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TV-Tipp-News: The Tale • arte • ab 20.15 Uhr • autobiografisch angelegter Film

27. März 2022

Jennifer ist Ende vierzig, eine erfolgreiche Dokumentarfilmerin und Dozentin. Sie lebt mit ihrem Partner Martin, einem Kameramann, in New York. Alles ist gut.

Doch eines Tages ruft Nettie an, Jennifers Mutter. Sie hat einen Aufsatz aus Jennifers Schulzeit gefunden, einen Text über eine intime Freundschaft der damals 13-Jährigen mit zwei Erwachsenen, der Nettie schockiert und verstört. Die erwachsene Jennifer kann das überhaupt nicht verstehen. Sie hat schöne Erinnerungen an ihre Zeit als Teenager in der Sommer-Reitschule von Mrs. G und an Bill, den Sportlehrer, sowie an sich selbst, die 13-jährige Jenny.

Doch dann liest Nettie ihr den Kommentar ihrer früheren Lehrerin zu diesem Aufsatz vor: „Sollte diese Geschichte wahr sein, ist Jennifer in jeder Hinsicht ausgenutzt und benutzt worden.“ Widerwillig beginnt Jennifer zu recherchieren, da Nettie einfach keine Ruhe gibt. Sie spricht mit Freundinnen von früher, sucht nach Mrs. G, wühlt in Fotoalben, liest die Briefe, die sie als Teenager an Mrs. G und Bill geschrieben hat, und die Antwortbriefe der beiden.

All das macht deutlich, was für eine starke Verbindung von Jenny zu Mrs. G und Bill bestand, aber auch, was für ein schlechtes Verhältnis Jenny zu ihren Eltern hatte. Immer tiefer taucht Jennifer in die Erinnerungen ab und langsam entsteht in der Auseinandersetzung zwischen der 13-jährigen Jenny, für die die sexuelle Beziehung mit dem 30 Jahre älteren Bill eine Liebesgeschichte war, und der fast 50-jährigen Jennifer, die diese Beziehung nun Missbrauch nennen kann, ein dunkleres Bild der Vergangenheit.

Das Drehbuch dieses autobiografisch angelegten Films entstand auf der Basis einer Geschichte, die Jennifer Fox als 13-jähriges Schulmädchen geschrieben hat. Doch es geht, sagt Fox, „nicht um eine vergessene Erinnerung, denn die Beziehung zu den beiden Trainern/Lehrern habe ich nie vergessen. Es geht darum, dass die Erinnerung, die wir für unfehlbar halten, nur eine weitere Konstruktion ist, die wir erschaffen, um zu überleben - und die wenig damit zu tun hat, was wirklich geschehen ist.“

„The Tale“ wird aus zwei Perspektiven erzählt: Da ist Jenny, 13 Jahre alt, die sich fühlt, als sei sie unsichtbar; die sich nach Liebe und Aufmerksamkeit verzehrt und so schnell wie möglich erwachsen werden will, um jemand zu sein. Und da ist die erwachsene Jennifer, der langsam klar wird, dass die romantische Erinnerung an ihre erste Liebe nur eine Schutzkonstruktion war, um sich nicht ihrer größten Angst stellen zu müssen: nur ein Opfer zu sein.
Jennifer Fox hat entschieden, dass sie kein Opfer ist, sie nennt sich eine Überlebende.


Text / Foto: ARD