27. Februar 2018
Die Behörden müssen die Luftreinhaltepläne verschärfen und Fahrverbote für Autos und Lastwagen mit hohem Stickoxidausstoß anordnen, wenn anders die Grenzwerte für die gefährlichen Gase nicht eingehalten werden können. Noch herrscht freie Fahrt. Doch in wenigen Monaten werden die ersten Fahrverbote kommen. test.de sagt, was jetzt schon feststeht und worauf Sie sich einstellen müssen.
Für welche Fahrzeuge werden Fahrverbote gelten?
Das steht noch nicht fest. Die Behörden sind in der Pflicht, vernünftige Kriterien zu finden. Viele Experten vermuten: Das Fahrverbot wird alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotor betreffen müssen, die nicht im Sinne der neuesten und strengsten Normen Euro6 oder Euro6d schadstoffarm sind – also Autos genauso wie Last- und Lieferwagen. Diese Fahrzeuge sind für den Großteil der Schadstoffe in der Luft verantwortlich.
Wo außer in Düsseldorf und Stuttgart werden Fahrverbote gelten?
Auch das steht noch nicht endgültig fest. Laut Umweltbundesamt hat die durchschnittliche Belastung der Luft mit Stickoxid – nach der vorläufigen Auswertung der Messergebnisse für das Jahr 2017 – in 37 Städten den Grenzwert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft sicher überschritten. Die folgenden Städte sind die ersten Kandidaten für Fahrverbote:
München (2016: 80 Mikrogramm je Kubikmeter Luft / 2017: 78 Mikrogramm je Kubikmeter Luft)
Stuttgart (82/73)
Köln (63/62)
Reutlingen (66/60)
Hamburg (62/58)
Düsseldorf (58/56)
Kiel (65/56)
Heilbronn (57/55)
Darmstadt (55/52)
Ludwigsburg (53/51)
Dortmund (51/50)
Wiesbaden (53/50)
Berlin (52/49)
Freiburg im Breisgau (41/49)
Oberhausen (48/49)
Oldenburg (Oldb) (50/49)
Wuppertal (49/49)
Hagen (51/48)
Mainz (53/48)
Tübingen (48/48)
Frankfurt am Main (52/47)
Aachen (49/46)
Gelsenkirchen (48/46)
Leverkusen (45/46)
Limburg a.d. Lahn (60/45)
Mannheim (46/45)
Augsburg (46/44)
Hannover (55/44)
Ludwigshafen am Rhein (46/44)
Osnabrück (48/44)
Halle (Saale) (46/43)
Leonberg (47/43)
Nürnberg (46/43)
Gießen (44/42)
Solingen (keine Messung/41)
Essen (51/41)
Regensburg (42/41)
In Städten, wo die durchschnittliche Belastung der Luft mit Stickoxid nur knapp über dem Grenzwert von 40 Mikrogramm liegt und die Belastung zuletzt gesunken ist, sind Fahrverbote möglicherweise doch nicht nötig. Dort könnten die Behörden andere Wege finden, die Stickoxidbelastung auf das zulässige Maß zu begrenzen – oder brauchen bereits umgesetzte Pläne nur noch etwas Zeit, bis die Schadstoffbelastung sich im Rahmen hält.
Wann werden Fahrverbote in Kraft treten?
Am schnellsten wird es wohl in Düsseldorf und in Stuttgart gehen. Wegen dieser beiden Städte hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) auf Verschärfung der Luftreinhaltepläne geklagt und urteilte jetzt das Bundesverwaltungsgericht. Der Umweltschutzverband und seine Anwälte werden vermutlich zügig die Vollstreckung einleiten und die Verhängung von Zwangsgeldern beantragen, wenn die Behörden nicht von sich aus zügig zur Sache kommen. Erster Schritt ist die Aufstellung des Luftreinhalteplans. Danach müssen die Straßenverkehrsbehörden ihn umsetzen und Fahrverbote anordnen. Experten rechnen damit, dass die ersten Fahrverbote im Sommer in Kraft treten.
Woran erkenne ich Fahrverbote?
Dieselfahrverbote wird entweder das Schild Verbot für Kraftwagen oder Umweltzone signalisieren. Für alle Autos außer Diesel bis einschließlich Euro5 wird ein Zusatzschild die Fortsetzung der Fahr erlauben. Wie das genau aussehen wird, steht noch nicht fest. Bisher lässt dieses Zusatzschild die Fahrt mit Autos mit grüner Plakette in allen Umweltzonen zu. Ohne Zusatzschild dürfen überhaupt keine Kraftfahrzeuge in die Umweltzone.
Gibt es Ausnahmen von Umweltzonen-Fahrverboten?
Ausgenommen von Fahrverboten sind aktuell nur Einsatzfahrzeuge, Maschinen, Kraftfahrzeuge zur Beförderung schwerbehinderter Menschen sowie Oldtimer mit H-Kennzeichen. Weitere Ausnahmen sind wohl nötig, damit nicht die Besitzer von zuweilen nicht mal drei Jahren alten Autos unverhältnismäßig hart getroffen werden.
Was passiert, wenn ich gegen ein Fahrverbot verstoße?
Die Buße für eine verbotene Fahrt in eine Umweltzone liegt bei 80 Euro. Sogar 160 Euro sind fällig, wenn die zuständige Behörde das Gericht davon überzeugt ist, dass Sie vorsätzlich gehandelt haben, also bewusst gegen das Verbot verstoßen haben. Der Verstoß gegen das Schild Verbot für Kraftwagen kostet dagegen nur 25 Euro.
Wie groß ist das Risiko erwischt zu werden?
Das lässt sich kaum einschätzen und wird von Ort zu Ort unterschiedlich sein. Polizeibeamte haben im Vorfeld erklärt, sie sähen sich nicht in der Lage, Fahrverbote effektiv zu kontrollieren, da für sie oft nicht zu erkennen sei, ob ein Auto mit einem Dieselmotor neuester Bauart ausgestattet sei.
Was kann ich tun, wenn ich aufs Auto angewiesen bin und ich nicht mehr dahin fahren darf, wo ich hin muss?
Wenn Sie nicht auf Fahrrad, Bus oder Bahn ausweichen können, sollten Sie nachfragen, ob die Behörden zu Ihren Gunsten eine Ausnahme machen, Ihnen eine Übergangsfrist einräumen oder Sie das Fahrverbot durch Nachrüstung ihres Wagens abwenden können. Ansonsten bleibt Ihnen nur, sich ein neues Auto zu beschaffen, für das kein Fahrverbot gilt.
Bekomme ich eine Entschädigung dafür, dass ich mit meinem Auto in viele Innenstädte nicht mehr fahren darf?
Auch das steht noch nicht endgültig fest. Es ist denkbar, dass die Behörden zugunsten von Eigentümern noch junger Euro5-Diesel Entschädigungen zahlen, wenn diese etwa als Bewohner einer Dieselfahrverbotszone besonders hart betroffen sind. Vom Verkäufer und unter Umständen auch vom Hersteller des Wagens können Sie nur dann Erstattung vom Kaufpreis verlangen, wenn es sich um einen Wagen mit illegaler Motorsteuerung handelt. Selbst das ist noch nicht endgültig geklärt; Einzelheiten erläutern wir in unseren FAQ zum Dieselskandal. Haben Sie Ihren Wagen mit einem Kredit finanziert, können Sie den Wagen oft über den Widerruf des Kreditvertrags noch wieder loswerden. Details dazu in unserer Meldung Autofinanzierung: Kreditwiderruf bringt Chance auf Rückgabe.