WIESBADEN (abd) – Wenn die Haut in die Jahre kommt, wird
sie trocken, verliert an Spannkraft und Fältchen entstehen. Schuld daran sind –
neben vielen anderen Einflussfaktoren – die Hormone.
Wie hormonhaltige Cremes ein jugendliches Hautbild
erhalten, erläutert im Interview Prof. Dr. Christiane Bayerl, Direktorin der
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Helios Kliniken Wiesbaden.
Frau Prof. Bayerl, welche Bedeutung haben Hormone für die
Haut?
Prof. Bayerl: Hormone sind für alle Zellen des
menschlichen Organismus bedeutsam. Auch unsere Hautzellen haben Rezeptoren, an
denen Hormone andocken können. Im Hinblick auf die Hautalterung ist das Östrogen
eine zentrale Stellsubstanz. Östrogene beeinflussen beispielsweise den
Stoffwechsel von Hautzellen, die Neubildung von Kollagen und damit die
Elastizität der Haut sowie die Produktion von Hautfetten, sogenannten Lipiden,
welche die Haut geschmeidig halten.
Welche Effekte hat es an der Haut, wenn in und nach den
Wechseljahren die Östrogenspiegel sinken?
Prof. Bayerl: Bei Frauen nimmt in und nach den
Wechseljahren die Östrogenkonzentration drastisch ab und bleibt etwa ab dem 60.
Lebensjahr auf einem niedrigen Niveau stabil. Neben vielen anderen Beschwerden
kommt es dadurch zu einer hormonell bedingten Hautalterung bei Frauen, während
bei Männern die Hautalterungsprozesse langsamer ablaufen. Der sinkende
Östrogenspiegel führt bei Frauen zu einem Nachlassen des Lipidgehalts in der
Haut und einer Reduktion von Hyaluronsäure. Dadurch wird die Haut trockener.
Viele Frauen bemerken dann, dass ihre bisherige Hautpflege nicht ausreicht und
sie reichhaltigere Produkte benötigen. Während bei jüngerer Haut der Auf- und
Abbau von Kollagenfasern in der Balance ist, gehen mit den Wechseljahren der
Hautstoffwechsel und die Neubildung und damit die Dichte von Kollagenfasern
zurück, die Haut verliert an Spannkraft, Fältchen werden sichtbar.
Profitiert die Haut, wenn der Östrogenmangel ausgeglichen
wird?
Prof. Bayerl: Eine Hormonersatztherapie, die bei vielen
Frauen aus medizinischen Gründen durchgeführt wird, wirkt sich auch günstig auf
die Haut aus. Auch eine äußerliche Anwendung Östrogen-haltiger Cremes hat
nachweisliche Effekte an der Haut, wie wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt
haben.
Hormon-haltige Fertigpräparate und Individualrezepturen
sind verschreibungspflichtig und fallen nicht unter die Kosmetikverordnung. Wir
Hautärzte können hier beraten und gegebenenfalls geeignete Präparate
rezeptieren. Davon zu unterscheiden sind frei verkäufliche Kosmetika mit
Pflanzeninhaltsstoffen, die eine Östrogen-ähnliche Wirkung haben sollen. Deren
Effekte sind jedoch wissenschaftlich weniger gut untersucht.
Was lässt sich mit Östrogen-haltigen Cremes erreichen,
was nicht?
Prof. Bayerl: In mehreren Studien konnte gezeigt werden,
dass Östrogen-haltige Anti-Aging-Produkte, wie sie von Hautärzten rezeptiert
werden, den Neu-Aufbau von Kollagen fördern, die Organisation von elastischen
Fasern verbessern und die Talgdrüsensekretion an der Gesichtshaut anregen. Die
Elastizität der Haut nimmt zu, die Faltenintensität reduziert sich und die
Trockenheit wird vermindert.
Bei stark UV-geschädigter Haut haben Hormonrezepturen
allerdings keinen Effekt, hier gibt es in der Hautarztpraxis andere und besser
geeignete ästhetische Verfahren. Um der Lichtalterung vorzubeugen – und
insbesondere auch das Risiko für Hautkrebs zu reduzieren – ist ein konsequenter
Sonnenschutz unerlässlich.
Studien ergaben außerdem, dass die Effekte bei Männern
minimal und deutlich schwächer sind als bei Frauen. Daher werden
Östrogen-Zubereitungen bei Männern üblicherweise nicht eingesetzt.
Gibt es Risiken?
Prof. Bayerl: Die Hormonkonzentrationen, die Dermatologen
in Rezepturen einsetzen, sind gut überprüft. Wie Studien gezeigt haben, führen
sie nicht zu erhöhten Östrogenspiegeln im Blut, wenn sie wie empfohlen einmal
täglich angewendet werden. Bei falscher, das heißt zu häufiger Applikationen,
können Hyperpigmentierungen auftreten, gerade bei Patientinnen mit einer
Neigung zu Melasma.
Welche Tipps geben Sie Patientinnen für die Anwendung
Östrogen-haltiger Anti-Aging-Produkte?
Prof. Bayerl: Start der äußerlichen Hormontherapie sollte
mit den Wechseljahren sein. Erfahrungsgemäß lassen sich die besten Effekte
einer äußerlichen hormonellen Anti-Aging- Therapie in den ersten Jahren nach
den Wechseljahren erzielen. Erst 10 Jahre später zu beginnen, macht keinen
Sinn. Übrigens hat sich gezeigt, dass auch die Haut von Patientinnen, die eine
Hormonersatztherapie erhalten, von Östrogen-haltigen Cremes einen zusätzlichen
Benefit hat.
Die Anwendungshinweise des Arztes sollten unbedingt
eingehalten werden. Das verordnete Präparat sollte nur so oft und nur dort, wo
empfohlen aufgetragen werden, um eine optimale und sichere Behandlung zu
gewährleisten. Und: Zusätzlichen Sonnenschutz nicht vergessen!
Text: Berufsverband der Deutschen Dermatologen - BVVD