veröffentlicht am 21. Mai 2024
- Absicherung von Unfall- oder Pannenstellen erfordert schnelles und umsichtiges Handeln
- Rettungsgasse kann Leben retten: simpel aber effektiv
Eine Autopanne oder gar ein Unfall zählen zu den gefährlichsten Situationen, die im Straßenverkehr auftreten können, denn von ihnen geht ein Gefährdungspotenzial für die unmittelbar Betroffenen wie auch für die übrigen Verkehrsteilnehmer aus.
Der Automobilclub von Deutschland (AvD) zeigt die Risiken auf, die bei der Absicherung von Pannen- oder Unfallstellen entstehen und gibt Verhaltenstipps für Beteiligte und Helfer. Denn mit dem eigentlichen Ereignis ist die Gefahr noch längst nicht vorbei.
Auch für die unbeteiligten Verkehrsteilnehmer sind derartige Situationen höchst heikel, müssen sie doch zunächst die in jedem Fall außergewöhnliche Situation erst erfassen, um dann angemessen reagieren zu können. Aufmerksamkeit sowie überlegtes Handeln sind daher für alle Beteiligten vor Ort die oberste Maxime. Das ist in der Theorie allerdings leichter gesagt als getan. Umso wichtiger ist es, die zentralen Verhaltensmaßregeln zu kennen und die entsprechende Gefahrensituation von Zeit zu Zeit in Gedanken durchzuspielen.
Der AvD hat die wichtigsten Handlungsempfehlungen für Betroffene und Ersthelfer zusammengestellt, die bei einer Panne oder einem Unfall unmittelbar ergriffen werden sollten:
1.) Sicherung des Unfall- oder Pannenfahrzeugs
Zuallererst: Warnblinker an und Zündung aus. Sofern möglich, sollten anschließend alle Insassen das Auto auf der dem fließenden Verkehr abgewandten Seite verlassen. Bei einer Panne ist dies in der Regel die Beifahrerseite. Zwar ist das Tragen einer Warnweste nicht verpflichtend (vergl. § 53 a Abs. 2 STVO), aber vor allem außerhalb geschlossener Ortschaften empfiehlt der AvD allen Fahrzeuginsassen – sofern verfügbar – eine Warnweste anzulegen, um die eigene Sichtbarkeit zu verbessern. Speziell auf Autobahnen und Landstraßen sollten sich Menschen immer am Heck des Autos außerhalb des Fahrbahnbereichs beziehungsweise hinter der Leitplanke aufhalten.
Anschließend gilt es, das Warndreieck aufzustellen, um die Pannen- oder Unfallstelle abzusichern. Empfehlung: Das Warndreieck sollte bereits am Auto aufgeklappt werden. Tragen Sie es anschließend vor dem Körper und gehen Sie am äußersten Fahrbahn- bzw. Pannenstreifenrand mindestens 100 Meter entgegen der ursprünglichen Fahrtrichtung, um es zu platzieren. Wegen der höheren Fahrgeschwindigkeiten sind auf Autobahnen eher 200 bis 300 Meter angeraten. Beim Aufstellen des Warndreiecks immer den fließenden Verkehr im Auge behalten. Lässt sich das Auto noch bewegen, sollte es an den äußersten Fahrbahnrand manövriert werden. Dabei gilt grundsätzlich: Eigensicherung geht vor! Und: Äußerste Vorsicht beim Betreten der Fahrbahn!
2.) Erste Hilfe leisten
Wenn erforderlich, geht es nun daran, Personen aus dem verunfallten Fahrzeug zu bergen. Probates Hilfsmittel ist dabei der sogenannte Rautek-Rettungsgriff: Dazu greift der Retter von hinten rechts und links unter den Achseln der zu rettenden Person nach vorn, fasst mit einer Hand einen der Unterarme unmittelbar vor dem Ellenbogen und mit der anderen Hand das Handgelenk desselben Arms. Falls erforderlich den Verunfallten nach der Bergung in die stabile Seitenlage bringen.
Dann die 112 (einheitliche Notrufnummer innerhalb Europas) über das Mobiltelefon wählen und so die Rettungsdienste informieren. Bei der Meldung zunächst den eigenen Namen nennen. Dann:
- Was ist passiert?
