Samstag, den 29. Februar 2020
Von Gisela Lichtenecker
Ich kann es kaum glauben, als ich mit dem Heyrothsberger plaudere. „Täve“ soll 89 sein? Sofort werden in mir die Bilder des umjubelten zweimaligen Gesamtsieger und neunmaligen Etappensieger der“ Friedensfahrt“ wach. Nun sitzt er vor mir und strahlt körperliche und geistige Frische aus. Aber das ist nicht das Einzige, was mich an der Person Gustav-Adolf Schur beeindruckt. Angesichts seiner legendären Erfolge strahlt der geradezu entwaffnende Bescheidenheit aus.
Die größten Erfolge, die ein Radsport-Amateur erreichen konnte, vereint er in seiner sportlichen Statistik. Beim mehrwöchigen Radrennen über die Gebiete der damaligen DDR, der CSSR und Polens, das als „Tour des France des Ostens“ galt, stand er 11 Mal auf dem Siegerpodest. Zweimal Weltmeister der Amateur-Rennfahrer. Als Mitglied der gesamtdeutschen Olympiamannschaft gewann Täve 1956 in Melbourne Bronze und die Goldmedaille beim olympischen Mannschaftsfahren 1960 in Rom. Dazu sechsmal DDR-Meister und viermal Gewinner der DDR-Rundfahrt. Den Gipfel seiner Beliebtheit erreichte der Heyrothsberger, als er 1969 als Titelverteidiger und großer Favorit bei der Straßen-WM antrat.
Auf dem Sachsenring verzichtete Täve aus taktischen Gründen auf seine Siegchance und ließ seinem Teamkollegen Bernhard Eckstein den Vortritt. Diese selbstlose Haltung setzte dem Mythos Täve die Krone auf.
Noch Jahrzehnte nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn gilt er als Legende und wurde zum größten DDR-Sportler aller Zeiten gewählt. Zu seinem Geburtstag aber werde er „abtauchen“, wie er mit kurz vorher sagt. Um seine fast gleichaltrige Ehefrau Renate vom großen Gästetrubel zu entlasten. Gefeiert wurde im Radsportmuseum „Course de la Paix“ Klein Mühlingen, in dem die Geschichte der Friedensfahrt unter einem Dach nacherlebt werden kann.
In die Fußstapfen des Vaters getreten sind auch Schurs Söhne. Jan Schur, der zusammen mit Uwe Apler, Mario Kummer und Maik Landsmann bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul Olympiasieger im 100-km Mannschaftsfahren wurde, trainiert Jan junge Radsportler in Frankfurt/Oder. Und Täves Sohn Gus-Eric betreibt „Täves Radladen“ in Magdeburg.
Die radsportverrückte Familie weiß aber auch, dass es ohne die Frau an Täves Seite nicht immer ganz einfach gewesen wäre. Mit Renate Schur ist Gustav-Adolf sein 58 Jahren verheiratet.
Titelfoto 1: „Täve“ und sein Fahrrad sind wie eine Symbiose. Foto: Frank Lichtenecker
BU 2: Mit Ehefrau Renate ist Gustav Adolf Schur seit 58 Jahren verheiratet. Foto: Frank Lichtenecker
