header-placeholder


image header
image
Bundestag

Politik-News: Heute im Bundestag: Nach Syrien oder Irak gereiste Islamisten

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Do., 12. September 2019

  1. Umstrittenes Bewertungsverfahren
  2. Nach Syrien oder Irak gereiste Islamisten
  3. Verarbeitung von PNR-Daten
  4. Keine Korrekturbitten des BfJ im April


01. Umstrittenes Bewertungsverfahren

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Die von den Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD vorgelegte Reform der Grundsteuer ist von den Vertretern der Städte und Gemeinden begrüßt, von der Wissenschaft und der Wohnungswirtschaft zum Teil sehr kritisch beurteilt worden. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses unter Leitung der Vorsitzenden Bettina Stark-Watzinger (FDP) begrüßte die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände am Mittwoch die neuen Bewertungsregelungen im Koalitionsmodell, die vollumfänglich den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entsprechen würden. Zudem entspreche die Wertorientierung des Reformmodells den allgemeinen steuerpolitischen Gerechtigkeitsvorstellungen der Bürgerinnen und Bürger. Dies sei wichtig für die langfristige Akzeptanz der Grundsteuer bei den Steuerpflichtigen.

Grundlage der Anhörung war ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (19/11085). Danach soll für die Erhebung der Steuer in Zukunft nicht allein auf den Bodenwert zurückgegriffen werden, sondern es sollen auch Erträge wie Mieteinnahmen berücksichtigt werden. Für die Bundesländer ist eine Öffnungsklausel vorgesehen, damit sie die Grundsteuer nach anderen Bewertungsverfahren erheben können. Auch in Zukunft werden die Gemeinden die Höhe der Grundsteuer mit örtlichen Hebesätzen bestimmen können. Um strukturelle Erhöhungen der Steuer zu vermeiden, appellieren CDU/CSU- und SPD-Fraktion an die Kommunen, die Hebesätze entsprechend abzusenken.

Außerdem ging es in der Anhörung um den ebenfalls von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung (19/11086), der einen erhöhten, einheitlichen Hebesatz auf baureife Grundstücke ermöglicht. Auf der Tagesordnung standen zudem Anträge zur Grundsteuer von AfD-Fraktion (19/11125), FDP-Fraktion (19/11144) sowie der Fraktion Die Linke (19/7980).

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bezeichnete den Gesetzentwurf grundsätzlich als sinnvollen Kompromiss zwischen den verschiedenen Anforderungen an eine Grundsteuerreform. Der Entwurf erhalte den Wertbezug der Grundsteuer, beschränke diesen Bezug aber auf wesentliche wertbestimmende Merkmale, um die erforderliche Neubewertung von 36 Millionen Grundstücke einfach zu halten. Die Gewerkschaft Verdi verlangte, das jetzige Aufkommensniveau aus der Grundsteuer mindestens zu erhalten. Auch höhere kommunale Einnahmen aus der Grundsteuer seien sinnvoll und legitim, wenn sie aus einer Belastung hoher Immobilienvermögen resultieren würden.

Professor Clemens Fuest vom ifo-Institut kritisierte den erheblichen Aufwand zur Wertbestimmung vor allem der Gebäude. Dieser Bewertungsaufwand mache es den Bürgern unnötig schwer, die Höhe der Steuer nachzuvollziehen und würde den Steuerzahlern und der Finanzverwaltung hohe Kosten aufbürden, die in keinem Verhältnis zum Nutzen in Form von Einzelfallgerechtigkeit stehen würden. Im Gesetzentwurf werde der Eindruck erweckt, großen Wert auf Einzelfallgerechtigkeit zulegen, tatsächlich entstehe aber nicht mehr als eine "Pseudogerechtigkeit", kritisierte Fuest. Auch der Deutsche Steuerberaterverband hegte grundsätzliche Zweifel, ob die angedachten Bewertungsmethoden für ein Massenverfahren wie die Grundsteuer geeignet seien.

Mehrere Sachverständige wiesen darauf hin, dass das neue Bewertungsverfahren zu einer Besserstellung von besonders teuren Immobilien führen könne. Professor Lorenz Jarass (Hochschule Rhein-Main) erklärte, der Gesetzentwurf führe zu unsystematischen und widersprüchlichen Grundsteuern. Als Beispiel nannte er, dass Eigentumswohnungen bis zu einem Viertel höher besteuert würden als vergleichbare Wohnungen in nicht aufgeteilten Häusern. Der Bund der Steuerzahler kritisierte, dass die geplante Vereinfachung zu Lasten der Steuerzahler gehen würde. So würden bestimmte wertmildernde Umstände, wie Baumängel und Denkmalschutzauflagen, gar nicht mehr berücksichtigt.

