Hamburg
(ots). Jugendliche leiden erheblich unter den Folgen der Maßnahmen zur
Eindämmung des Corona-Virus: "Kaum etwas im Leben der Jugendlichen ist
noch wie zuvor. Gleichzeitig erwartet die Schule, dass sie Leistung bringen,
ihre Hausaufgaben abliefern", berichtet die Hildesheimer Sozial- und
Jugendforscherin Severine Thomas im Interview mit der Wochenzeitung DIE ZEIT.
"Was
sie enttäuscht, ist das fehlende Bewusstsein ihrer Lehrer für die aktuelle
Lebenswelt junger Menschen. Ein Jugendlicher schrieb uns: 'Noch nie hab ich
mich so ohnmächtig gefühlt.'" Rund 6000 Jugendliche aus ganz Deutschland
haben sich in einer ersten großen Befragung der Universitäten Hildesheim und
Frankfurt am Main zu ihrem Wohlbefinden in Zeiten von Schulschließung und
Kontaktsperre geäußert.
Die
Ergebnisse der Studie "Jugend in der Corona-Zeit", welche der
ZEIT exklusiv vorliegen, zeichnen das Bild einer enttäuschten Generation. So
sagt ein Viertel der Befragten, dass sie nicht den Eindruck hätten, dass ihre
Sorgen gehört werden. Ihre Stimme spiele in der öffentlichen Diskussion keine
Rolle.
Auch
auf die Familie ist nicht für alle Befragten Verlass. Zwar geben rund 70
Prozent der Befragten an, dass sie zu Hause jemanden haben, der sich um sie
kümmert. Allerdings stellen fast 13 Prozent der Jugendlichen fest, dass sie in
ihren Familien keinen Ansprechpartner haben und niemand Zeit für sie habe.
Befragt wurden für die Studie Menschen im Alter von 15 bis 30 Jahren, den
größten Rücklauf haben die Wissenschaftler allerdings von 15- bis 21-jährigen
erhalten.
Eine
gravierende Einschränkung stellt für sie das Kontaktverbot dar. Fast die Hälfte
der Befragten hatte in den vergangenen Monaten nur noch mit zwei Freunden
Kontakt. Neun Prozent gaben an, dass sie niemanden treffen. "Wir haben aus
vielen Aussagen herausgelesen, wie viel Kraft und Anstrengung es die
Jugendlichen inzwischen kostet, die Einschränkungen einzuhalten. Ich befürchte,
dass die Politik unterschätzt, zu welchen psychosozialen Folgen all das führen
kann", sagt Thomas. "Sie wissen nicht, wie es mit Schule, Ausbildung
oder Studium nach den Ferien weitergeht, ob ihr Freiwilligendienst oder das
internationale Austauschjahr stattfinden werden, die hängen in der Luft."
Text:
DIE ZEIT