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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mo., 28. September 2020

  1. Höhere Entlastung der Familien gefordert
  2. 163 Milliarden Euro für Arbeit und Soziales
  3. Institut gesellschaftlicher Zusammenhalt
  4. Modellregionen im Rahmen der Bioökonomiestrategie
  5. Frei gewordene BAföG-Mittel in Hamburg


01. Höhere Entlastung der Familien gefordert

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Mehrere Sachverständige haben die von der Bundesregierung geplante steuerliche Entlastung von Familien als zu niedrig bezeichnet. So wies der Bund der Steuerzahler in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag unter Leitung der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) darauf hin, dass fast zehn Milliarden Euro der mit rund 11,8 Milliarden Euro veranschlagten Jahreswirkung des Entlastungsgesetzes auf ohnehin unerlässliche und verfassungsrechtlich gebotene Anpassungsschritte entfallen würden. Damit entspreche das Gesetzesvorhaben zum Großteil lediglich einem politischen Pflichtprogramm, erklärte der Bund der Steuerzahler, der allerdings die zusätzliche Erhöhung der Kinderfreibeträge ausdrücklich begrüßte. Gefordert wurde von der Organisation unter anderem eine bessere steuerliche Berücksichtigung der Kosten für ein Homeoffice. Gerade Familien hätten in der Corona-Krise erhebliche Belastungen zu stemmen.

Nach dem Entwurf der Bundesregierung (19/21988) eines "Zweiten Familienentlastungsgesetzes" sollen das Kindergeld und die steuerlichen Kinderfreibeträge zum 1. Januar 2021 steigen. Vorgesehen sind eine Erhöhung von 15 Euro beim Kindergeld und eine entsprechende Anpassung der Freibeträge. Dem Entwurf zufolge wird das Kindergeld für das erste und zweite Kind dann jeweils 219 Euro, für das dritte Kind 225 Euro und für das vierte und für jedes weitere Kind jeweils 250 Euro pro Monat betragen. Mit dem Entwurf sollen auch der Grundfreibetrag angehoben sowie die kalte Progression ausgeglichen werden.

Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine kritisierte den übermäßig starken Anstieg des Steuertarifs in der ersten Progressionszone. Dadurch werde bereits bei weniger als 15.000 Euro Einkommen ein Grenzsteuersatz von rund 24 Prozent erreicht. Der starke Anstieg bei unteren Einkommen sei sozial ungerecht und leistungsfeindlich, kritisierte die Organisation.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) stellte in seiner Stellungnahme fest, dass der aktuelle Grundfreibetrag wie auch die für die Jahre 2021 und 2022 im Gesetzentwurf vorgesehene Erhöhungen zu niedrig seien. Die Beträge würden sich aus der Bestimmung des Existenzminimums ableiten, dessen Ermittlung aber fragwürdig sei. In anderem Zusammenhang halte der Gesetzgeber durchaus höhere Beträge für geboten, um niedrige Einkommen zum Zwecke der Existenzsicherung vor einem übermäßigen Zugriff zu schützen. So dürfe beispielsweise ein Schuldner im Fall der Pfändung einen Teil seines monatlichen Nettoeinkommens behalten, um sein Existenzminimum zu sichern. Diese gesetzliche Pfändungsfreigrenze liege deutlich sowohl über dem derzeitigen wie auch dem für das kommende und übernächste Jahr im Gesetzentwurf vorgesehenen Grundfreibetrag.

Wie der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine kritisierte auch der DGB die hohe Steuerbelastung in der ersten Progressionszone und den frühen Zugriff des Spitzensteuersatzes ab einem zu versteuernden Einkommen von 57.052 Euro, der somit nicht nur Spitzenverdiener betreffe. Die Bundessteuerberaterkammer empfahl ebenfalls, den Spitzensteuersatz erst bei höheren Einkünften als heute wirksam werden zu lassen.

