Mit individuellen Therapieplänen zu mehr
Sport in der Diabetestherapie
Corona hat die Bevölkerung lahmgelegt: Die
tägliche Sitz-Zeit während der Pandemie hat weltweit um 28 Prozent zugenommen.
Leistungssport sowie Freizeit- und Gesundheitssport waren starken
Einschränkungen unterworfen. Aber auch jenseits von Corona sind Bewegung und
Sport zu selten Teil von Diabetes-Therapieplänen, kritisieren Expertinnen und
Experten der Deutschen Diabetes Gesellschaft e. V. (DDG).
Besonders für chronisch
kranke und übergewichtige Menschen sei Bewegung elementar für den Therapieerfolg. Daher hat die AG Diabetes, Sport und
Bewegung der DDG Materialien entwickelt, die eine konstruktive
Arzt-Patienten-Kommunikation unterstützen und Betroffene zu mehr sportlicher
Aktivität animieren.
Homeoffice, geschlossene Schwimmbäder und
Fitness-Studios sowie monatelang keine Rehabilitations-, Vereins- oder
Schulsportangebote und nicht zuletzt die Sorge, sich beim Verlassen der eigenen
vier Wände anzustecken – seit nunmehr zwei Jahren ist das
Bewegungsverhalten der Bevölkerung stark eingeschränkt. „Dabei ist besonders in Pandemiezeiten Bewegung wichtiger denn je
– insbesondere für chronisch kranke und übergewichtige Patientinnen und Patienten“, gibt
Dr. med. Stephan Kress, 1. Vorsitzender der AG Diabetes, Sport und Bewegung der
DDG, zu bedenken. „Denn regelmäßige Bewegung verbessert die kardiorespiratorische
Fitness und sichert neben der metabolischen und kardiovaskulären Gesundheit
eine funktionierende Immunabwehr – was auch entscheidend für einen milden COVID-19-Verlauf sein kann.“
Bewegungstherapie muss Standard in der
Diabetesbetreuung werden
Bereits vor Corona haben Sport und Bewegung
zu wenig Platz in bestehenden Therapieplänen von Diabetespatientinnen und
-patienten gefunden. „Im Alltag eines Diabetes Managements ist es
Standard, Therapiepläne für Medikamente, Insulindosierungen oder
Ernährung an die Patientinnen und Patienten herauszugeben – bei der wichtigen Bewegungstherapie zurzeit leider noch nicht“, bedauert Kress. Doch gerade für
inaktive Menschen mit chronischen Erkrankungen bietet eine strukturierte
Bewegungstherapie eine große Chance – auch hinsichtlich einer Diabetes- und
Adipositasprävention. „Bewegungsmangel ist ein wesentlicher
Risikofaktor für Diabetes Typ 2. Insbesondere Patienten mit Übergewicht sollten
daher intensiver bewegungstherapeutisch beraten und betreut werden“, fordert Kress.
Ein Plan mit konkreten Ideen, Empfehlungen
und Vereinbarungen
Die AG Diabetes, Sport und Bewegung der DDG
hat einen Therapieplan für Bewegung entwickelt. Er unterstützt und strukturiert die ärztliche Bewegungsberatung sowie das
eigenmotivierte Bewegungsverhalten und kann sowohl als Erst-Plan als auch als
Folgeplan verwendet werden. Darüber hinaus hat die AG eine weitere
Gesprächshilfe entwickelt: Mithilfe von 26 Mut- und Sorgenkarten kann der Arzt
mit seinem Patienten mögliche Sorgen, Ängste, Wünsche
und Chancen besprechen, um so Gründe für oder
gegen Bewegung und Sport zusammenzutragen, zu gewichten und in den Kontext
einer bewussten Therapieentscheidung zu stellen.
„Jede körperliche Aktivität ist besser als keine“, resümiert der Diabetologe. Wichtig sei, die Bewegung nachhaltig in
den Alltag zu integrieren, individuell anzupassen und dann sanft zu steigern.
Ähnlich wie bei Medikamenten hängt die gewünschte
Wirkung der Bewegung von der richtigen Auswahl und Dosierung ab. Dabei ist es für den Erfolg der Bewegungstherapie wichtig, Bewegungsform,
Reizdauer, Reizumfang und Intensität festzulegen. „Eine
individuelle Ausgestaltung des Therapieplans ist ausschlaggebend dafür, ob und wie lange der Patient `bei der Stange bleibt´“, so Kress.
Tipps für
mehr Bewegung im Alltag:
Beim Telefonieren oder Zähneputzen auf
einem Bein stehen.
Treppensteigen statt Fahrstuhl oder
Rolltreppe fahren.
Hausarbeit oder Gartenarbeit als
Bewegungschance nutzen.
Arbeitsweg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen.
Mehr Fußwege einplanen (zum Beispiel eine
Haltestelle früher aus dem Bus oder Zug aussteigen).
Längeres Sitzen regelmäßig durch Stehen
oder Bewegung unterbrechen (im Homeoffice, bei Zugfahrten, am Arbeitsplatz, bei
Wartezeiten).
Text / Foto: Deutsche Diabetes Gesellschaft
e. V. (DDG)