header-placeholder


image header
image
Bundestag

Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Do., 12. Dezember 2019

  1. Bestandsschutz für Kunstrasenplätze
  2. Gefährdungslage weiter hoch
  3. Anpassungsstrategie an den Klimawandel
  4. FDP fordert Reformen für bessere Bildung
  5. Aufstiegsfortbildungsförderung erweitern
  6. Gesetzlicher Anspruch auf Weiterbildung


01. Bestandsschutz für Kunstrasenplätze

Sport/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Sollte es entsprechend einem Gutachten der Europäische Chemikalienagentur (ECHA) zu einem Verbot des als Füllstoff (Infill) bei Kunstrasenplätzen verwendete Kunststoffgranulats kommen, um den Austrag von Mikroplastik in die Umwelt zu verringern, braucht es aus Sicht von Sportverbänden und Kommunalvertretern Bestandsschutz und lange Übergangsfristen für vorhandene Sportanlagen. Das wurde während der Sitzung des Sportausschusses am Mittwoch deutlich. Die ECHA prüft derzeit, welche Auswirkungen eine mögliche Beschränkung des Einsatzes von Mikroplastik-Granulat hätte, das unter anderem als Füllmaterial für Kunstrasen genutzt wird. Sie wird der Europäischen Kommission im Frühjahr 2020 ihre Ergebnisse vorlegen. Die Kommission wird dann eigenen Angaben zufolge prüfen, ob die Bedingungen für eine Beschränkung für Mikroplastik im Rahmen der REACH-Verordnung erfüllt sind. Eine Beschränkung kann dann laut EU-Kommission ein Verbot sein oder auch andere Vorgaben, um die umweltschädlichen Auswirkungen von Mikroplastik zu minimieren.

Ein unmittelbares Verbot wäre aus Sicht des deutschen Fußball-Bundes (DFB) "absolut unverhältnismäßig", sagte DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius vor dem Ausschuss. Er plädierte für einen Bestandsschutz und Übergangsfristen von zwölf bis 15 Jahren. Ein Vorgehen "mit Augenmaß" sei nötig. Ansonsten könne der Spielbetrieb in Deutschland nicht fortgesetzt werden. Derzeit sei die Verunsicherung in den Vereinen riesig, sagte Curtius. Die Verantwortlichen brauchten Planungssicherheit und müssten wissen, "was erlaubt ist und was nicht". Die Politik ist aus Sicht des DFB hier in der Verantwortung, da der Sportstättenbau in aller Regel in der öffentlichen Hand liege, sagte Curtius. In die gleiche Richtung gingen auch die Forderungen des Vertreters des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Andreas Silbersack.

Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund konstatierte eine erhebliche Verunsicherung bei den Kommunen. Zugleich kritisierte er, dass es keine aktuelle Sportstättenstatistik gebe - man daher nicht wisse, um wie viele Plätze es geht. Ohne ausreichende Übergangsfristen, so Lübking, sei davon auszugehen, dass eine Kommune, die vor zwei Jahren eine Kunstrasenanlage mit einer Nutzung von mindestens zwölf Jahren gebaut hat, und nun nach kurzer Zeit für eine Umrüstung erhebliche finanzielle Mittel bereitstellen müsste, dazu vielfach nicht in der Lage sein werde.

Jutta Katthage vom Bundesinstitut für Sportwissenschaften (BISp) sagte, der Austrag von synthetischen Füllstoffen aus Kunststoffrasensystemen könne unter anderem durch Auffangsysteme, bestimmte Maßnahmen bei der Platzpflege und dem Einsatz mineralischer oder organischer Füllstoffe reduziert werden. Die Verwendung unverfüllter Kunststoffrasensysteme sei ebenfalls denkbar.

Es werde eine Innovationsoffensive für Kunstrasenplätze benötigt, sagte Eckhard Weidner vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik. Es brauche Alternativen für die Einfüllgranulate und den sich abreibenden Kunststoffrasen, die sich in der Umwelt schadlos verhielten. Die Anforderungen an Bau und Rückbau müssten langfristige Umweltaspekte stärker berücksichtigen, forderte er. Zudem würden Rückhaltesysteme benötigt, die zu den aufgetragenen Materialien passen, sagte Weidner. Die ultimative Lösung bezüglich der Alternativen für die Einfüllgranulate gebe es bislang aber noch nicht, sagte er.

