August 2019. Die Menschen im Osten Deutschlands beurteilen ihre
Gesundheitsversorgung vor Ort schlechter als die Einwohner der meisten
westlichen Bundesländer. Das geht aus einer repräsentativen Meinungsumfrage des
Gesundheitsmonitors des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH)
hervor.
Mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in
Brandenburg, Sachsen und Thüringen im September und Oktober geben die
Ergebnisse der Befragung, die von The Nielsen Company im Auftrag des BAH unter
2.000 Bundesbürgern durchgeführt wurde, Grund zur Sorge.
Vier ostdeutsche Bundesländer bilden die Schlusslichter:
Weniger als jeder Zweite schätzt in Brandenburg (45 Prozent),
Mecklenburg-Vorpommern (46 Prozent), Sachsen-Anhalt (48 Prozent) und Sachsen
(49 Prozent) die Gesundheitsversorgung an seinem Wohnort mit der Schulnote 1
oder 2 ein. Thüringen kommt zwar auf 53 Prozent, ist damit aber auch in der
unteren Hälfte des Bundesländerrankings zu finden. Zum Vergleich: In Bayern
beurteilen 66 Prozent der Befragten die Gesundheitsversorgung vor Ort als gut
oder sehr gut. Der deutschlandweite Durchschnitt liegt bei 60 Prozent.
Ein weiteres Ergebnis der BAH-Befragung verstärkt den
Eindruck, dass sich die Bewohner der neuen Bundesländer abgehängt fühlen: Sie
beurteilen die eigene Situation vor Ort schlechter als die Versorgungssituation
in Deutschland insgesamt. So geben 37 Prozent der Befragten in Sachsen dem
deutschen Gesundheitswesen die Note 1 oder 2. Das ist höher als der bundesweite
Durchschnitt (36 Prozent).
Ähnliches gilt für die Zukunft der Gesundheitsversorgung:
Diese beurteilen die Befragten in den östlichen Bundesländern meist für
Gesamtdeutschland positiver als für den eigenen Wohnort. So rechnen 41 Prozent
der Brandenburger mit einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung vor Ort.
Doch nur 36 Prozent der Brandenburger prognostizieren eine Verschlechterung
deutschlandweit.
Die ostdeutschen Bundesländer sind größtenteils ländlich
geprägt – so gibt es dort nur sieben Städte, die mehr als 200.000 Einwohner
haben. Die Befragung des BAH-Gesundheitsmonitors hat ergeben, dass ein
Zusammenhang zwischen der Ortsgröße und der Bewertung der Gesundheitsversorgung
vor Ort besteht: je größer der Wohnort, desto höher die Zufriedenheit mit der
Versorgung. In Dörfern und Städten mit bis zu 20.000 Einwohnern schätzen 51
Prozent der Befragten die Situation als gut oder sehr gut ein. In Städten mit
einer Einwohnerzahl zwischen 20.000 und 200.000 Einwohnern sind es bereits 59
Prozent, in Städten mit über 200.0000 Einwohnern sogar 66.
Diese Unterschiede zwischen den Ortsgrößen zeigt auch der
aus speziell ausgewählten Antworten gebildete und zum ersten Mal erhobene
Versorgungsindex. Er ist eine Art Gesamtergebnis, wie die Bundesbürger ihre
Versorgungssituation einschätzen, und kann im besten Fall 100 betragen. Deutschlandweit
liegt der Index derzeit bei 71. In Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern ist
er überdurchschnittlich hoch (72), in Städten mit einer Einwohnerzahl zwischen
20.000 und 200.000 (70) und in kleineren Orten mit bis zu 20.000 Bürgern (67)
liegt er unter dem Durchschnitt.
„Diese Ergebnisse sind ein Alarmsignal für Politik und
Gesellschaft und bestätigen, was auch andere Befragungen und Statistiken schon
ergeben haben: Die Gesundheitsversorgung ist vor allem in den ländlichen
Regionen unterdurchschnittlich, und das betrifft insbesondere die ostdeutschen
Bundesländer“, so Dr. Hubertus Cranz, Hauptgeschäftsführer des BAH. „Die
Gesundheitsversorgung vor Ort leistet einen enormen Beitrag zum allgemeinen
Wohlbefinden der Bevölkerung. Sie muss in strukturschwachen Regionen konsequent
gefördert werden, um den Menschen dort einen niedrigschwelligen Zugang zu
Ärzten, Fachärzten, Krankenhäusern und Apotheken zu geben.“
In strukturschwachen Regionen könnte gerade die Apotheke
vor Ort an Bedeutung gewinnen. Der Apotheker kann vor allem Menschen mit
leichten Erkrankungen beraten und so die Hausärzte entlasten. Bereits heute ist
die Selbstmedikation mit Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten, insbesondere
in Verbindung mit der persönlichen fachlichen Beratung in der Apotheke, ein
zentraler Baustein in der Gesundheitsversorgung der Menschen. Zudem ist die
Apotheke die Gesundheitseinrichtung, die sich laut Gesundheitsmonitor am
nächsten zum Wohnort befindet: Sie ist im Schnitt 2,9 Kilometer entfernt.
Einen Lichtblick gibt es immerhin: Viele Menschen in
Ostdeutschland beurteilen die Abstimmung zwischen Vor- und Nachbehandlern –
also etwa Hausarzt und Facharzt oder Krankenhaus und Rehaklinik – bei der
Gesundheitsversorgung recht positiv. So fanden 64 Prozent der Befragten in
Sachsen die Zusammenarbeit aller Beteiligten gut oder sehr gut. In
Sachsen-Anhalt sind es 57, in Thüringen 56 Prozent. Der bundesweite
Durchschnitt beträgt hier 53 Prozent. Basis waren hierbei 1.000 Befragte, also
diejenigen, die eine solche Art der Versorgung in Anspruch genommen hatten.
„Eine gute Zusammenarbeit vor Ort kann viel Negatives
wettmachen“, sagt Cranz. „Ärzte und Apotheker können in diesem Zusammenhang das
Gefühl von Sicherheit geben. So könnten sich Apotheken zu lokalen
Gesundheitskompetenz- und Gesundheitskommunikationszentren entwickeln. Diese
Zentren bieten dann Orientierung in einer immer komplexer werdenden
Gesundheitswelt und übernehmen eine Lotsenfunktion.“
Text / Grafik: Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V.