Professor Johanna Hey von der Universität Köln stellte fest, durch das neue Bewertungssystem komme es systematisch zu zum Teil deutlichen Unterbewertungen von vermieteten Immobilien in teuren Lagen, während Grundstücke in schlechten Lagen zum Teil zum Verkehrswert oder sogar darüber angesetzt würden. "Die Eigentümer mit Grundstücken in geringwertigen Lagen zahlen folglich die Verschonung der Eigentümer in hochpreisigen Lagen mit", so Hey. Das Problem könne auch nicht durch Hebesatzanpassungen gelöst werden, da diese gemeindeeinheitlich festgelegt würde. Mit seinen systematischen Verzerrungen werde der Gesetzentwurf den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an eine im Verhältnis der Grundstücke zueinander realitätsgerechten Abbildung des Verkehrswertes offensichtlich nicht gerecht. Christoph Trautvetter (Netzwerk Steuergerechtigkeit) wies darauf hin, dass der Unterschied zwischen wertvollen und günstigen Immobilien beim Koalitionsmodell sehr viel geringer sei als bei dem von den Bundesländern entwickelten Kostenwertmodell und dem Bodenwertmodell.

Der Gesamtverband der deutschen Wohnungswirtschaft verlangte Änderungen am vorgeschlagenen Bewertungsverfahren. Andernfalls werde insbesondere der Bereich des bezahlbaren Wohnens massiv belastet. Für die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft drohen bei Geschäftsgrundstücken nicht realitätsgerechte Bewertungen. Es müssten Möglichkeiten geschaffen werden, bei großen Flächen wie zum Beispiel Produktionshallen einen pauschalen Wertabschlag vornehmen oder einen geringeren Wert nachweisen zu können. Dies sollte aber nicht über die aufwändige Erstellung eines Wertgutachtens erfolgen müssen. Der Eigentümerverband Haus & Grund kritisierte die hohen Kosten. Allein zum ersten Bewertungsstichtag würden die Kosten eine Milliarde Euro betragen. Der Verband sprach sich für ein Flächenmodell aus, um nicht regelmäßig alle Immobilien neu bewerten zu müssen. Ein im Entwurf vorgesehener Rabatt für Wohnungsgenossenschaften führt nach Ansicht des Verbandes zur Verfassungswidrigkeit.

Nach Ansicht von Professor Dirk Löhr von der Hochschule Trier vermag der Gesetzentwurf den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts einer relations- und realitätsgerechten Bewertung nur dann zu entsprechen, wenn bei der grundsteuerlichen Bewertung der Wohngebäude entweder bei den Mieten stärker differenziert oder hilfsweise die unterlassene Differenzierung wenigstens besser begründet werde. Die Probleme ließen sich einfach lösen, indem auf die Einbeziehung der Gebäude gänzlich verzichtet und lediglich die Bodenwerte der Besteuerung zugrunde gelegt und würden, empfahl Löhr. Auch Professor Gregor Kirchhof (Universität Augsburg) riet zu einem Grundsteuermodell, "das einfach anzuwenden ist". Den jetzigen Gesetzentwurf mit seinem nach dem früheren System der Einheitswerte "seltsamen Mischsystem" hielt Kirchhof für verfassungswidrig.



02. Nach Syrien oder Irak gereiste Islamisten

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Seit dem Jahr 2010 aus Deutschland nach Syrien oder Irak gereiste Islamisten sind ein Thema der Antwort der Bundesregierung (19/12855) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion(19/12426). Danach liegen derzeit Erkenntnisse zu mehr als 1.050 deutschen Islamisten beziehungsweise Islamisten aus Deutschland vor, die in Richtung Syrien/Irak gereist sind. Zu etwa der Hälfte der gereisten Personen liegen laut Bundesregierung "konkrete Anhaltspunkte vor, dass sie auf Seiten des sogenannten Islamischen Staates und der al-Qaida oder denen nahestehenden Gruppierungen sowie anderer terroristischer Gruppierungen an Kampfhandlungen teilnehmen beziehungsweise teilgenommen haben oder diese in sonstiger Weise unterstützen beziehungsweise unterstützt haben". Etwa ein Drittel der gereisten Personen befindet sich den Angaben zufolge momentan wieder in Deutschland.