Tilmann Heuser, Geschäftsführer des Umweltverbandes BUND, betonte, es gehe nicht um ein Verbot von Kunstrasenplätzen. Es müsse aber vermieden werden, dass das verwendete Granulat in der Umwelt landet. Um eine Lösung zu finden, sei ein koordiniertes Vorgehen nötig, sagte er.

Professor Franz Brümmer von der Universität Stuttgart sagte, es seien Einflüsse von Mikrogranulat auf Wasser- und Bodenqualität zu verzeichnen. Es müssten daher alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um den Austrag in die Umwelt einzuschränken. Für neue Sportplätze müsse sehr genau geprüft werden, welche Chemikalien und welche Stoffe sich darin befänden, damit man "mit einem guten Gewissen" von einem nachhaltigen und zukunftsfähigen Kunstrasensystem sprechen könne, sagte Brümmer.



02. Gefährdungslage weiter hoch

Ausschuss Digitale Agenda/Ausschuss

Berlin: (hib/LBR) Wie die Bürger, Unternehmen, aber auch die Verwaltung in Deutschland hinsichtlich der digitalen Souveränität aufgestellt sind, dazu gaben die Sachverständigen bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses Digitale Agenda zum Thema "IT-Sicherheit von Hard- und Software" unterschiedliche Einschätzungen ab. Bei der Expertenbefragung unter Leitung von Hansjörg Durz (CSU) ging es am Mittwoch vor allem um den Ist-Zustand der IT-Struktur Deutschlands, gesetzgeberischen Handlungsbedarf und Sicherheitslücken. "Cyberangriffe können schwerwiegende Folgen für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft haben, sodass die digitale Souveränität Garant für die staatliche Souveränität wird", sagte Durz zu Beginn der Anhörung.

Arne Schönbohm (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, BSI) sagte, insgesamt sei die Gefährdungslage weiter hoch. Hacker verfügten weltweit über 900 Millionen verschiedene Angriffsprogramme. Das Ziel müsse angesichts wachsender globaler technologischer Abhängigkeiten sein, Risiken zu minimieren. Technologische Souveränität sei eine Voraussetzung für mehr Cybersicherheit. "Entscheidend ist, die Soft- und Hardware getrennt zu betrachten", sagte Schönbohm. Er plädiere für einen holistischen Ansatz, der nicht nur Produkte, sondern auch Prozesse betrachte, um Risiken zu verringern. Schönbohm sprach sich weiter dafür aus, Prüfverfahren und Techniken europaweit zu harmonisieren.

Michael Waidner (Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie) betonte, dass Deutschland in einem Ländervergleich gut dastehe, auch was die Forschung und die Wirtschaft angehe. Wenn allerdings absolut gefragt werde, wie sicher die IT sei, dann komme man zu dem Ergebnis "angreifbar" und alle ständen schlecht da, sagte er. Besonders problematisch sei, dass es auf Anbieter-Seite keine internationalen Player in Europa gebe. In Bezug auf Infrastrukturen fehle etwa eine Verschlüsselungsinfrastruktur, merkte Waidner an. Er verwies auch auf den "eklatanten Mangel" im Bereich Aus- und Weiterbildung von Fachkräften.

Isabel Skierka (European School of Management and Technology GmbH) verwies darauf, dass China derzeit massiv in die eigene IT-Sicherheit investiere. In Deutschland und Europa sei man in vielen Bereichen sehr abhängig von Technologien ausländischer Hersteller. Abschottung sei nicht der richtige Weg. "IT-Sicherheit ist die notwendige Bedingung für digitale Souveränität", sagte die Sachverständige. Sie plädierte dafür, Schlüsseltechnologien und Kompetenzen in Deutschland und Europa massiv zu stärken und die regulatorischen Anforderungen an IT-Sicherheit zu verbessern, deren Einhaltung die Hersteller dann nachweisen müssten.

