Sonntag, den 6. September 2020
Von Kathleen Radunsky-Neumann
Ein Aktenschrank voll mit Papier. Darauf liegen dicke Ordner prall gefüllt mit
Patientendaten. Noch müssen Alexandra Kliese, pflegerische Leiterin der Station
B 3.1 und B 3.2, und Schwester Katrin in den Mappen blättern, doch dieser Anblick
wird im Klinikum Magdeburg bald der Vergangenheit angehören. Denn in dem
kommunalen Haus wird in diesen Tagen die digitale Patientenakte – kurz ePa –
eingeführt. Sogenannte Pilotstationen sind die B 3.1 für orthopädische Patienten und
die B 3.2 für Krankheitsbilder der Allgemein- und Viszeralchirurgie.
„Alle Patienten, die ab dem 1.
September 2020 zu uns auf
Station kommen, werden mit
Hilfe der digitalen Patientenakte
behandelt“, sagt Alexandra
Kliese. Wer vor dem Stichtag
auf einer der beiden Stationen
aufgenommen wurde, wird noch
in Papierform behandelt. „Nach
wenigen Tagen werden wir dann
automatisch alle unsere
Patienten digital haben“, sagt die
pflegerische Leiterin.
Was bedeutet die ePa? In der
Patientenakte dokumentieren Ärzte und Pflegekräfte Daten wie Blutdruck, Puls und
Körpertemperatur. Aber auch ärztliche Anordnungen, Allergien, Kurzbefunde,
Medikationsvermerke, Laborwerte werden bislang handschriftlich dort vermerkt. „Es
gibt es immer wieder Unsicherheiten bezüglich der Lesbarkeit der handschriftlichen
Anordnungen in der Kurve, die zu unnötigen Nachfragen führen, die wiederum Zeit
kosten“, nennt Thomas Giesel, Pflegecontroller am Klinikum Magdeburg und einer
der beiden Projektleiter, einen Nachteil der Papier-Patientenakte. „Die digitale
Patientenakte bringt wesentliche Verbesserungen in der Organisation und der
Behandlungsqualität im Krankenhaus“, sagt er und nennt in diesem Zusammenhang
den Zugriff auf die Daten als Vorteil: „Denn mit der digitalen Patientenakte stehen
allen mit dem Patienten befassten Mitarbeitern alle medizinisch relevanten Daten
online, zu jedem Zeitpunkt, an jedem Arbeitsplatz zur Verfügung.“
Digitale Laborwerte, Anamnesen, Medikationen, Verlaufs- und
Wunddokumentationen sowie Aufnahmen aus bildgebenden Verfahren wie MRT und
Ultraschall sind jederzeit mobil einsehbar. „Auf einen Blick erkennen die Mitarbeiter,
welche Leistung in welchem Umfang bereits in Auftrag gegeben, erledigt oder
ausgewertet wurde“, berichtet der Projektleiter. Das erleichtert Teambesprechungen,
ärztliche Abstimmungen und auch die Information von Patienten und Angehörigen, da alle Daten umfassend und auf dem aktuellen Stand vorliegen. Und: „Wir können
so die Kontaktzeit zwischen Pflegepersonal und Patient erhöhen.“
Das ist auch der große Vorteil,
den die Leute aus der Praxis
sehen und auf den sie sich
freuen.
„Die
Dokumentationsaufgaben sind
immer mehr geworden“, sagt
Alexandra Kliese. Sie ist stolz,
dass sie bei ihren zwei Teams
kaum Überzeugungsarbeit
leisten musste. „Alle sind
begeistert und haben die
Vorzüge erkannt“, berichtet
die pflegerische Leiterin.
Akten müssen nicht mehr
gesucht werden, alle Angaben
sind präzise und eindeutig und
selbst eine Art Erinnerungsfunktion hilft, gewisse Schritte auf den Punkt genau zu
erledigen. Im Grunde kann man die ePa mit einem „Patienten-Tagebuch“
vergleichen. Alle Daten sind zentral an einer Stelle zusammengefasst, alles ist
dokumentiert von der Dosierung der verabreichten Medikamente, über die
Pflegedokumentation bis hin zu durchgeführten und anstehenden Untersuchungen.
Für Alexandra Kliese und ihr Team ist es nun eine spannende Zeit, die schon
Wochen vor dem Einführungstag begonnen hat. „Die Vorbereitung auf ein solches
Projekt ist schon sehr aufwendig“, sagt sie. Schließlich mussten einerseits die
technischen Parameter wie W-Lan-Empfang auch in der letzten Ecke geklärt werden.
Entsprechende Technik wie Tablets, Laptops und mobile Visitenwagen musste
beschafft werden. Andererseits mussten die Mitarbeiter*innen entsprechend geschult
und vorbereitet werden. „Der Umgang mit dem neuen Medium musste geübt
werden“, erklärt Alexandra Kliese. Von ihren fast 40 Pflegekräften der beiden
Pilotstationen hat jede einen ganzen Tag Schulung erhalten. „Das muss man im
Dienstplan erst einmal abbilden können“, nennt sie eine Herausforderung. Rund ein Jahr hat die Vorarbeit gedauert. Allein in die Software sind 270.000 Euro
investiert worden. Nun ist es geschafft: Die ePa wird auf der B 3.1 und B 3.2 genutzt.
2021 soll sie auf weitere Stationen ausgeweitet werden, bis am Ende das gesamte
Klinikum Magdeburg mit der digitalen Patientenakte arbeitet.
Fotos © Klinikum Magdeburg / Kathleen Radunsky-Neumann
Titelfoto: Alexandra Kliese (links), pflegerische Leiterin, und
Schwester Katrin mit den Papier-Patientenakten.
Foto 2: Philipp Wegner (rechts) ist gelernter Pfleger und leitet
im Rahmen der Einführung der digitalen Patientenakte
seine Kollegen an. Hier unterstützt er Schwester Birgit,
die bei Patient Klaus-Dieter Runge den Blutdruck
misst.