Dienstag, den 29. September 2020
Auf der Sicherheitskonferenz gestern in Leipzig haben die Innenminister
von Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg sowie der
Innenstaatssekretär von Berlin ein verstärktes gemeinsames Vorgehen der
fünf ostdeutschen Länder gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität
vereinbart. Darüber hinaus tauschten sich die Innenpolitiker über
das aktuelle Versammlungsgeschehen im Zusammenhang mit den
Corona-Schutzmaßnahmen aus. Auch die Themen Bekämpfung von
Kindesmissbrauch und Kinderpornografie sowie der gemeinsame Brand und Katastrophenschutz standen auf der Tagesordnung.
Der Innenminister des Gastgeberlandes Sachsen, Prof. Dr. Roland Wöller
zeigte sich mit den Ergebnissen der Beratungen zufrieden: »Besonders im
Kampf gegen den Rechtsextremismus ist ein gemeinsames Vorgehen der
Länder entscheidend. Dieses Phänomen macht vor Grenzen nicht Halt.
Es ist deshalb wichtig, dass wir uns heute in Leipzig auf die Schaffung
einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe geeinigt haben. Sie soll die
Früherkennungs- und Analysefähigkeit für die Sicherheitsbehörden stärken
und unter anderem ein länderübergreifendes Lagebild erstellen.«
Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (Foto) zu möglichen
Immobilienkäufen durch Rechtsextremisten: »Die rechtsextreme Szene
sucht im ländlichen Raum auch in Ostdeutschland nach Grundstücken
und Immobilien. Ich begrüße, dass alle Beteiligten die Anstrengungen
intensivieren wollen, Rechtsextremisten daran zu hindern, sich dauerhaft
an neuen Standorten niederzulassen. Auf Basis eines länderübergreifenden
Lagebilds, welches auch auf länderspezi?sche Vereinigungen und
Personenbeziehungen sowie deren Kommunikation eingeht, soll ein
Handlungskonzept erarbeitet werden, insbesondere zu präventiven
Möglichkeiten. Sachsen-Anhalt wird hierfür die Federführung übernehmen.«
Thüringens Innenminister Georg Maier: »Die Verhinderung des Kaufs von
Immobilien durch Rechtsextremisten ist von wesentlicher Bedeutung bei
der Bekämpfung des Rechtsextremismus. Früherkennungssysteme müssen
weiter etabliert und gesellschaftliche Gegenkräfte gestärkt werden. Es
handelt sich letztlich um ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, was auch
die verschiedenen Entgrenzungsphänomene belegen.«
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen: »Der Erfahrungsaustausch
über rechtsextremistische Entwicklungen und Strukturen ist absolut
notwendig. Genauso wichtig ist es, darüber zu sprechen, wie wir
gegen diese Strukturen vorgehen können. Dazu haben wir uns über
unseren Brandenburger Maßnahmenplan gegen Rechtsextremismus und
Hasskriminalität ausgetauscht. Unser Maßnahmenplan hat das klare Ziel,
mit einem ausgewogenen Verhältnis von Repression und Prävention
den Kampf gegen rechtsextremistische Verfassungsfeinde zu verstärken.
Einer der Schwerpunkte des Maßnahmenplans liegt dabei auf der
Einführung eines Verfassungstreue-Checks im öffentlichen Dienst des
Landes Brandenburg. Dabei geht es nicht um eine pauschale Verurteilung
des öffentlichen Dienstes. Ganz im Gegenteil – wir wollen das Vertrauen in
die Landesverwaltung weiter stärken!«
Gemeinsames Vorgehen der Länder gegen Rechtsextremismus
Die Innenressortchefs der fünf Bundesländer wollen ihre
Verfassungsschutzbehörden zur Bekämpfung des Rechtsextremismus
enger vernetzen. Dazu zählen ein frühzeitiger Informationsaustausch
ebenso, wie ein länderübergreifendes Lagebild, beispielsweise beim
Kauf von Immobilien durch Rechtsextremisten, da die Immobilien eine
Schlüsselrolle spielen. Eine länderübergreifende Arbeitsgruppe soll dabei
die Früherkennungs- und Analysefähigkeit der Behörden unterstützen.
Darüber hinaus sollen Handlungskataloge mit Vorschlägen für Maßnahmen
entstehen und der Verbund von Verfassungsschutz und Polizei – gerade
auch im Bereich Hasskriminalität – weiter gestärkt werden. Auch
verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb von Behörden und der
Polizei sollen mit verschiedenen Möglichkeiten frühzeitig erkannt und
verfolgt werden. Rechtsextremismus hat innerhalb der Polizei keinen Platz
und wird konsequent verfolgt. Sachsen hat in diesem Zusammenhang
die erst kürzlich im Innenministerium eingerichtete Koordinierungsstelle
Extremismusprävention und Extremismusabwehr vorgestellt.
Versammlungsfreiheit und Infektionsschutz
Die Innenressortchefs haben sich über die Einhaltung bestimmter
Infektionsschutzmaßnahmen bei Versammlungen ausgetauscht und
über Lösungsstrategien diskutiert. Im Vordergrund stand dabei der
kommunikative Ansatz von Versammlungsbehörden und Polizei sowie der
Hinweis auf die Einhaltung aus Infektionsschutzgründen, beispielsweise von
Abstandsregelungen. Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut, das es
zu schützen gilt. Eine Versammlungsaufösung bleibt auch unter Corona-Bedingungen immer das letzte Mittel zur Durchsetzung von Recht und
Ordnung.
Expertenpool für Veranstaltungen und Versammlungen in Sachsen
Sachsen hat, wie auch vor zwei Jahren in Thüringen, einen Expertenpool
für Veranstaltungen und Versammlungen ins Leben gerufen. Dieser Pool
besteht aus Ansprechpartnern für die Bereiche Versammlungs-, Bau-,
Gewerbe-, Naturschutz- und Immissionsschutzrecht sowie aus Mitarbeitern
des Landesamtes für Verfassungsschutz und des Landeskriminalamtes.
Ziel ist es, den Kommunen in Sachsen mit Fach- und Sachverstand bei
komplexen Versammlungs- und Veranstaltungslagen zur Seite zu stehen.
In Thüringen existiert dazu eine Task-Force »Versammlungslagen«, die
kommunale Behörden bei der Entscheidungs?ndung berät.
Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie
Beim Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie wollen die fünf
Länder auch künftig eng zusammenarbeiten. So soll es Kooperationen bei
der Erforschung dieses Kriminalitätsfeldes geben.
Vertiefte Zusammenarbeit beim Brand- und Katastrophenschutz
Auf der Sicherheitskonferenz haben die Länder auch über die
Zusammenarbeit im Bereich Brand- und Katastrophenschutz beraten. Sie
wollen an die schon bestehende Kooperationsvereinbarung anknüpfen
und künftig verschiedene Lehrgänge an den jeweiligen Landesschulen
länderübergreifend anbieten, um vorhandene Kapazitäten an den einzelnen
Ausbildungsstandorten effektiver zu nutzen. Es wurde beschlossen,
eine länderübergreifende und gemeinsame Übung durchzuführen, damit
vorhandene De?zite ausgeglichen werden können.