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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Do., 28. Mai 2020

  1. Zeuge berichtet über unklare Spurenlage
  2. Seehofer: Wahlversprechen war zu halten
  3. FDP gegen Progressionsvorbehalt
  4. FDP will nachhaltigen Weg aus Krise
  5. Grüne fordern Zukunftspakt
  6. Freibeträge bei Vorauszahlungen
  7. Ablauf der Maßnahmenbewilligung


01. Zeuge berichtet über unklare Spurenlage

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/WID) Nach dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche haben die Ermittler 13, an verschiedenen Orten gesicherte DNA-Profile nicht zuordnen können. Dies berichtete ein damals zuständiger Beamter des Bundeskriminalamts (BKA) am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz"). Der heute 41-jährige Kriminalhauptkommissar A.Q. hatte zwei Tage nach dem Attentat, am 21. Dezember 2016, seine Tätigkeit in der ermittelnden Besonderen Aufbauorganisation (BAO) "City" aufgenommen und blieb dort bis zum 24. März des Folgejahres. Er ist seit 2003 beim BKA beschäftigt, nach eigenen Worten seit 2007 in der Abwehr des "religiös motivierten Internationalen Terrorismus".

Der Zeuge zitierte einen Abschlussvermerk, der nach seinem Ausscheiden aus der BAO "City" im Frühjahr 2017 entstanden war. Demnach konnten von zunächst 17 "offenen" DNA-Profilen aus dem Lastwagen, mit dem der Täter Anis Amri in den Weihnachtsmarkt gerast war, vier nachträglich zugeordnet werden. Um Klarheit zu gewinnen, hatten die Ermittler die Personalien von 33 Ersthelfern oder Polizisten festgestellt, die sich am Tatabend im Umfeld des Lastwagens aufgehalten hatten, und im Februar und März 2017 DNA-Proben dieser "berechtigten Spurenverursacher" erhoben.

Der Täter selbst hatte, wie der Zeuge auch bestätigte, im Fahrzeug relativ wenig Hinweise auf seine Person hinterlassen. An der Außenseite der Fahrertür fanden sich Abdrücke des Zeige-, Mittel und Ringfingers Amris sowie seines Daumens. Zwei weitere Fingerabdrücke wurden an einer Banknote in einem Portemonnaie entdeckt, das am Tag nach dem Anschlag im Führerhaus des Lastwagens sichergestellt wurde und auch eine auf einen Aliasnamen Amris ausgestellte Duldungsbescheinigung enthielt.

DNA-Material Amris habe sich auch auf einem Zettel gefunden, der auf der Tachoanzeige im Führerhaus lag, allerdings bei einer polizeilichen Nachschau des Wagens am 10. Januar 2017 sichergestellt wurde. Das Papier wies weitere Spuren des von Amri ermordeten polnischen Fahrers sowie einer unbekannten dritten Person auf. Mischspuren, für die nach Feststellung Amri als Mitverursacher "in Betracht zu ziehen" sei, seien auch am Lenkrad sowie am Portemonnaie entdeckt worden.

Dass Amri im Tatfahrzeug nicht mehr eindeutige Hinweise auf seine Person hinterlassen hat, ist nach Ansicht des Zeugen nicht unbedingt außergewöhnlich. Auch wer einen Gegenstand, etwa eine Geldbörse, regelmäßig in der Hand habe, verursache dort erfahrungsgemäß nicht immer feststellbare Spuren in großer Zahl.

Der Zeuge, der in der BAO "City" im Bereich "Asservatenkoordinierung" tätig war, widersprach dem Eindruck, im BKA sei Amri von vornherein als Einzeltäter eingeschätzt worden: "Eine Einzeltäterthese gab es nach meiner Erinnerung nicht. So etwas würde auch unserem Aufgabenverständnis zuwiderlaufen.". Im Gegenteil habe "nach dem Ableben des Amri" die Maßgabe gegolten, das "Hauptaugenmerk" auf die Ermittlung möglicher Mittäter zu richten.

Der Zeuge schloss auch aus, dass der Lastwagen auf dem Weihnachtsmarkt vorzeitig zum Stehen gekommen sei, weil das automatische Notbremssystem reagiert habe. Der Fahrer könne durch die Notbremsung "nicht überwunden werden". Er könne das System durch Betätigung des Gas- oder des Bremspedals jederzeit ausschalten. Der Wagen sei durch ein Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren gestoppt worden.



02. Seehofer: Wahlversprechen war zu halten

2. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/CHB) Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat jede Verantwortung für das Scheitern der Pkw-Maut zurückgewiesen. Er sei überzeugt, dass die Vorgaben des Koalitionsvertrags von 2013 in Bezug auf die Infrastrukturabgabe europarechtskonform hätten umgesetzt werden können, sagte Seehofer am Donnerstag, 28. Mai 2020, vor dem 2. Untersuchungsausschuss ("Pkw-Maut"). Außerdem habe er sein zentrales Wahlkampfversprechen halten wollen, eine Pkw-Maut einzuführen, die inländische Fahrzeughalter nicht zusätzlich belaste, erklärte er in der vom Ausschussvorsitzenden Udo Schiefner (SPD) geleiteten Sitzung.

