Foto: Für Menschen mit chronischem Bluthochdruck
ist bei ?CGRP-Blockern Vorsicht geboten.
Neue Medikamente gegen Migräne blockieren das Neuropeptid
?CGRP, das etwa an den Hirnhäuten
zu Gefässerweiterungen führt. Dasselbe Peptid, das bei körperlicher Aktivität
in der Muskulatur gebildet wird, schützt das Herz – was für Menschen mit
chronischem Bluthochdruck überlebenswichtig ist. Für sie dürfte die neuartige
Migräneprophylaxe gefährlich sein, wie Forschende der Universität Zürich an
Mäusen zeigen.
Das Neuropeptid ?CGRP (engl. ? Calcitonin Gene-Related
Peptide) wirkt auf zwei unterschiedliche Arten. Direkt an der
Freisetzungsstelle der Nervenzellen – beispielsweise an den Hirnhäuten
– führt es zu Entzündungen und erweitert die Blutgefässe, was Migräneattacken
verursachen kann. Ganz anders wirkt es auf das Herz, wie ein Forscherteam der
Universität Zürich (UZH) nun herausgefunden hat.
Negativer Effekt auf Hirnhäute, positiver auf das Herz
Wie die Wissenschaftler anhand von Studien mit Mäusen
zeigen, wird ?CGRP auch aus der arbeitenden Skelettmuskulatur
freigesetzt. Via Blut gelangt es aus dem Muskel zum Herz, wo es jene
krankmachenden Veränderungen des Herzens hemmt, die durch chronischen
Bluthochdruck entstehen. «Beim Menschen ist es genau so wie bei der Maus:
Körperliche Aktivität und Sport erhöhen den Blutplasmaspiegel von ?CGRP,
was sich bei erhöhtem Blutdruck positiv auf das Herz auswirkt», sagt
Studienleiter Johannes Vogel, Professor am Institut für Veterinärphysiologie
der UZH.
Therapieoption für gewisse Patienten mit Bluthochdruck
Die Forschenden verglichen in ihrer Arbeit normale Mäuse
und solche mit chronischem Bluthochdruck, die entweder körperlich passiv waren
oder immer wieder freiwillig im Laufrad liefen. Dabei zeigte sich, dass normale
Konzentrationen von ?CGRP im Blutplasma überlebenswichtig, und
dass die positiven Effekte von körperlicher Aktivität auf das Herz von dem
Peptid abhängig sind. Weiter schützt ?CGRP das Herz auch unabhängig
von seinen in höheren Dosen blutdrucksenkenden Eigenschaften. «Substanzen, die
die Freisetzung von ?CGRP aktivieren, könnten in Zukunft bei
Patienten mit Bluthochdruck eingesetzt werden, die nur sehr eingeschränkt
körperlich aktiv sein können, oder bei denen blutdrucksenkende Medikamente
nicht oder zu wenig wirken», erklärt Johannes Vogel.
Vorsicht bei Migränemedikamenten und chronischem
Bluthochdruck
Die Forschungsarbeit förderte noch ein weiteres Ergebnis
zutage: Bei Mäusen mit chronischem Bluthochdruck führte eine langfristige
Verabreichung von ?CGRP-Blockern zu lebensbedrohlichen Störungen
der Herzfunktion. Solche Medikamente, die das Neuropeptid gezielt blockieren,
werden seit kurzem zur Migräneprophylaxe verwendet. Da das Neuropeptid ?CGRP
vom Zebrafisch bis zum Menschen sehr ähnlich ist, muss es sich um
einen zentralen biologischen Mechanismus handeln, der in vielen Organismen
vergleichbar funktioniert. Gemäss dem Herzkreislauf-Spezialisten Vogel sind die
Resultate daher auch für den Menschen relevant: «?CGRP-Blocker sollten zur
Migränevorbeugung nur eingesetzt werden, wenn den Patienten
regelmässig der Blutdruck kontrolliert wird. Chronischer Bluthochdruck sollte
in die Liste der Kontraindikationen für den langfristigen Einsatz von ?CGRP-Blockern
aufgenommen werden.»
Literatur:
Tom Skaria, Katharyn Jean Mitchell, Olga Vogel, Thomas
Wälchli, Max Gassmann, Johannes Vogel. Blood Pressure Normalization-Independent
Cardioprotective Effects of Endogenous, Physical Activity-Induced Alpha
Calcitonin Gene-Related Peptide (?CGRP) in Chronically Hypertensive Mice. Circulation
Research. 31 October 2019. DOI: 10.1161/CIRCRESAHA.119.315429 [Epub ahead of
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Foto: © Universität Zürich / iStock.com/stockvisual