- Wie ist der genaue Standort (Straßenbezeichnung, Fahrtrichtung, Kilometermarke)?
- Wie viele Personen benötigen medizinische Hilfe, ist jemand nicht ansprechbar?
- Gibt es Rückfragen seitens der Rettungsdienst-Leitstelle?
Seit 2019 verfügen alle Neuwagen über ein automatisches Notruf-System (eCall), das nach einem schweren Unfall selbsttätig die professionellen Rettungskräfte alarmiert und automatisch die Standort-Koordinaten übermittelt. Dieser Notruf kann auch manuell ausgelöst werden, beispielsweise durch unverletzte Mitfahrer oder Ersthelfer. In jedem Fall sollten auch Ersthelfer und Unfallzeugen bis zum Eintreffen der Rettungskräfte an der Unfallstelle vor Ort bleiben, um gegebenenfalls Rückfragen beantworten zu können.
3.) Polizei verständigen
Ist es bei einem Unfall zu Personenschäden gekommen, ein Fahrzeug fahrunfähig geworden oder ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen involviert, ist es erforderlich, die Polizei zu kontaktieren. Das gilt ebenso, wenn ein oder mehrere Unfallbeteiligte nicht vor Ort sind oder Leitplanken, Leitpfosten, ein Wildtier oder ein Baum zu Schaden gekommen sind. Nur so lässt sich zuverlässig ausschließen, nachträglich wegen Fahrerflucht belangt zu werden. In Deutschland ist für derartige Meldungen bundesweit die Nummer 110 als Notruf der Polizei geschaltet. Bei einer eventuellen Störung ist alternativ die Nummer 112 erreichbar.
4.) AvD Notruf unter 0800 9909909 informieren
Ist das Fahrzeug nicht mehr fahrfähig, können AvD Mitglieder über die AvD Notrufzentrale Hilfe anfordern – und zwar 24 Stunden am Tag, an 365 Tagen im Jahr. Aus dem Ausland ist die AvD Notrufzentrale unter der Rufnummer +49 69 6606-600 erreichbar. An der Notrufsäule oder auf Frage der Polizei sollten AvD Mitglieder ausdrücklich die Hilfe des AvD erbitten.
Die Notrufzentrale informierte im Anschluss einen Vertragspartner, der sich sogleich auf den Weg zur Pannenstelle macht. Sollte es nicht gelingen, das Fahrzeug vor Ort wieder flott zu machen, transportiert der AvD Pannenhelfer das Auto zur nächsten Werkstatt. Ist auch dort eine zeitnahe Reparatur nicht möglich, hilft der AvD mit einem Mietwagen zu Fortsetzung der Fahrt oder mit einer Hotel-Übernachtung für alle Passagiere. Im Tarif AvD HELP PLUS gilt das sogar weltweit.
5.) Informationen sammeln
Ist die Unfallstelle abgesichert, die Verletzten versorgt und die Rettungskräfte angefordert, steht das Sammeln wichtiger Daten an. Denn: Nach dem Unfall ist vor der Schadenregulierung. Es ist für alle Beteiligten hilfreich, miteinander Namen, Anschrift, Kennzeichen, Versicherer und möglichst auch die Versicherungsnummern auszutauschen. Bei Fahrern oder Haltern aus dem Ausland auch nach der Grünen Karte fragen und Angaben zur Versicherung aufschreiben oder abfotografieren.
Der AvD weist darauf hin, dass keine Pflicht besteht, sich gegenüber Privatpersonen auszuweisen. Werden Angaben zur eigenen Person gemacht, müssen diese aber korrekt sein. Mögliche Zeugen ansprechen und diese bitten, bis zum Eintreffen der Polizei vor Ort zu bleiben. Dabei vollständige Angaben zu diesen Personen notieren, abfotografieren oder als Sprachaufnahme sichern. Lassen es die Lichtverhältnisse und die Situation zu, empfiehlt es sich Beschädigungen mit dem Mobiltelefon zu dokumentieren. Und auch dabei stets bedenken: Eigensicherung geht vor!