Für Oliver Harzheim von der Vodafone GmbH lag der Schlüssel in Investitionen in die digitale Bildung und Infrastruktur. Hemmschwellen müssten abgebaut und das Bewusstsein der Masse müsste gesteigert werden, um digitale Souveränität sicherzustellen. Die technische Infrastruktur sei "die Lebensader der digitalen Gesellschaft", sodass es mehr wettbewerbsfähige Lösungen, auch bei der IT-Sicherheit geben müsse. Das europäische Cloud-Projekt GAIA X gehe in eine richtige Richtung, weitere Initiativen müssten nun folgen, sagte Harzheim

Auf den Umstand, dass jeder Einzelne für die Ausübung von digitaler Souveränität mitverantwortlich sei, verwies auch Klaus Landefeld (Eco-Verband der Internetwirtschaft). "Es können nicht nur die Betreiber von Diensten und der Staat in der Verantwortung stehen", sagte Landefeld. Die Anwendung, Wissen und der Umgang seien "gelebte digitale Souveränität" und alle, nicht nur die Betreiber kritischer Infrastrukturen, hätten eine abstrakte Verpflichtung, die IT-Sicherheit zu erhöhen. Zudem könne nicht hingenommen werden, dass staatliche Stellen sogenannte backdoors offen hielten. Dies könne Gefahren für alle nach sich ziehen, sagte Landefeld.

Ninja Marnau vom CISPA Helmholtz Center for Information Security schätzte die Gesamtsituation als "besorgniserregend" ein. Das Langfrist-Ziel sei, europäische Hersteller für zentrale Infrastrukturen zu haben, mittelfristig könne die Kontrolle von Technologien und eine risikoabhängige Bewertung wiederhergestellt werden. Murnau sprach sich auch für eine "sektorübergreifende Regulierung von IT- und Digitalprodukten" aus, die sich auf Hersteller, Betreiber und auch Nutzer erstrecken könne. Um informierte Nutzer zu haben, brauche es zudem umfassende Bildungsstrategien zwischen Bund und Ländern über die gesamte Lebenszeit von Menschen hinweg, sagte die Sachverständige.

Frank Rieger (Chaos Computer Club e.V.) forderte, dass technologische Souveränität auch unter widrigen Umständen gelten müsse. "Wir leben in einer Welt, in der Technologie als Machtmittel eingesetzt wird", sagte er. Ein Problem sei, dass Deutschland und Europa schon ein Stück ihrer digitalen Souveränität verloren hätten, da das Problem zu spät erkannt wurde und es keine diesbezügliche Industriepolitik gab. Viele Unternehmen seien an ausländische Investoren verloren worden. Rieger sprach sich für gesetzliche Regelungen aus, die es einfacher machen, die Sicherheit von Systemen zu überprüfen. Auch plädierte er dafür, dass das BSI unabhängig werden solle.



03. Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Die von der Bundesregierung 2008 beschlossene "Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel" ist aus Sicht der Klimawissenschaftlerin Daniela Jacob "gut und sinnvoll". Das machte Jacob, Direktorin des Climate Service Centers Germany, am Mittwochabend während einer öffentlichen Sitzung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung deutlich. Insbesondere im Bereich der interministeriellen Zusammenarbeit sei die Anpassungsstrategie "extrem wertvoll und gut funktionierend", befand sie. Gestärkt werden müsse jedoch der "cross-sektorale Ansatz" ebenso wie die Datentransparenz.

Mit Blick auf die internationale Klimaentwicklung betonte Jacob, Hitze und Dürre würden ebenso zunehmen wie Starkregen. Derzeit befände sich die Welt auf dem Weg zu einer Vier-Grad-Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts. Es müsse geschaut werden, "ob unsere Infrastruktur dafür ausgelegt ist". Die Straßen sowie die Wasser- und Energienetze seien mit den Daten von vor 50 Jahren angelegt worden. Jetzt gebe es aber andere Variabilitäten. "Das heißt, wir müssen uns auf das einstellen, was sich schon verändert hat und das bei der Erneuerung der Infrastruktur mitdenken", sagte Jacob. Ansonsten werde die Infrastruktur künftig immer häufiger ausfallen. Die Anpassung sei machbar "und billiger, als das Risiko in die Zukunft zu verschieben", urteilte sie.

Jacob machte weiterhin deutlich, dass es keine Region in der Welt gebe, in der die extremen Wetterereignisse weniger geworden sind. Keine Aussage könne man dazu machen, ob sich die tropischen Wirbelstürme verändert hätten. Die Regenmenge, die diese mit sich brächten habe sich aber erhöht. Festzustellen sei auch, dass extreme Wetterereignisse an einem Ort länger verbleiben als früher.

