Sozialheld*innen fordern lückenlose Gesundheitsversorgung für
Menschen mit Behinderungen
Berlin (ots). Zum internationalen Tag der Menschen mit
Behinderungen (3.12.) forderten die Sozialheld*innen die künftige
Bundesregierung auf, einen barrierefreien Zugang zur Gesundheitsversorgung zu
schaffen. Durch mangelnde Barrierefreiheit, fehlendes Wissen um seltene Erkrankungen
und unzureichende Kommunikationsmöglichkeiten können Menschen mit Behinderungen
noch immer die medizinische Grundversorgung nicht in vollem Umfang wahrnehmen.
So sind laut einer Erhebung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung aus dem Jahr
2019 nur knapp 26 Prozent der hausärztlichen und fachärztlichen Praxen in
Deutschland barrierefrei zugänglich. Von 1.365 gynäkologischen Arztpraxen
wurden laut einer Studie der Universität Bielefeld sogar nur 6 Prozent als
barrierefrei erfasst.
"Es ist wirklich kaum zu glauben, dass es im Jahr 2021 noch
immer kein Gesetz gibt, dass das Gesundheitswesen sektorenübergreifend zur
Barrierefreiheit verpflichtet", kritisiert Inklusionsaktivist Raul
Krauthausen. "Und wenn ich von Barrierefreiheit spreche, meine ich nicht, dass
der Eingang zur Arztpraxis keine Stufen hat." Ein barrierefreier Zugang zu
Gesundheit umfasse die Behandlung in verständlicher Sprache, verfügbare
Gebärdensprachdolmetschung, flexible Untersuchungseinrichtungen und Personal,
das im Umgang mit Menschen mit Lernbehinderungen und Mehrfachbehinderungen
geschult ist, so Krauthausen weiter.
Die neue Regierung deutet im Koalitionsvertrag nur sehr vage an,
dass sie das Problem der Gesundheitsversorgung für Menschen mit Behinderungen
auf dem Schirm hat. Neben allerlei anderer Lebensbereiche wolle man das
öffentliche und private Leben auch im Gesundheitsbereich barrierefrei machen.
Wie und wann - darüber schweigt sich die neue Regierung leider aus.
Der einzige konkrete Bezugspunkt: ein Aktionsplan für ein
barrierefreies Gesundheitssystem soll erarbeitet werden. "Wir brauchen
nicht den 48. Aktionsplan zum Thema Gesundheit, wir brauchen Taten",
erklärt Constantin Grosch von den Sozialheld*innen. "Bis heute gibt es
nicht einmal einheitliche Erhebungen und Standards, mit denen Informationen zur
Barrierefreiheit von Arztpraxen für Menschen mit Behinderungen zur Verfügung
gestellt werden. Das muss sich schleunigst ändern."
Ihrem Motto "Einfach mal machen" bleiben die
Sozialheld*innen auch bei diesem Thema treu: Am 1. Dezember startete ein von
der Robert Bosch Stiftung gefördertes Projekt, mit dem die Sozialheld*innen
untersuchen, welche Informationen behinderte Menschen brauchen, um eine für sie
geeignete haus- und fachärztlichen Praxis aufsuchen zu können. "Wir
arbeiten daran, Standards für die Erfassung und Dokumentation von
Barrierefreiheitskriterien in der Gesundheitsversorgung zu entwickeln, die sich
an den Bedürfnissen der Patient*innen orientieren", so Constantin Grosch.
"Die neue Regierung muss dann dafür sorgen, dass es für Arztpraxen
verpflichtend wird, Informationen über den barrierefreien Zugang zur Verfügung
zu stellen. Und die Praxen müssen natürlich auch in der Lage sein, Menschen mit
Behinderungen überhaupt adäquat versorgen zu können."
Weitere Informationen:
"Gesundheit für alle" - Webseite des Sozialheld*innen
Projekts BarrierenBrechen: https://barrierenbrechen.de/gesundheit-fuer-alle
Pflaster & Co. für alle: Apotheken müssen barrierefrei sein:
https://barrierenbrechen.de/wheelmapotheke
Über die Sozialheld*innen
Die Sozialheld*innen arbeiten seit über 15 Jahren an Lösungen
für mehr Teilhabe und Barrierefreiheit. Sie verstehen sich als konstruktive
Aktivist*innen, die sich mittels moderner Kommunikation und Technologien für
eine bessere Welt für alle einsetzen. Dafür wurden sie unter anderem mit dem
Deutschen Engagementpreis, dem Deutschen Bürgerpreis, dem World Summit Award,
dem Smart Accessibility Award und dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis
ausgezeichnet.
Text / Foto: Sozialhelden e.V. - news aktuell / pixabay