Familien unter Druck - Mehrheit der Eltern wünscht sich mehr Verständnis bei der Kindererziehung
Leverkusen (ots). Die Mehrheit aller Eltern erlebt Kritik an der
Erziehung ihrer Kinder. Mehr als ein Drittel der Eltern, die für ihre Kindererziehung kritisiert werden, fühlt sich dadurch als schlechte Mutter oder schlechter Vater.
Kritik trifft vor allem Mütter
und junge Eltern unter 35 Jahren
Experten äußern Verständnis für das
Empfinden der Eltern
Unzählige Erziehungstipps in Büchern
und Zeitschriften, diverse Familienblogs und Mom-Influencer in Social Media und
dann mischen sich noch Freunde und Familie ein - von allen Seiten gibt es gut
gemeinte Ratschläge, aber auch handfeste Kritik zur Kindererziehung von Eltern.
Wie sehr sich Eltern tatsächlich kritisiert fühlen,
zeigt nun die aktuelle, repräsentative forsa-Befragung, die von der
Bepanthen-Kinderförderung in Auftrag gegeben wurde.
Demnach erlebt die deutliche Mehrheit aller Eltern Kritik an
ihrer Kinderziehung. Das hat Folgen: Mehr als ein Drittel der Eltern, die für ihren Erziehungsstil kritisiert werden, fühlt sich dadurch als schlechte Mutter oder schlechter Vater. Die
Mehrheit der Eltern und sogar fast zwei Drittel der jungen Eltern unter 35
Jahren wünscht sich deshalb in Bezug auf ihre Kindererziehung mehr
Verständnis von anderen.
Mehrheit der Eltern kennt Kritik am Erziehungsstil und leidet
darunter
Die Zahlen lassen aufhorchen: Mehr als die Hälfte (59 Prozent)
der befragten Eltern gibt an, schon einmal von anderen für den Umgang mit ihrem Kind kritisiert worden zu sein. Dabei
kommt die Kritik vor allem aus dem familiären Umfeld der Eltern. Eigene
Familienangehörige (45 Prozent) äußern am häufigsten Kritik, die vor allem jüngere Eltern (51 Prozent) und Eltern jüngerer
Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren (48 Prozent) trifft. Dieser
Umfang an negativen Rückmeldungen geht nicht spurlos an den
kritisierten Eltern vorbei. Ganze 41 Prozent der Eltern sehen aufgrund der
wahrgenommenen Kritik ihre Erziehungskompetenz grundsätzlich in Frage gestellt.
Die Folge: Frauen bewerten sich deutlich öfter als schlechte Mutter (48
Prozent) als Männer (31 Prozent).
Frauen und junge Eltern besonders betroffen
Die Umfrage zeigt an mehreren Stellen deutliche Unterschiede
zwischen den Geschlechtern und Altersgruppen der Eltern auf. Frauen erleben
durchweg eine höhere Belastung durch Kritik. Tendenziell werden Mütter (65 Prozent) und jüngere Eltern bis 34 Jahre (63 Prozent)
häufiger kritisiert als Väter (53 Prozent) und Eltern über 45
Jahre (54 Prozent). Sie ärgern sich öfter über
Ratschläge von anderen (55 Prozent; Männer: 40 Prozent) und fühlen sich schneller verletzt (40 Prozent, Männer: 16 Prozent)
oder unter Druck gesetzt (34 Prozent, Männer: 18 Prozent). Vor allem junge
Eltern ärgern sich besonders über Kritik, weil sie der Meinung sind, die
Kindererziehung sei allein ihre Sache (62 Prozent). Dennoch nehmen sich gerade
junge Eltern kritische Äußerungen besonders zu Herzen und fühlen sich dadurch am ehesten verletzt (34 Prozent), unter Druck
gesetzt (41 Prozent) oder als schlechtes Elternteil (31 Prozent).
Mom Shaming - besonders junge Frauen leiden unter Kritik
Damit bestätigen die Ergebnisse der forsa-Befragung ein
Phänomen, das auch als Mom (bzw. Dad) Shaming bekannt ist: Aufgrund von
beiläufigen oder tatsächlich kritischen Bemerkungen des persönlichen Umfelds am
Erziehungsstil entsteht bei Betroffenen das Gefühl, als
Mutter oder Vater zu versagen. Solche Rückmeldungen
zur Kindererziehung müssen nicht unbedingt verbal und kritisch
kommuniziert werden, um große Verunsicherung bei Eltern zu verursachen.
