Hintergrund: Warum sich die SBK für die Aufnahme von
Genexpressionstests in die Regelversorgung einsetzt
Interview mit Christina Bernards (Foto), Fachexpertin Neue
Versorgungsangebote
In Deutschland sind bereits mehrere Genexpressionstests
auf dem Markt. Sehen Sie für Versicherte einen Nachteil darin, dass nur einer
von ihnen laut G-BA in die Regelleistungen aufgenommen werden soll?
Wir sind froh, dass betroffenen Frauen nun endlich ein
Test zur Verfügung gestellt wird, der sie bei der Entscheidung für oder gegen
eine adjuvante systemische Chemotherapie bei primären Mammakarzinom
unterstützen kann. Der Mehrwert des Verfahrens Oncotype DX ist in mehreren
Studien nachgewiesen worden, weshalb das Verfahren bereits in alle wichtigen,
international anerkannten Leitlinien für die Behandlung von Brustkrebs
aufgenommen wurde und der Test im Ausland seit Jahren im Einsatz ist. Wir
freuen uns, dass dieser Test nun in Deutschland Einzug in die Regelversorgung
halten kann.
Sollten der Patientennutzen sowie die jeweiligen
Bedürfnisse der Betroffenen höher gewichtet werden als aufsichtsrechtliche
Bedenken?
Sofern die Anforderungen an Qualität und Datenschutz
eingehalten werden, muss es auch in Deutschland möglich sein, ein international
anerkanntes Verfahren mit einem nachweislichen Nutzen für die
Therapieentscheidung zu übernehmen. Das Ziel sollte sein, verfügbares Wissen in
Form von gewonnenen Daten, Informationen über Therapieentscheidungen und dem
Erfolg von neuen Behandlungsformen zugunsten von Patienten in der ganzen Welt
zusammenzuführen. Dabei können digitale Technologien unterstützen. Dass der
Oncotype DX im Ausland schon längst zum Standard gehört und wir hier acht Jahre
für die Entscheidung benötigt haben, zeigt, dass wir auch den Blick ins Ausland
tätigen sollten. Wir sollten prüfen, ob es andere Wege gibt, die innovative
Verfahren schneller in die Versorgung bringen, ohne dass die
Patientensicherheit darunter leidet. Wie wollen wir gegenüber unseren Kunden
begründen, warum wir Verfahren mit belegter Evidenz und damit nachgewiesenem
patientenrelevanten Nutzen nicht zahlen? Die Welt dort draußen wartet nicht – zugunsten
der Betroffenen sollten wir neue Strategien entwickeln und etablieren, um agil
auf medizinische Fortschritte reagieren zu können.
Warum hat sich die SBK so stark dafür eingesetzt, dass
der Test zur Regelleistung wird? Sie zahlen den Test ja bereits seit Längerem.
Wir haben früh festgestellt, dass es einen Bedarf bei den
betroffenen Patientinnen gibt. Zudem ist der Einsatz dieser Tests im Ausland
bereits Standard. Außerdem wird der klinische Nutzen von Biomarkertests in der
S3-Leitlinie zum Mammakarzinom aufgeführt. Die Patientinnen sind froh, dass sie
sich in dieser schwierigen Lebensphase keine Sorgen um die Kostenübernahme
machen müssen. Für Patientinnen, bei denen der Test durchgeführt wurde,
bedeutet das, dass sie auf eine eventuell nicht notwendige Chemotherapie
verzichten oder eben ohne Zweifel die Chemotherapie durchführen lassen können.
Der Oncotype DX stellt einen wesentlichen Baustein im Entscheidungsprozess für
unsere Versicherten dar, um ihre Patientenautonomie zu stärken und so gemeinsam
mit dem behandelnden Arzt eine informierte persönliche Entscheidung zu treffen.
Ich bin der Meinung, dass ein so wichtiges Instrument jeder Frau zur Verfügung
stehen muss, unabhängig von der Krankenversicherung. Deswegen haben wir uns
dafür eingesetzt, dass der Oncotype DX in die Regelversorgung aufgenommen wird.
Was wünschen Sie sich für die Zeit nach dem
G-BA-Entscheid? Was muss in Ihren Augen als nächstes passieren?
Bezogen auf den G-BA-Entscheid zum Oncotype DX hoffe ich,
dass die Vergütung schnell geregelt wird und wirklich alle Patientinnen bald
auf den Test zurückgreifen können. Ferner sollte der
Entscheidungsfindungsprozess für neue Behandlungs- und Therapieoptionen
transparenter sein. Was fehlt, sind schnellere Zugangswege in die Versorgung
(nach Vorlage entsprechender Evidenz) sowie eine höhere Gewichtung der
Patientenbedürfnisse und des zu erwartenden Nutzens. Insgesamt ist ein
veränderter Blickwinkel notwendig, um die Bedürfnisse von Menschen besser
erfassen und beurteilen zu können.
Quelle - Text und Foto: SBK Siemens-Betriebskrankenkasse