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ifo-Präsident Fuest fordert von der neuen Regierung mehr Engagement in der Europapolitik

Freitag, den 1. Oktober 2021

Der ifo-Präsident Clemens Fuest (Foto) fordert mehr Engagement von der neuen Bundesregierung in der Europapolitik. Die EU müsse die Zusammenarbeit mit den USA vertiefen, aber gleichzeitig einseitige Abhängigkeiten gegenüber den USA und China abbauen, schreibt er heute in einem Gastbeitrag im Handelsblatt. In der Eurozone sollte die neue Regierung einer Aufweichung der Verschuldungsregeln entgegentreten und sich für ein Gleichgewicht zwischen Solidarität, Eigenverantwortung und Finanzdisziplin einsetzen. Dazu gehöre, dass Banken Investitionen in Staatsanleihen mit Eigenkapital unterlegen müssten.

Gegenüber China müsse die EU ihre Interessen selbstbewusst vertreten. Diese deckten sich teilweise mit denen der USA, teilweise aber auch nicht. Für Europa sei China als Partner bei Handel und Direktinvestitionen wichtiger als für die USA. Zwischen China und den USA bahne sich ein zweiter Kalter Krieg an, warnte Fuest. Die globale Dominanz des US-Dollar verstärke die Abhängigkeit der EU von den USA und mache die europäische Wirtschaft anfällig für US-Sanktionen. Der Euro müsse als internationale Reserve- und Transaktionswährung gestärkt werden.

In der Innenpolitik fordert Fuest eine Umstellung der Ehegattenbesteuerung auf ein Realsplitting und einen weiteren Ausbau der Kinderbetreuung, um die Erwerbstätigkeit vor allem von Frauen zu steigern. Das sei erforderlich, weil mit der Alterung der Bevölkerung die Zahl der Menschen im Erwerbsalter sinke. 

Außerdem gelte es Beschäftigungshindernisse im Steuer- und Transfersystem abzubauen. Insbesondere bei Menschen, die nicht viel verdienten, lohne es sich kaum mehr als Teilzeit zu arbeiten. Grund sei ein ungünstiges Zusammenspiel von Hartz-IV-Regeln und anderen Transfers. Bei der Unternehmensbesteuerung könnten beschleunigte Abschreibungen und bessere Verlustverrechnung die Anreize setzen, in Deutschland neue Produktionsstätten aufzubauen und innovative Unternehmen zu gründen. Auch müsse die Digitalisierung vorangetrieben werden.

In der Klimapolitik wäre es Fuest zufolge wichtig, die Sektorkopplung und das europaweite System des Handels von Emissionsrechten zu fördern. Zudem müsse die Regierung wichtige Investitionen in den Ausbau von Infrastrukturen wie Ladesäulen für Elektrofahrzeuge und Bahnstrecken voranbringen. Er plädiert dafür, den CO2-Preis als Werkzeug zu nutzen, denn er sei besser als Ver- und Gebote, die Klimaschutz unnötig verteuerten. 

Fuest verlangte außerdem mehr Investitionen in Bildung, Existenzgründungshilfen, die Förderung der Eigentumsbildung bei Menschen mit niedrigen Einkommen beispielsweise durch Mietkaufmodelle und eine effektive Wettbewerbspolitik.