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KUBICKI-Gastbeitrag: Das Ende der CDU als Wirtschaftspartei

Mittwoch, den 12. Dezember 2018


Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki (Foto) schrieb für den „Tagesspiegel“ (Mittwoch-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:


Einen Monat nach Verabschiedung des Rentenpaketes der schwarz-roten Koalition war es etwas überraschend, dass die neue CDU-Vorsitzende ausgerechnet die Alterssicherung zu einer zentralen Frage des kommenden Jahres machte. Gleich in zwei Interviewrunden in den öffentlich-rechtlichen Sendern erklärte sie nach ihrer Wahl also, dass das Thema Rente das wichtigste bundespolitische Thema sei, um die AfD bei den anstehenden Wahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen klein zu machen.

Vielleicht sollte man daran erinnern, dass die AfD gänzlich ohne eigenes Rentenkonzept zur größten Oppositionsfraktion im Deutschen Bundestag geworden ist – in Sachsen wurde sie bei der Bundestagswahl sogar stärkste Kraft. Die Idee, den Rechtspopulisten mit der Rente ein Thema wegzunehmen, kann also gar nicht aufgehen, denn deren Wähler hatten sich dafür überhaupt nicht interessiert. Sollte dies die Strategie Annegret Kramp-Karrenbauers sein, die enttäuschten CDU-Wähler von der AfD wieder zurückzuholen, wünsche ich der CDU eine gute Reise.

Mit der Wahl der neuen Vorsitzenden haben die christdemokratischen Delegierten am Freitag eine klare Entscheidung gefällt: für das „Weiter so“ des diffus-sozialdemokratischen Merkel-Kurses und gegen eine wirtschaftspolitische Neuorientierung. Denn auch unter Kramp-Karrenbauer scheint Umverteilung weiterhin das Motto zu sein. Es ist keine Überraschung, dass die „neuen“ Rentenpläne der Saarländerin selbstverständlich mit Steuermitteln bezahlt werden sollen.

Eine Entlastung der Leistungsbereiten und tatsächlich Leistenden steht auch in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen freilich nicht an – auch wenn der CDU-Parteitag jetzt mutig die Abschaffung des Solidaritätszuschlages forderte. Der würdelose Eiertanz, den die Christdemokraten beim Soli nun schon seit Jahren aufführen, ist mit unseriös noch euphemistisch beschrieben. Im Wahlkampf 2017 forderten sie die Abschaffung bis 2021. In den Jamaika-Gesprächen sperrten sie sich gegen die Abschaffung. Und im Koalitionsvertrag mit der SPD konnte man sich auch nicht auf eine Abschaffung verständigen – obwohl SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz im Wahlkampf genau dies bis 2021 forderte. Nun aber stellt sich die CDU couragiert gegen den Koalitionsvertrag und zeigt im Zweifel mit dem Finger auf die vertragstreuen Sozialdemokraten, wenn der Soli nicht vollständig abgeschafft wird. In Anlehnung an Norbert Blüm kann man sagen: „Die CDU ist ein Held nach Feierabend.“ Wer solch ein programmarmes Taktieren als vernünftige Politikgestaltung verteidigt, dem ist nicht mehr zu helfen.

Es ist sicherlich nicht fair, den neuen Generalsekretär Paul Ziemiak anlässlich seiner nicht abgeschlossenen Ausbildung zu schelten – wie es Teile der eigenen Partei nun tun. Aber die Art und Weise, wie auch in der früheren Partei Ludwig Erhards der berufliche Erfolg eines Friedrich Merz als Malus thematisiert wurde, hatte schon eine besondere Qualität. Es ist zu bezweifeln, dass das bereits ramponierte Image der CDU als Wirtschaftspartei, die dafür sorgt, dass Leistungswillige alle Chancen bekommen, so noch lange aufrechterhalten werden kann.

Annegret Kramp-Karrenbauer hat es weit gebracht, ohne allerdings in dem Ruf zu stehen, programmatische Feuerwerke zu entzünden. Allen Beteuerungen zum Trotz wird sie keinen inhaltlichen Wandel bringen. Und dass sie selbst zum CDU-Programm wird, wie es Angela Merkel in den letzten Jahren gewesen ist, ist nicht zu erwarten.

Die lange erfolgreiche Strategie Angela Merkels, die CDU als positionsloses Vehikel für die Sicherung des Kanzleramtes zu benutzen, wird nicht mehr lange aufgehen. Die Union hat seit der Bundestagswahl erheblich an Zustimmung verloren. Es sind andere, wieder konkrete Antworten gefragt. Ob Annegret Kramp-Karrenbauer jedoch in der Lage ist und die Autorität hat, diese Antworten für die CDU zu geben, ist mehr als fraglich. Die CDU geht einen schweren Gang. Dass er wieder deutlich über 30 Prozent führen wird, darf getrost bezweifelt werden.