Seehofer widersprach damit Aussagen, die sein Parteifreund Dr. Peter Ramsauer in seiner Befragung vor dem Untersuchungsausschuss am 13. Februar 2020 getätigt hatte. Seehofer, erklärte Ramsauer damals, sei maßgeblich für das Maut-Desaster verantwortlich, da er in den Koalitionsvertrag von 2013 eine Formulierung hineinverhandelt habe, die es den Verkehrsministern Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer (beide CSU) unmöglich gemacht habe, die Pkw-Maut in Übereinstimmung mit EU-Recht einzuführen. Ramsauer war von 2009 bis 2013 Bundesverkehrsminister.

Im Lauf der Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl 2013 habe sein Parteifreund Ramsauer Zweifel an der Ausgestaltung der Pkw-Maut angemeldet, berichtete Seehofer, der damals Parteivorsitzender der CSU war. Welche Motivation Ramsauer für seine Zweifel gehabt habe, sei für ihn bis heute "nicht recht nachvollziehbar". Für ihn, Seehofer, habe stets im Vordergrund gestanden, sein zentrales Wahlversprechen zu halten. Er habe immer betont, dass inländische Fahrzeughalter durch die Maut nicht zusätzlich belastet werden dürften. "Dann kann ich nicht drei Wochen nach der Wahl sagen, dass die Menschen jetzt doch belastet werden.".

Ramsauer hatte hingegen vor dem Ausschuss von einem Gespräch mit dem damaligen EU-Verkehrskommissar Siim Kallas im November 2013 berichtet, in dem dieser gefordert hatte, es müsse nach Einführung der Pkw-Maut Gewinner und Verlierer unter den inländischen Fahrzeughaltern geben. Diese Vorgabe fand keinen Eingang in den Koalitionsvertrag von 2013. Vielmehr stand darin: "Zur zusätzlichen Finanzierung des Erhalts und des Ausbaus unseres Autobahnnetzes werden wir einen angemessenen Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen Pkw erheben (Vignette) mit der Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als heute." Dies wurde in der Folge so umgesetzt, dass die Pkw-Maut für inländische Fahrzeughalter durch eine Entlastung bei der Kfz-Steuer kompensiert wurde. Im Juni 2019 erklärte der Europäische Gerichtshof diese Regelung nach einer Klage Österreichs für nicht vereinbar mit EU-Recht.

Eine europarechtskonforme Ausgestaltung der Maut sei sehr wohl möglich gewesen, betonte hingegen Seehofer in seiner knapp dreistündigen Befragung. Beweis dafür sei, dass die EU-Kommission 2016 ihr Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingestellt habe. Auch der EU-Generalanwalt habe in seinem späteren Plädoyer vor dem Europäischen Gerichtshof erklärt, dass die Pkw-Maut mit EU-Recht vereinbar sei. Im Übrigen lasse sich die Position eines EU-Verkehrskommissars "durch Verhandlungen - nicht durch Rechtsbeugung - ändern".

Auf die Bundesverkehrsminister Dobrindt und Scheuer habe er keinen Einfluss genommen, sagte Seehofer weiter. Beschlüsse des Bundestags seien "in eigener Verantwortung eines Bundesministers umzusetzen". Darüber hinaus widersprach der heutige Innenminister der Vermutung, dass Ramsauer 2013 wegen seiner kritischen Haltung zur Pkw-Maut nicht wieder Minister geworden sei. "So einen kleinkarierten Parteivorsitzenden", sagte Seehofer, kenne er in keiner Partei.

Ebenfalls nicht zutreffend sei die von Ramsauer geäußerte Vermutung, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe 2013 der Formulierung im Koalitionsvertrag nur deshalb zugestimmt, weil sie immer gegen eine Pkw-Maut gewesen sei. "Wenn die Kanzlerin etwas partout nicht will, dann passiert es nicht", sagte Seehofer.



03. FDP gegen Progressionsvorbehalt

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Für Lohnersatzleistungen von Arbeitnehmern, die aus der Corona-Krise begründet sind, sollen der sogenannte steuerliche Progressionsvorbehalt und die damit einhergehende Abgabepflicht einer Steuererklärung für das Jahr 2020 entfallen. Dies fordert die FDP-Fraktion in einem Antrag (19/19501). Die enorm hohe Anzahl von zusätzlich zu bearbeitenden Steuererklärungen drohe die Finanzverwaltung zu überfordern, warnen die Abgeordneten. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden darüber hinaus nicht mit Nachzahlungen, die wegen des Progressionsvorbehalts erfolgen könnten, rechnen.