Bereits ein abfällig wahrgenommener Blick, aber auch visuelle
Emoticons und Nachrichten in den sozialen Medien, die den Erziehungsstil von Müttern oder Vätern kommentieren, können tiefgreifende Zweifel
hervorrufen. Solche Situationen kennt auch Henriette Zwick, SuperMom-Bloggerin.
"Gut gemeinte Ratschläge zur Erziehung meiner Kinder wirken schnell wie
Kritik. Vor allem bin ich damit in den sozialen Medien konfrontiert. In der
Anonymität des Internets nehmen sich die Leute deutlich mehr heraus", so
Zwick.
Ob streng oder lax - Kritik gibt es in beiden Fällen
Dabei sind sich die Kritiker oft nicht einig, was Mütter und Väter falsch machen. Von den Eltern, die Kritik an
ihrem Erziehungsstil kennen, wurde über der Hälfte (54 Prozent) vorgeworfen,
dass sie ihrem Kind zu viel durchgehen ließen. Fast genauso viele Eltern (48
Prozent) wurden aber auch schon für das Gegenteil kritisiert: Sie seien zu
streng und würden ihr Kind zu häufig ermahnen. Hier legt die Umfrage wieder
einen deutlichen Unterschied zwischen den Geschlechtern offen: Mütter werden eher dafür kritisiert, ihrem Kind zu viel durchgehen
zu lassen (58 Prozent; Männer: 50 Prozent), Väter eher für einen zu strengen Erziehungsstil (55 Prozent; Frauen; 43
Prozent).
"Als Mutter oder Vater ist man besonders empfindlich, wenn
es um die Kinder und die Kindererziehung geht. Und: Man möchte alles richtig
machen. Es ist gut zu wissen: Fehlerlose Eltern gibt es nicht - zum Glück", sagt die Diplom-Psychologin Elisabeth Raffauf.
"Bei Kritik ist es wichtig zu unterscheiden: Empfinde ich sie als
freundlich oder bevormundend? Ist sie vielleicht - mit Abstand betrachtet -
auch hilfreich?"
Eltern wünschen sich mehr
Verständnis für die Kindererziehung
Genau das wünscht sich die Mehrheit der Befragten (61
Prozent) von ihrem Umfeld: Mehr Verständnis für den
eigenen Erziehungsstil und dafür, dass sie Dinge anders machen als andere.
Von den jungen Eltern unter 35 Jahren wünschen
sich dies sogar mehr als zwei Drittel (70 Prozent). Neben mehr Verständnis
fordern Eltern über alle Altersgruppen hinweg auch mehr Wertschätzung für die Erziehungsarbeit (52 Prozent). Für
Frauen (60 Prozent) ist Wertschätzung dabei erneut wichtiger als für Männer (42 Prozent). Einig sind sich allerdings nahezu alle
Eltern bei einem Aspekt: Kaum ein Elternteil (4 Prozent) wünscht sich mehr Tipps und Ratschläge zur Kindererziehung. Das
sieht auch Henriette Zwick so: "Ich habe über die
Jahre als Mama eins gelernt: Als Eltern kennen wir unsere Kinder. Wir wissen,
was sie brauchen. Das sollten sich alle Eltern bewusst machen und ihre Kinder
auf ihre ganz eigene und persönliche Weise beim Großwerden begleiten."
Über die Bepanthen Kinderförderung
Die Bepanthen Kinderförderung setzt sich seit 2008 für Kinder und Jugendliche in Deutschland ein. Im zweijährlichen
Rhythmus führt sie gemeinsam mit der Universität Bielefeld Sozialstudien
durch, um aktuelle Problemfelder in der Lebenssituation von Kindern und
Jugendlichen zu identifizieren - beispielsweise zum Thema Achtsamkeit, Gewalt
oder Kinderarmut. Die aus den Studien gewonnenen Erkenntnisse fließen in die
praktische Kinderförderung des Kinderhilfswerks "Die Arche" ein.
Während der Corona-Pandemie widmete sich die
Bepanthen-Kinderförderung der mentalen und physischen Gesundheit von Familien
und entwickelte mit der Arche das digitale Fitnessprogramm "Mach Dich fit
- Für Kids!", das Kinder dazu anregt, sich auch zu Hause
ausreichend zu bewegen und auf die inneren Stärken zu konzentrieren. Zusätzlich
wurde eine Forsa-Umfrage in 2021 veröffentlicht, die das aktuelle Stimmungsbild
der Eltern während der noch anhaltenden Corona-Pandemie spiegelt.
Weitere Informationen unter bepanthen.de/kinderfoerderung
Text / Foto: Bayer Vital GmbH - news aktuell