Wie die Bundesregierung weiter ausführt, befinden sich nach Kenntnis des Bundesinnenministeriums und des Geschäftsbereiches "aktuell mehr als 480 Personen, die zur Unterstützung des sogenannten Islamischen Staates oder anderer islamistischer Gruppen aus Deutschland ausgereist sind, im Ausland - mutmaßlich im Jihadgebiet Syrien/Irak". Mehr als die Hälfte der aktuell ausgereisten Personen besitze die deutsche Staatsangehörigkeit. 15 Prozent davon besitzen laut Vorlage neben der deutschen eine weitere Staatsangehörigkeit.

"Von den in Rede stehenden Ausgereisten befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung 119 erwachsene Personen gegenwärtig im Irak oder in Syrien in Haft oder werden anderweitig festgehalten", heißt es in der Antwort ferner. Danach befinden sich in Syrien 110 Personen, davon 37 Männer und 73 Frauen, in Haft oder werden anderweitig festgehalten, während im Irak derzeit neun Personen inhaftiert sind oder auf sonstige Weise festgehalten werden, davon drei Männer und sechs Frauen.

Zu 89 der Ausgereisten, die sich gegenwärtig im Irak oder in Syrien in Haft befinden oder anderweitig dort festgehalten werden, liegen laut Bundesregierung Erkenntnisse vor, dass diese die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Von diesem Personenkreis verfügten 32 Personen neben der deutschen über eine weitere Staatsangehörigkeit.

"Gemäß aktuellem Kenntnisstand" werden gegen 165 Personen, die sich noch in Syrien oder im Irak aufhalten, Ermittlungs- beziehungsweise Strafverfahren wegen Verdachts der Mitgliedschaft oder Unterstützung einer kriminellen und terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß der Strafgesetzbuchparagraphen 129a und 129b geführt, wie aus der Antwort zudem hervorgeht. Beim Generalbundesanwalt werden danach derzeit Ermittlungsverfahren gegen 38 sich in Syrien und acht im Irak in Haft oder in Gewahrsam befindliche Personen geführt, die zur Unterstützung des sogenannten Islamischen Staates oder anderer islamistischer Gruppen aus Deutschland ausgereist sind.



03. Verarbeitung von PNR-Daten

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zur Verhütung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität geht es in der Antwort der Bundesregierung (19/12858) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/12402). Darin schreibt die Bundesregierung, dass die Verarbeitung von PNR-Daten " einen wichtigen Baustein bei der Verhütung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität" darstelle und damit zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit beitragen könne.

Infolge des Abgleichs der Fluggastdaten mit den Fahndungsdatenbanken konnten den Angabenm zufolge "bislang über 500 Fahndungstreffer, darunter 57 Festnahmen, umgesetzt werden". Insbesondere Treffer im Rahmen von sogenannten Intra-Schengen-Flügen, bei denen grundsätzlich keine Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums zulässig seien, stellten einen Mehrwert dar. "Ohne die Verarbeitung der Fluggastdaten dieser Flüge wären die bestehenden Fahndungsausschreibungen im Zusammenhang mit der Flugreise nicht festgestellt und umgesetzt worden", heißt es in der Antwort weiter.



04. Keine Korrekturbitten des BfJ im April

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/MWO) Das Bundesamt für Justiz (BfJ) hat im April 2019 nicht mit Hilfe von Anwälten bei Medien um Korrekturen von Berichterstattungen ersuchen lassen. Das teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/12801) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/12335) mit. Diese war eine Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/7472. Wie die Bundesregierung weiter schreibt, gibt das BfJ lediglich in Einzelfällen einem Medium dann einen Hinweis, wenn vom BfJ veröffentlichte Informationen oder dieses betreffende Angaben objektiv unzutreffend wiedergegeben sind und das BfJ einen Hinweis für geeignet und angemessen erachtet. Eine Verpflichtung zur Erfassung dieser Hinweise bestehe nicht, und eine solche umfassende Dokumentation sei auch nicht durchgeführt worden, so dass dazu eine Auflistung nicht erstellt werden könne.


Foto: Bundesregierung / Bergmann