Der Deutsche Steuerberaterverband regte an, den Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsaufwand eines Kindes stärker anzuheben als vorgesehen. Außerdem müsse dieser Wert, der zuletzt 2010 angehoben worden war, in Zukunft regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter lobte die Verbesserung der staatlichen Unterstützung für Familien mit Kindern, kritisierte aber zugleich, dass die geplanten Verbesserungen nicht alle Familien erreichen würden. Insbesondere Familien mit kleinem beziehungsweise keinem Einkommen und Alleinerziehende würden nur wenig profitieren.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag empfahl, die durch die kalte Progression erwachsende Zusatzbelastung der Steuerpflichtigen in Zukunft automatisch durch einen Einkommensteuertarif "auf Rädern" zu beseitigen. Dies werde bereits in einigen OECD-Ländern praktiziert. Mit dem "Tarif auf Rädern" werden die Schwellenwerte der Progressionszonen im Zeitablauf automatisch an das Preisniveau beziehungsweise die Lohnentwicklung angepasst. Auch der Deutsche Steuerberaterverband empfahl die Einführung des "Tarifs auf Rädern", um der laufenden Geldentwertung wirksam entgegenzutreten.

Nach Ansicht der Hans-Böckler-Stiftung sind die Entlastungen des zweiten Familienentlastungsgesetzes für sich genommen aus verteilungspolitischer Perspektive "relativ ausgewogen". Dies gelte aber nicht für das Gesamtbild unter Einbeziehung der Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags ab 2021: "Hier ergeben sich hohe absolute und relative Entlastungen für deutlich überdurchschnittliche Einkommen." Zusammen mit der Teilabschaffung des Solidaritätszuschlages komme es mittelfristig zu einer Entlastung von rund 20 Milliarden Euro. Weitergehende Steuersenkungen sollten mit Blick auf wichtige öffentlicher Bedarfe unterbleiben, empfahl die Hans-Böckler-Stiftung.



02. 163 Milliarden Euro für Arbeit und Soziales

Arbeit und Soziales/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/CHE) Der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) (19/22600; Einzelplan 11) steigt im kommenden Jahr deutlich: Es sind Ausgaben von 163,97 Milliarden Euro vorgesehen. Das ist deutlich mehr als der Ursprungs-Etat für 2020 vorgesehen hatte, der sich zunächst auf 150,22 Milliarden Euro belief. Es ist aber auch deutlich weniger, als der Corona-bedingte Nachtragshaushalt für 2020 für den Etat des BMAS vorgesehen hatte (170,62 Milliarden Euro).

Der größten Posten ist wie immer die Rente: 106,14 Milliarden Euro (2020: 101,84 Milliarden Euro) entfallen auf Leistungen an die Rentenversicherung und rund 8,3 Milliarden Euro (2020: 7,9 Milliarden Euro) auf die Beteiligung des Bundes an der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Einen ebenfalls großen Anteil machen die Leistungen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch aus: Für arbeitsmarktpolitische Leistungen und Programme stellt der Bund, zusätzlich zu den Mitteln der Bundesagentur für Arbeit, rund 48,1 Milliarden Euro (2020: 58,69 Milliarden Euro) zur Verfügung. Davon entfallen 44,53 Milliarden Euro (2020: 48,95 Milliarden Euro) auf die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Dazu gehören Ausgaben in Höhe von 23,4 Milliarden Euro (2020: 26,4 Milliarden Euro) für das Arbeitslosengeld II; für die Beteiligung des Bundes an den Leistungen für Unterkunft und Heizung sind elf Milliarden Euro (2020: 12,4 Milliarden Euro) und für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit fünf Milliarden Euro und damit genau so viel wie 2020 eingeplant.



03. Institut gesellschaftlicher Zusammenhalt

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Große Anfrage

Berlin: (hib/ROL) Zum Arbeitsprogramm des Forschungsinstituts für gesellschaftlichen Zusammenhalt (FGZ) hat die AfD-Fraktion (19/22707) eine Große Anfrage gestellt. Die Fraktion möchte wissen, was die Bundesregierung gemeint hat, als sie mit Blick auf die Arbeitsaufnahme des FGZ davon gesprochen habe, dass "wir" "gerade in Zeiten der Krise nicht denen das Feld überlassen" dürften, "die andere ausgrenzen und die Gesellschaft" spalten wollten, "Unsicherheiten" schürten und "Sündenböcke" suchten. Ferner fragt die Fraktion, ob die Bundesregierung in ihrer Erwartungshaltung, das FGZ habe "praxisrelevante Vorschläge für Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft" zu erarbeiten, einen möglichen Konflikt mit den Prinzipien der Wissenschaftsfreiheit eingeht. Ferner fragen die Abgeordneten, welche Argumente die Bundesregierung anführt, auf welche Weise oder unter welchen Umständen der Egoismus Gesellschaften von innen heraus "zerstören" soll.

