Freitag, den 9. August 2019
Berichte über fehlerhafte Medizinprodukte stießen im Herbst des vergangenen Jahres auf großes öffentliches Interesse. Ein Projekt von mehr als 250 Journalisten aus
zahlreichen Ländern hatte unter dem Titel „The Implant Files“ herausgefunden, dass
immer wieder fehlerhafte oder unzureichend geprüfte Implantate auf den Markt kommen.
Mit Urteilen vom 02.08.2019 hat das Landgericht Freiburg nunmehr erneut drei Klägerinnen, denen in den Jahren 2005 und 2006 Hüftprothesen eines international tätigen
Medizinprodukteherstellers implantiert worden waren, Schmerzensgeldbeträge zwischen 17.500 € und 25.000 € sowie weiteren Schadensersatz zugesprochen. Nach
Überzeugung des Gerichts weisen die Hüftprothesen, die heute nicht mehr vertrieben
werden, einen Produktfehler auf, für den die schweizerische Muttergesellschaft als
Herstellerin und die deutsche Tochtergesellschaft, die die Prothese in Deutschland
vertrieben hat, einstehen müssen.
In den Jahren 2017 und 2018 sind die verantwortlichen Unternehmen schon mehrfach in ähnlich gelagerten Fällen durch verschiedene
Kammern des Landgerichts zu Schmerzensgeldzahlungen verurteilt worden. Dabei
stand zunächst im Vordergrund, dass die untersuchten Hüftprothesen zu Metallabrieb
geführt hatten, der bei den Prothesenträgern zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen
geführt hatte. Die jüngsten Verurteilungen stützen sich daneben auch auf das Argument, dass der gesamte Prothesentyp ein zu hohes Versagensrisiko aufweist. Damit
muss der Hersteller grundsätzlich Schmerzensgeld bezahlen, wenn sich der Träger
dieses Prothesentyps aus Angst vor einem Prothesenversagen zu einem operativen
Prothesenwechsel entschließt, unabhängig davon, ob erhöhter Metallabrieb vorliegt
oder nicht.
Urteile LG Freiburg vom 02.08.2019: 1 O 460/11, 1 O 223/12, 1 O 266/12
Die Urteile sind nicht rechtskräftig.