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Aus dem Gerichtssaal: „Dschungelcamp“: Berufung einer Lehrerin gegen ihre Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erfolglos

Mittwoch, den 11. Dezember 2019

Der für das Disziplinarrecht der niedersächsischen Landesbeamten zuständige 3. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Urteil vom 10. Dezember 2019 (3 LD 3/19) die Berufung einer Lehrerin gegen ein im April 2019 ergangenes Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg (10 A 6/17) zurückgewiesen. Mit dem von der Lehrerin angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gerichteten Klage der Niedersächsischen Landesschuldbehörde stattgegeben. Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat das Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigt, so dass es bei der Entfernung der Lehrerin aus dem Beamtenverhältnis bleibt.

Der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Die Lehrerin, eine Studienrätin, begleitete im Januar 2016 ihre Tochter nach Australien. Die Tochter der Lehrerin nahm dort im Januar 2016 an der Fernsehshow „Ich bin ein Star - Holt mich hier 'raus!" (sog. Dschungelcamp) des Fernsehsenders RTL teil. Die Landesschulbehörde hatte zuvor einen Antrag der Lehrerin, ihr für die Zeit vom 11. bis zum 27. Januar 2016 Sonderurlaub zu gewähren, um ihre Tochter nach Australien begleiten zu können, abgelehnt. Die Lehrerin hatte nach den damaligen Weihnachtsferien am 7. Januar 2016 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 7. bis zum 29. Januar 2016 eingereicht. Nachdem der Landesschulbehörde eine im Fernsehsender RTL ausgestrahlte gemeinsame Videobotschaft der Lehrerin und ihrer Tochter aus Australien bekannt geworden war, leitete sie ein Disziplinarverfahren gegen die Lehrerin ein. Im Januar 2017 enthob die Landesschulbehörde die Lehrerin vorläufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung der Hälfte ihrer Dienstbezüge an. Dagegen suchte die Lehrerin letztlich erfolglos um Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes nach (Beschluss des Nds. OVG vom 9.2.2018).

Parallel zu dem Disziplinarverfahren wurde gegen die Lehrerin ein Strafverfahren geführt. Das Amtsgericht Soltau verurteilte die Lehrerin mit Urteil vom 30. März 2017 wegen des Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses zu einer Geldstrafe (140 Tagessätze zu je 70 Euro). Das Landgericht Lüneburg verhängte mit seinem Berufungsurteil vom 6. März 2018 zwar eine geringere Geldstrafe (90 Tagessätze zu je 60 Euro), verwarf im Übrigen jedoch die Berufung der Lehrerin. Dagegen legte die Lehrerin erfolglos vor dem Oberlandesgericht Celle Revision ein (Beschluss des OLG Celle vom 31.8.2018).

Nach dem rechtskräftigen Abschluss des strafgerichtlichen Verfahrens hat das Verwaltungsgericht über die Disziplinarklage der Landesschulbehörde entschieden und gegen die Lehrerin die disziplinarische Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verhängt.

Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Berufungsverfahren als richtig bestätigt und deshalb die Berufung der Lehrerin zurückgewiesen. Die Lehrerin habe ein sehr schwerwiegendes Dienstvergehen begangen. Sie sei im Zeitraum vom 7. bis zum 29. Januar 2016 dem Dienst schuldhaft ferngeblieben. Sie sei während dieses Zeitraums nicht wegen einer Krankheit an der Erfüllung ihrer Dienstpflichten gehindert gewesen. Eine Erkrankung im Sinne einer depressiven Erschöpfung und die von ihr am 4. Januar 2016 gegenüber zwei Ärzten diesbezüglich geschilderten Symptome hätten nicht vorgelegen. Die Lehrerin habe vielmehr gegenüber beiden Ärzten das Vorliegen dieser Symptome sowie eines depressiven Krankheitsbildes vorgetäuscht.

Das von der Lehrerin begangene schwerwiegende Dienstvergehen rechtfertige den Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Ein Beamter, der ohne triftigen Grund nicht zum vorgeschriebenen Dienst komme, verletze das Vertrauen seines Dienstherrn in gravierender Weise. Die Lehrerin sei planvoll und berechnend vorgegangen, um eine unrichtige mehrwöchige Krankschreibung zu erlangen und sodann ihre Tochter nach Australien begleiten zu können. 

Das Dienstvergehen habe schwerwiegende Folgen für den dienstlichen Bereich gehabt, weil die Abwesenheit der Lehrerin im Zeitraum unmittelbar vor der Vergabe der Halbjahreszeugnisse und der damit einhergehenden Zeugniskonferenzen habe kompensiert werden müssen. Zu Lasten der Lehrerin sei insbesondere auch zu werten, dass sie während ihres Fernbleibens vom Dienst in Fernsehübertragungen aus Australien mitgewirkt habe. Zu dieser Mitwirkung habe sie sich gegenüber der Produktionsfirma des Dschungelcamps als Begleitperson ihrer Tochter vertraglich verpflichtet und dafür neben der Übernahme der Reise- und Hotelkosten durch die Produktionsfirma von dieser unter anderem eine pauschale Entschädigungszahlung in vierstelliger Höhe erhalten. 

Da die Tätigkeit der Lehrerin in Australien gerade auch darin bestanden habe, an Fernsehinterviews mitzuwirken, liege es nahe, dass nicht nur Kollegen, ihre Schüler und deren Eltern, sondern auch außerhalb der Schule stehende Personen erfahren hätten, dass sie sich zwar außerstande gesehen habe, ihren Dienst zu verrichten, gleichzeitig aber in der Lage gewesen sei, eine mit etlichen Flugstunden verbundene Fernreise nach Australien anzutreten und von Australien aus öffentlichkeitswirksam Fernsehinterviews zu geben. Dass ein solches Verhalten objektiv geeignet sei, den Dienstfrieden zu stören und dem öffentlichen Ansehen der Schule, der Lehrerschaft sowie dem gesamten öffentlichen Dienst erheblichen Schaden zuzufügen, liege auf der Hand.

Entlastende Gesichtspunkte, die es rechtfertigten, von der disziplinarischen Höchstmaßnahme abzusehen, bestünden nicht. Das Vorbringen der Lehrerin im Berufungsverfahren zeige vielmehr deutlich, dass sie auch mehr als drei Jahre nach dem in Rede stehenden Dienstvergehen ihr Verhalten immer noch nicht hinreichend reflektiert habe. Die Gesamtwürdigung aller Umstände ergebe deshalb, dass sich die Lehrerin im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Dienstpflichten in so hohem Maße als unzuverlässig erwiesen habe, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in sie endgültig verloren sei. Es sei deshalb nicht gerechtfertigt, von der disziplinarischen Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen.

Das Urteil des 3. Senats ist rechtskräftig.