtig, um schwerwiegendere Folgen zu verhindern.“
Text / Foto: Borgmeier Public Relations / pixabay