Diese Einschätzung teilte auch Markus Schröder von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft. Der verlangsamte Jetstream führe zu stehenden Wetterlagen und damit auch zu länger anhaltenden Dürreperioden oder Regenfällen. Während es Möglichkeiten gebe, durch städtebauliche Maßnahmen den Starkregen in Städten zu beherrschen, wie es in Holland gelinge, mache ihm die Dürre größere Sorgen, sagte Schröder. Städte würden durch Begrünung klimatisiert, sagte der Wasserexperte. Was es derzeit dort an Begrünung gibt, werde künftig nicht ausreichen, befand er.

"Wir müssen die Städte stärker als System verstehen", lautete seine Forderung. Bislang liefen die fachlichen Planungen eher nebeneinander. "Wir Wasserwirtschaftler kommen dann meistens erst am Ende", sagte er. Wasserwirtschaft müsse aber im Planungsprozess weiter nach vorne gerückt werden. "Die Städte der Zukunft werden wassersensibel sein."



04. FDP fordert Reformen für bessere Bildung

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Die Leistungen der Schüler in Deutschland haben sich laut der im Dezember 2019 veröffentlichten PISA-Studie 2018 im Vergleich zur PISA-Studie 2015 in allen Bereichen verschlechtert. In Naturwissenschaften und Mathematik auf das Niveau von 2003, beim Lesen auf den Wert von 2009. Deutschland belegt damit einen Platz im Mittelfeld und ist weit entfernt von Bildungsvorreitern wie Estland, Finnland oder Japan. Das schreibt die FDP-Fraktion in einem Antrag (19/15767).

Die Abgeordneten sind der Ansicht, dass das deutsche Bildungssystem "aus der Zeit gefallen" sei, da es 16 verschiedene Schulsysteme gibt. Es werde aber nicht sichergestellt, dass die Schulbildung in ganz Deutschland von höchster Qualität ist. Deutschland stehe in Konkurrenz mit Asien oder Nordamerika und müsse sich als Gesamtstaat an der Weltspitze orientieren.

Die FDP-Fraktion fordert die Bundesregierung unter anderem auf, eine Strategie zu entwickeln, wie der Anteil der Bildungsinvestitionen als Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) so angehoben werden kann, dass Deutschland künftig unter den TOP 5 der OECD-Staaten liegt. Zudem soll nach Ansicht der FDP die Bundesregierung auf die Länder einwirken, dass bundesweit einheitliche, hochwertige und verbindliche Bildungsstandards für alle Fächer des Hauptschulabschlusses, der Mittleren Reifen und des Abiturs entwickelt werden und bundesweite Abschlussprüfungen in allen zentralen Fächern eingeführt werden.



05. Aufstiegsfortbildungsförderung erweitern

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Auch wenn der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur vierten Novellierung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG) durch Leistungsverbesserungen dazu beitragen soll, die Attraktivität und die individuelle Förderung beruflicher Aufstiegsfortbildung deutlich zu verbessern, zeigt sich, dass insbesondere Schülerinnen und Schüler der so genannten praxisintegrierten Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin oder Erzieher von dieser Form individueller Förderung zu weiten Teilen ausgeschlossen bleiben. Das schreibt die Fraktion Die Linke in einem Antrag (19/15774).

Die Fraktion fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, um im Rahmen der Novellierung des AFBG dafür zu sorgen, dass alle Formen der Erzieherausbildung, insbesondere die integrierte Form der Ausbildung, einschließlich ihrer ausbildungsimmanenten Praxisphasen förderfähig werden.



06. Gesetzlicher Anspruch auf Weiterbildung

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zuzur Änderung des Aufstiegsfortbildungsgesetzes geht aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zwar in die richtige Richtung, ist jedoch nicht weit genug gesteckt. Das schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (19/15803). Die Grünen wollen Fortbildung mit einem gesetzlichen Recht auf Weiterbildung für alle unterlegen. Neben der Weiterbildungsmaßnahme muss nach Ansicht der Abgeordneten vor allem auch der Lebensunterhalt finanziert werden können. Parallel zur Möglichkeit, im Studium beim Bachelor und Master unterstützt zu werden, müsse dies auch für Qualifikationen im beruflichen System möglich werden. Gleichwertigkeit akademischer und beruflicher Bildung sei erst dann gegeben, wenn sowohl die Maßnahme als auch der Lebensunterhalt auch für die berufliche Weiterbildung und den berufsbildenden Karriereweg gewährleistet ist.


Foto: Bundesregierung / Bergmann