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Staatsanwaltschaften in Sachsen-Anhalt / Über acht Millionen Verfahren in 30 Jahren

Mittwoch, den 1. September 2021

Magdeburg. Nach der friedlichen Revolution im Jahr 1989 sah der zur Wiedervereinigung Deutschlands geschlossene Einigungsvertrag von 1990 für den Bereich der Strafrechtspflege die Auflösung der bisherigen Bezirks- und Kreisstaatsanwaltschaften vor. Am 22. Juli 1991 regelte das Ministerium der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt durch die Anordnung über Organisation und Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaft im Lande Sachsen-Anhalt mit Wirkung zum 1. September 1991 die Errichtung der Generalstaatsanwaltschaft und der Staatsanwaltschaften.

Rainer Robra, Minister für Justiz und Gleichstellung: „Die Generalstaatsanwaltschaft und die ihr nachgeordneten Staatsanwaltschaften haben in den vergangenen 30 Jahren maßgeblich und mit herausragendem Engagement zum Aufbau des Rechtsstaats, zur Gewährleistung der rechtsstaatlichen Prinzipien und damit zu mehr Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger des Landes Sachsen-Anhalt beigetragen.“

Die Generalstaatsanwaltschaft, die ihren Sitz zunächst in Magdeburg hatte, verlegte diesen zum 1. September 1992 nach Naumburg/Saale. Heute bestehenden Staatsanwaltschaften in Dessau-Roßlau, Stendal, Halle und Magdeburg mitsamt zweier Zweigstellen in Naumburg und Halberstadt sowie die Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg.

Die Aufgaben der Generalstaatsanwaltschaft sind vielfältig. So übt sie unter anderem die Aufsicht über die vier Staatsanwaltschaften aus, entscheidet über Sach- und Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Entscheidungen der Behördenleiterinnen oder Behördenleiter der Staatsanwaltschaften und unterstützt das Ministerium für Justiz und Gleichstellung durch fachliche Stellungnahmen aus der staatsanwaltschaftlichen Praxis. Die Generalstaatsanwaltschaft ist daneben bei besonderen Straftaten, die in erster Instanz vor dem Oberlandesgericht Naumburg verhandelt werden, auch selbst Ermittlungs- und Anklagebehörde.

In den vergangenen drei Jahrzehnten haben die Staatsanwaltschaften Sachsen-Anhalts insgesamt mehr als 8,5 Millionen Ermittlungsverfahren bearbeitet und abgeschlossen. Das sind durchschnittlich fast 290.000 Verfahren pro Jahr. Die Erledigungsdauer für ein einzelnes Verfahren hat sich dabei im Durchschnitt von ursprünglich 3,5 Monaten (1993) auf 1,6 Monate (1. Halbjahr 2021) mehr als halbiert. Gleichzeitig werden heute wesentlich mehr Fälle aufgeklärt als unaufgeklärt bleiben.

Gesunken ist erfreulicherweise auch die Kriminalitätsbelastung. Wurden Mitte der 1990er Jahre pro 100.000 Einwohner noch 14.745 Ermittlungsverfahren (Verfahren gegen bekannte und gegen unbekannte Personen insgesamt) gezählt, waren es im 1. Halbjahr 2021 nur noch 10.506 Verfahren; das stellt einen Rückgang um mehr als ein Viertel dar.

Im Bereich der Jugendkriminalität spiegelt sich der Verfahrensrückgang noch deutlicher wider: Betrug der Anteil von Jugendlichen und Heranwachsenden an der Gesamtzahl aller Beschuldigten im Jahr 2000 noch 34,3 %, lag er bei der letzten Erhebung Ende 2020 nur noch bei 15,2 %. Die Jugendkriminalität ist damit seit dem Jahr 2000 um mehr als die Hälfte zurückgegangen.

In den letzten 30 Jahren haben Staatsanwaltschaften und Gerichte Sachsen-Anhalts auch einen hohen Beitrag zur Aufarbeitung des zu DDR-Zeiten begangenen staatlichen Unrechts geleistet: So haben die Staatsanwaltschaften im Zeitraum von 1990 bis 30.06.2021 den Gerichten insgesamt 41.319 Anträge auf Rehabilitierung wegen rechtsstaatswidriger Verfolgung von Personen vorgelegt. In 41.098 Fällen (= 99,5 %) ist darüber entschieden worden. In allen Fällen, in denen eine politische Verfolgung nachweislich vorlag, sind die Opfer inzwischen durch die Landgerichte in Halle und Magdeburg sowie das Oberlandesgericht in Naumburg rehabilitiert worden.