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Aus dem Gerichtssaal: Landgericht Dessau-Roßlau: Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus im Sicherungsverfahren

Freitag, den 7. August 2020

Die 8. Große Strafkammer des Landgerichts hat gestern nach mehr als sechs Monaten Verhandlungsdauer die Unterbringung eines 45-Jährigen Beschuldigten aus dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. 

Die Kammer hat es im Ergebnis der umfangreichen Beweisaufnahme als erwiesen angesehen, dass der derzeit einstweilen untergebrachte Mann im Zeitraum von 2017 bis 2019 in zahlreichen Fällen den öffentlichen Frieden durch Androhung von Straftaten gestört hat (§ 126 StGB). In zwei Fällen hat er gegenüber Supermarktketten telefonisch behauptet, vergiftete Lebensmittel in Verkehr gebracht zu haben. 

In wiederholten Anrufen bei Justiz- und Verwaltungsbehörden, Pflegeeinrichtungen und anderen Institutionen hat der Beschuldigte Bombenanschläge angekündigt, die zu umfangreichen Evakuierungsmaßnahmen führten, so etwa im Januar 2019 gegenüber dem Justizzentrum Halle. Dort hat er die Freilassung eines Angeklagten gefordert, gegen den zu diesem Zeitpunkt die Hauptverhandlung stattfand und angekündigt, sich anderenfalls mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft zu sprengen. Auf seinen Anruf hin sind mehr als 400 Personen, die sich zu diesem Zeitpunkt im Justizzentrum aufhielten, evakuiert worden. Eine mündliche Prüfung in der ersten juristischen Staatsprüfung musste unterbrochen werden. Die Polizei brachte Sprengstoffspürhunde zum Einsatz.

Nach dem Ergebnis eines forensisch-psychiatrischen Gutachtens ist nicht auszuschließen, dass der Beschuldigte aufgrund einer psychischen Erkrankung bei Begehung der Taten schuldunfähig war. Nach Einschätzung des Sachverständigen geht von ihm eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit aus.

Die Vorsitzende hat in der Urteilsbegründung betont, dass die Taten, die Gegenstand des Verfahrens sind, nur einen Ausschnitt darstellen und ähnliche Handlungen des Beschuldigten bereits 2012 begonnen hätten. Bei der Staatsanwaltschaft seien seither insgesamt mehr als 800 Ermittlungsverfahren überwiegend wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, Vortäuschens von Straftaten, Missbrauch von Notrufen und Nötigung anhängig geworden.

8 KLs (392 Js 24680/17)

Dessau-Roßlau, den 06.08.2020