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Aus dem Gerichtssaal: Lebenslange Haft wegen 25 Jahre zurückliegenden Mordes

Dienstag, den 17. März 2020

Die 6. Große Strafkammer (Schwurgericht) des Landgerichts Osnabrück hat am vergangenen Freitag, dem 13. März 2020, ihr Urteil im Prozess um den rund 25 Jahre zurückliegenden Tod einer jungen Frau in Sögel verkündet (Az. 6 Ks 12/19). Die Kammer verurteilte den heute 66 Jahre alten Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Haft.

Wie die Kammer in ihrer Urteilsbegründung erläuterte, stand für sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass das spätere Opfer am 21. August 1995 mit Verwandten und Freunden die Sögeler Kirmes besucht hatte. In der Nacht machte sie sich schließlich allein auf dem Heimweg. Anzunehmen sei, so die Kammer, dass sie dazu ihrer Gewohnheit folgend ein Taxi nehmen wollte. Dabei stieß sie nach Überzeugung der Kammer auf den Angeklagten, der seinerzeit ein ausrangiertes Taxi gefahren habe. Ob er der jungen Frau dann vorgetäuscht habe, ein Taxifahrer zu sein, oder sie in sein Auto gezogen habe, ließ sich für die Kammer nicht mehr aufklären. Fest stand dagegen für die Kammer, dass die junge Frau zunächst in dem Fahrzeug mitfuhr. An einem Stoppelfeld sei sie dann zunächst aus dem Auto geflohen. Der Angeklagte habe sie jedoch nach einigen Metern eingeholt. Auf dem Feld versuchte er nach Überzeugung der Kammer schließlich, die junge Frau zu entkleiden, um sie sexuell zu missbrauchen oder zu vergewaltigen. Als dies misslang, zerriss er nach den Feststellungen der Kammer den Pullunder der Frau und erdrosselte sie damit.

Die Kammer sah diesen Sachverhalt aufgrund der Spurenlage am Tatort und der Aussage diverser Zeugen, die sowohl 1995 als auch nun noch einmal in der Hauptverhandlung vernommen worden waren, als bewiesen an. Insbesondere stand für die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass der Angeklagte der Täter war. Zwar habe, so die Kammer, niemand die Tat selbst beobachtet. 2018/19 mit neuen Methoden ausgewertete DNA-Spuren am Körper und der Kleidung des Opfers ließen sich jedoch so eindeutig dem Angeklagten zuordnen, dass feststehe, dass er mit dem Opfer kurz vor dessen Tod Kontakt hatte. Aufgrund der Lage der Spuren könnten diese nur bei dem Versuch des sexuellen Missbrauchs und der anschließenden Tötung entstanden sein. Die Einlassung des Angeklagten im Zuge des Ermittlungsverfahrens, er habe seinerzeit einmal mit einer jungen Frau auf einer Kirmes engen Kontakt gehabt, dabei könne es sich um das Opfer gehandelt haben, entlastete ihn in den Augen der Kammer nicht. Aufgrund der Gegebenheiten auf der Kirmes und der Aussagen diverser Zeugen stehe fest, dass der Angeklagte auf der Kirmes nicht mit dem Opfer in Kontakt gekommen sei. Auf diesem Weg könnten die Spuren nicht entstanden sein.

Die Kammer sah zudem weitere belastende Indizien gegen den Angeklagten, die in Zusammenschau mit der Spurenlage gegen ihn sprächen. Dazu zähle etwa seine eindeutig widerlegte Erklärung gegenüber der Polizei dafür, wie seine DNA an den Körper des Opfers gekommen sein könnte. Diese Aussage habe der Angeklagte zudem in den Einzelheiten nach dem Stand der Ermittlungen mehrfach verändert.

Rechtlich wertete die Kammer die Tat als Mord. Auch wenn sich nicht alle Details des Tatablaufs aufklären ließen, stehe fest, dass der Tötung der Versuch einer Sexualstraftat vorangegangen sei. Einen anderen Schluss lasse die Auffindesituation des teilweise entkleideten Leichnams nicht zu. Es sei auch kein anderer Schluss möglich, als dass die Tötung erfolgt sei, um diese Tat zu verdecken. Damit liege ein Verdeckungsmord vor.

An der Schuldfähigkeit des Angeklagten befanden für die Kammer keine Zweifel. Ein psychiatrischer Sachverständiger habe überzeugend dargelegt, dass der vielfach vorbestrafte Angeklagte zwar Regeln und Normen zum Teil nicht für sich gelten lasse. Das hindere ihn aber nicht daran, das Unrecht seines Handelns zu erkennen. Er sei auch in der Lage, nach dieser Einsicht zu handeln, wenn er wolle.

Die gegen den Angeklagten verhängte lebenslange Freiheitsstrafe ist im Gesetz bei Mord zwingend vorgesehen. Mit der Verurteilung entsprach die Kammer den Anträgen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage. Die Verteidigung hatte einen Freispruch gefordert, da aus ihrer Sicht die Täterschaft des Angeklagten nicht bewiesen war.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann binnen einer Woche mit der Revision zum Bundesgerichtshof angegriffen werden.