Molekularer Mechanismus löst epigenetische Veränderungen
aus
München (ots). Hat eine Mutter viel Stress während der
Schwangerschaft, könnte das zu einer veränderten Reaktion der Gene in
Nervenzellen auf Stress im späteren Leben des Kindes führen. Dies legt die
jüngst im renommierten Fachjournal PNAS publizierte Studie von internationalen
Forscherinnen und Forschern unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für
Psychiatrie und der Simon Fraser Universität in Vancouver, Kanada nahe.
In Studien an Tieren und Menschen konnte bisher gezeigt
werden, dass Stress, wie ihn Depression, Unterernährung oder eine Hormongabe
zur Lungenreifung des Kindes während der Schwangerschaft darstellen, das Risiko
des ungeborenen Kindes erhöhen, später im Leben an einer Reihe an
gesundheitlichen Problemen zu leiden. Vermehrter Stress während dieser
kritischen Phase der Entwicklung steht in Verbindung mit einer Reihe
gesundheitlicher Problemen im späteren Leben des Kindes wie einer höheren
Sensibilität gegenüber Stress, kognitiven Defiziten und erhöhter Anfälligkeit
für psychiatrische Störungen sowie Verhaltenssaufälligkeiten. Diese könnten
durch eine veränderte Funktion des Gehirns vermittelt werden. Nun konnte ein
hierfür möglicher verantwortlicher molekularer Mechanismus identifiziert
werden. Stresshormone lösen eine Veränderung in einem wichtigen epigenetischen
Prozess, der DNS-Methylierung aus und führen so dazu, dass Gene auch über einen
längeren Zeitraum anders abgelesen werden. Denn obwohl Stresshormone notwendig
für die Gehirnentwicklung des Fötus sind, hat sich eine zu große Menge davon
als schädlich erwiesen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzten
menschliche Gehirnzellen, um die Effekte von Stresshormonen während der fötalen
Entwicklung zu beobachten. Sie stellten fest, dass chronischer Stress während der
frühen Neubildung von Nervenzellen, der sogenannten Neurogenese, zu einer
langfristigen Veränderung der Gene durch epigenetische Mechanismen führt.
Zusätzlich konnten sie zeigen, dass bei erneutem Stress diese epigenetischen
Veränderungen zu einer erhöhten Sensibilität gegenüber nachfolgendem Stress
führen.
Um diese Erkenntnisse vom Labor auf den Menschen
übertragen zu können, wurden zusätzlich Nabelschnurblutzellen von Neugeborenen
untersucht, die während der Schwangerschaft hohem Stress, wie Depression und
Angststörungen der Mutter oder eine Stresshormongabe ausgesetzt waren. Es
konnte beobachtet werden, dass die epigenetischen Veränderungen in den Neuronen
und die, die in den Genen der gestressten Neugeborenen gefunden wurden,
miteinander übereinstimmten. Diese epigenetischen Markierungen können als
"Erinnerungen der Zelle" an vergangenen Stress gesehen werden, welche
die Sensibilität des Individuums auf zukünftigen Stress beeinflussen könnten.
Stress vor der Geburt eines Kindes scheint nicht nur die
Entwicklung der Nervenzellen zu verändern, sondern auch die Reaktion auf Stress
im späteren Leben. Dieses Wissen gibt nicht nur Aufschluss über die möglichen
Langzeiteffekte früher Umweltweinflüsse, sondern könnte dabei helfen,
Strategien für präventive Maßnahmen zu entwickeln.
Text: Max-Planck-Institut für Psychiatrie, übermittelt
durch news aktuell