Die AfD-Fraktion unterstreicht, dass 2014 der Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt und der sächsische Landesbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung Joachim Klose laut eigener Auskunft ein Konzept zur Einrichtung eines "Zentrums für Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt" entwickelt hätten. "Unser Leitgedanke", so habe Patzelt erklärt, "war es, die Risiken für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Einwanderungsgesellschaft zu studieren, die demographischen, ethnischen und religiösen Folgen von Einwanderung, und wissenschaftliche Erkenntnisse mit den Praktikern der Integrationspolitik zusammenzubringen, mit Kommunalpolitikern beispielsweise." Untersucht werden sollte im Weiteren die Frage, "wo Integration besonders gut gelingt". Dieses Projekt wurde laut AfD-Fraktion "von interessierten Kreisen" schnell in den Ruf gebracht, in einen "rechtskonservativen Thinktank" zu münden, mit dem Ergebnis, dass Patzelt und Klose das geplante Institut an der TU Dresden nicht hätten etablieren können. Aus Sicht der AfD-Fraktion legt der Prozess um die Etablierung des FGZ den Verdacht nahe, dass das von den ursprünglichen Initiatoren geplante Thementableau eines zu gründenden "Instituts für gesellschaftlichen Zusammenhalt" aus politischen Gründen zugunsten eines Projekts ausgebremst wurde, das der Bundesregierung mit genehmen Forschungsergebnissen zuarbeite.



04. Modellregionen im Rahmen der Bioökonomiestrategie

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/ROL) Nach der bisherigen Förderung von Cluster- und Modellregionen im Rahmen der Nationalen Bioökonomiestrategie erkundigt sich die FD-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/22718). Die Abgeordneten möchten gerne wissen, wie nach Ansicht der Bundesregierung Modellregionen im Sinne der Nationalen Bioökonomiestrategie gekennzeichnet sind und welche Modellregionen es gibt. Ferner interessiert sie, welche davon nach Verabschiedung der Strategie neu hinzugekommen sind und wie diese durch die Bundesregierung gefördert werden. Zudem fragt die Fraktion, wie viele Modellregionen sich die Bundesregierung als Mindestziel gesetzt hat und welche weiteren Parameter zur Erfolgsmessung sie anlegt.



05. Frei gewordene BAföG-Mittel in Hamburg

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/ROL) Nach der Wirkung und Verwendung freigewordener BAföG- und Hochschulpaktmittel in Hamburg erkundigt sich die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/22754). Die Abgeordneten möchten wissen, welche genauen "Verbesserungen im Bildungsbereich" nach Kenntnis der Bundesregierung in Hamburg aus den freigewordenen BAföG-Mitteln jährlich seit 2015 finanziert worden sind und ob die Bundesregierung Überlegungen anstellt, die Übernahme der BAföG-Mittel haushaltstechnisch zu verändern, damit diese im Haushalt der Stadt Hamburg zugeordnet werden können. Ferner interessiert die Fraktion, welche Vereinbarungen mit der Stadt Hamburg in Bezug auf die Nutzung der Hochschulpaktmittel bestehen, insbesondere über die Entwicklung von Studienplätzen aus Eigen- und Hochschulpaktmitteln seit Einführung des ersten Hochschulpakts. Ferner fragen die Abgeordneten, ob diese Ziele jährlich überprüft wurden.

Die FDP-Fraktion weist darauf hin, dass mit der Bundestagsdrucksache (19/19630) die Bundesregierung den Bundestag über die Verwendung der freigewordenen BAföG-Mittel in den Bundesländern informiert. Seit dem Jahr 2015 werden die Länder entlastet, da der Bund die vollständige Finanzierung der BAföG-Geldleistungen übernommen hat, unterstreichen die Abgeordneten. Für Hamburg entstünden so Einsparungen in Höhe von mehr als 30 Millionen Euro pro Jahr. Bislang habe das Bundesland Hamburg aber nicht darstellen können, wofür die freigewordenen Mittel verwendet wurden oder werden. Es werde nur auf "Verbesserungen im Bildungsbereich" verwiesen, weiterhin werde angegeben, dass eine Zuordnung haushaltstechnisch nicht möglich sei.