6.) Unfallbericht gemeinsam ausfüllen
Einen Unfallbericht mit den Unfallbeteiligten erstellen: Den Europäischen Unfallbericht als Formular immer im Handschuhfach mitführen. Es enthält international standardisierte Felder, die im Einvernehmen ausgefüllt werden können. Der AvD stellt das Formular hier zur Verfügung. Alle dort gemachten Angaben überprüfen und nur unterschreiben, wenn das Notierte mit der eigenen Wahrnehmung übereinstimmt. Die Unterschrift unter dem Bericht ist freiwillig und kann nicht verlangt oder erzwungen werden.
Auch gegenüber der Polizei besteht keine Pflicht, Angaben zum Unfallhergang zu machen. Es ist ausreichend, seine persönlichen Daten anzugeben und zu erläutern, welche Beteiligung am Geschehen vorliegt.
Rettungsgasse: simpel in der Anwendung, lebensrettend in der Wirkung
Kommt es außerorts auf Straßen mit mehr als einer Richtungsfahrbahn zu einem Stau, ist die Bildung einer Rettungsgasse für alle Verkehrsteilnehmer verpflichtend, sobald der Verkehrsfluss stockt. Seit 2016 ist das laut §11 (2) der Straßenverkehrsordnung (StVO) verpflichtend vorgeschrieben. Bei Nichtbeachtung drohen mindestens (!) 200 Euro Bußgeld sowie zwei Punkte in Flensburg. Schlimmer noch: Nichtbeachtung kann Menschenleben kosten.
Das Bilden der Rettungsgasse ist denkbar einfach: Die Fahrzeuge auf der linken Spur positionieren sich am äußersten linken Fahrbahnrand, die übrigen Fahrspuren orientieren sich an die jeweils rechte Begrenzung des Fahrstreifens. Das gilt auch für die Brummis auf der ganz rechten Spur. Der Standstreifen sollte indes frei bleiben, da auch hier möglicherweise Einsatzfahrzeuge zur Einsatzstelle fahren können.
Idealerweise ist die so gebildete Rettungsgasse so breit, dass nicht nur Polizei- und Notarztwagen, sondern auch Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr, die in der Regel auf Lkw-Fahrgestellen aufbauen zügig die Unfallstelle anfahren können. Die Rettungsgasse ist NICHT dazu da, damit einzelne Autofahrer eine bessere Sicht nach vorn haben, um eventuell den Grund für die Verkehrsstauung ausmachen zu können.
Und: Das Bilden einer Rettungsgasse verzögert das eigene Fortkommen nicht zusätzlich. Im Gegenteil. Je ungehinderter Retter und Bergungsfahrzeuge den Einsatzort erreichen, desto schneller können Verletzte versorgt, die Unfallstelle geräumt und die Straße wieder in voller Breite für den Verkehr freigegeben werden.
AvD – Die Mobilitätsexperten seit 125 Jahren
Als traditionsreichste automobile Vereinigung in Deutschland bündelt und vertritt der AvD seit 1899 die Interessen der Autofahrer. Am 11. Juli 1926 veranstaltete der AvD auf der AVUS in Berlin den 1. Großen Preis von Deutschland, für dessen Austragung er bis heute über 75-mal als sportlicher Ausrichter verantwortlich war. Im Jahr 2022 startete die AvD Drift-Championship, die sich als Teil einer jungen Motorsportdisziplin international wachsender Beliebtheit erfreut. Darüber hinaus arbeitet der AvD gemeinsam mit mehreren Partnern an der Etablierung der Nürburgring Endurance Serie (NES), die in diesem Jahr ihre erste Saison absolvieren wird. Mit seiner breiten Palette an Services wie der weltweiten Pannenhilfe, einschließlich einer eigenen 24/7-Notrufzentrale, weltweitem Auto- und Reiseschutz, Fahrertrainings sowie attraktiven Events unterstützt der AvD die Mobilität seiner Mitglieder und fördert die allgemeine Verkehrssicherheit. Das Gründungsmitglied des Automobilweltverbandes FIA (Fédération Internationale de l’Automobile) betreut seine rund 1,4 Millionen Mitglieder und Kunden ebenso persönlich, wie individuell in allen Bereichen der Mobilität und steht für Leidenschaft rund ums Auto.
Text / Foto: Automobilclub von Deutschland e.V.