Samstag, den 28. September 2019
Rund 1.000 Delegierte der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft
(ver.di) berieten in Leipzig eine Woche lang über Themen wie
Digitalisierung, den sozial-ökologischen Umbau von Wirtschaft und
Gesellschaft sowie über Gute Arbeit. "Wir brauchen armutsfeste Löhne
und armutsfeste Renten. Das geht mit mehr Tarifbindung, die mehr Lohn
und eine bessere Alterssicherung bringt", sagte der neu gewählte
ver.di-Vorsitzende Frank Werneke (Foto) zum Abschluss des 5. Ordentlichen
Bundeskongresses am heutigen Samstag (28. September). "Es ist ein
Armutszeugnis, dass die Bundesregierung sich beim Grundrenten-Gipfel
schon wieder nicht auf eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung
geeinigt hat", so Werneke.
ver.di trete dafür ein, prekäre Arbeitsverhältnisse und den
bedrohlich wachsenden Niedriglohnsektor zu überwinden, betonte
Werneke. Dazu solle der gesetzliche Mindestlohn auf 12 Euro pro
Stunde erhöht werden und dann weiter steigen. Not-wendig sei eine
Änderung des Tarifvertragsgesetzes, und zwar so, dass
Allgemeinverbindlichkeitserklärungen von Tarifverträgen nicht mehr an
der faktisch vor-gegebenen Vetomöglichkeit der Arbeitgeberverbände
scheitern, so die Forderung. Zudem fordert ver.di, dass Bund, Länder
und Kommunen ihre Aufträge ausnahmslos nur noch an tarifgebundene
Unternehmen vergeben. Denn sie seien eine Marktmacht mit einem
Auftragsvolumen von jährlich 400 Milliarden Euro, so Frank Werneke.
"Die Umweltbewegung ist ein wichtiger Bündnispartner", heißt es im
Beschluss zur Energiepolitik. "Ihr könnt sicher sein", sagte Werneke
an die Adresse von Fridays for Future, die auf dem Kongress zu den
Delegierten sprachen, "wir werden gemeinsam für eine ökologische
Wende, die sozial gerecht gestaltet wird, kämpfen. Das ist eine
Zusage von mir! Denn gutes Klima und gute Arbeit gehören nachhaltig
zusammen", so Werneke.
Beim sozial-ökologischen Umbau spiele der Staat eine Schlüsselrolle,
die er mit einer aktiven Investitionspolitik, Industrie- und
Dienstleistungspolitik sowie Struktur- und Regionalpolitik ausfüllen
müsse. Die Klimabeschlüsse der Bundesregierung seien bei Weitem nicht
hinreichend. "Insbesondere sind die vorgesehenen Investitionen in den
öffentlichen Nahverkehr völlig unzureichend angesichts eines
Investitionsbedarfes von mindestens 40 Milliarden Euro", betonte der
Vorsitzende.
ver.di fordert zudem, im Zusammenhang mit der Digitalisierung der
Arbeitswelt die frühestmögliche Einbeziehung der Beschäftigten und
ihrer Interessenvertretungen beim betrieblichen Einsatz und der
Gestaltung neuer Technologien und Künstlicher Intelligenz. Ein
Initiativrecht soll die Interessenvertretungen bei Entscheidungen zur
betrieblichen Weiterbildung stärken, die notwendig ist, damit die
Beschäftigten mit den technologischen Entwicklungen Schritt halten
können.
Auf dem ver.di-Kongress wurden rund 1.000 Anträge beraten sowie die
Führungsgremien neu besetzt, darunter der neunköpfige Bundesvorstand.
Frank Werneke wurde mit 92,7 Prozent zum neuen ver.di-Vorsitzenden
gewählt und Andrea Kocsis mit 91,5 Prozent sowie Christine Behle mit
91,1 Prozent zu seinen Stellvertreterinnen. Daneben wurde auch der
Gewerkschaftsrat, das höchste ehrenamtliche Gremium zwischen den
Kongressen, neu gewählt. Vorsitzende wurde Martina Rößmann-Wolf.