In ihrem Antrag weist die FDP-Fraktion darauf hin, dass sich im April nach offiziellen Angaben über zehn Millionen Menschen in Kurzarbeit befunden hätten. Lohnersatzleistungen, zu denen unter anderem Unterstützungsmaßnahmen wie das Kurzarbeitergeld, das Insolvenzgeld, das Krankengeld oder Entschädigungen für Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz gehören würden, seien zwar steuerfrei. Aufgrund des sogenannten Progressionsvorbehalts könne der Einsatz dieser Leistungen jedoch dazu führen, dass die übrigen steuerpflichtigen Einkünfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer höher besteuert werden würden, als es ohne den Einsatz von Lohnersatzleistungen der Fall gewesen wäre. In diesen Fällen gebe es derzeit eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung, auf die im Jahr 2020 nach Ansicht der FDP-Fraktion verzichtet werden soll. Besonders die Vielzahl der Fälle, in denen Menschen steuerfreie Leistungen aufgrund der Pandemie-Auswirkungen erhalten würden, spreche für eine "steuerpolitisch großzügige Regelung", argumentiert die FDP-Fraktion.



04. FDP will nachhaltigen Weg aus Krise

Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit/Antrag

Berlin: (hib/PST) Die FDP-Fraktion will sicherstellen, dass staatliche Maßnahmen zur Wiederankurbelung der Wirtschaft dem Klimaschutz dienen, ohne dabei den Markt zu verzerren oder Freiheitsrechte einzuschränken. Bei der Corona-Pandemie handele es sich um einen Notstand, der "unmittelbar radikale Sofortmaßnahmen erforderlich" mache, heißt es in einem Antrag (19/19510) der Fraktion. Diese "erheblichen Freiheitseinschränkungen" dürften aber "nicht als Vorbild für den Klimaschutz dienen, denn die Menschen würden sie sich berechtigterweise nicht dauerhaft zumuten lassen". Der Staat solle seine Maßnahmen vielmehr darauf konzentrieren, die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft zu fördern. Daraus ergibt sich für die FDP-Abgeordneten eine Reihe konkreter Forderungen. So solle die Stromsteuer gesenkt werden, um "Investitionen in strombasierte klimafreundliche Investitionen anzureizen". Statt einen nationalen CO2-Preis einzuführen, solle die Bundesregierung die Einbindung des Verkehrs- und Gebäudesektors in den EU-Emissionshandel unterstützen. Innovationsförderung solle technologieneutral erfolgen, also beispielsweise nicht Elektromobilität gegenüber anderen nachhaltigen Antriebstechniken bevorzugen. Ausdrücklich wendet sich die Fraktion gegen steuerfinanzierte Kaufanreize etwa für Neuwagen.



05. Grüne fordern Zukunftspakt

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/PEZ) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat ihre Pläne für ein Konjunkturprogramm zur Unterstützung der Wirtschaft vorgelegt. "Zukunftspakt für einen sozial-ökologischen Aufbruch aus der Krise" nennen die Abgeordneten ihr Maßnahmenbündel, das sie in einen Antrag (19/19549) zusammengefasst haben. Demnach sollen sich ein Konjunkturprogramm in Höhe von 100 Milliarden Euro und ein Investitionsprogramm in Höhe von 500 Milliarden Euro daran orientieren, dass nur Unternehmen unterstützt werden, die die Hilfe wirklich brauchen. Bedachte Firmen dürften weder Boni, Sonderzahlungen noch Gratifikationen auszahlen, sie müssten auf Aktienrückkäufe und Dividendenausschüttungen verzichten. Außerdem müssten sie offenlegen, in welchem Land sie welchen Gewinn erzielen und wie viele Steuern sie wo zahlen. "Öffentliche Gelder dürfen unter keinen Umständen dazu beitragen, dass bestehende Steuerschlupflöcher ausgeweitet werden", erklären die Abgeordneten. Der Staat müsse bei Beteiligungen Mitspracherechte erhalten wie private Investoren auch.

Weiter heißt es, dass die Maßnahmen gesundheitspolitische Ziele nicht konterkarieren dürften. Sie sollten erst zur Anwendung kommen, wenn die epidemiologische Lage es erlaubt, außerdem befristet angewendet werden. Zudem seien alle Programme auf ihren ökologischen Wert zu prüfen. Entscheidend sei, die Gesellschaft zukunftsfähig zu machen.

In einem zweiten Teil schlagen die Grünen verschiedene Maßnahmen vor, um die Pandemie zu bekämpfen. Beispielsweise geht es um den Aufbau von Testkapazitäten, Infrastruktur zur Kontaktpersonenverfolgung und flexible Lösungen zur Grenzsituation innerhalb von Europa.