Sonntag, den 14. Juli 2019
Mein Kind, dein Kind, unser Kind?
Für homosexuelle Paare oder Paare mit unerfülltem Kinderwunsch bietet die
moderne Fortpflanzungsmedizin mit Samen-, Eizell- und Embryonenspende
eine Vielzahl an Möglichkeiten. Was medizinisch möglich ist, ist aber nicht
immer rechtlich umsetzbar.
Eizellspende und Leihmutterschaft in Deutschland verboten
Der Bundesgerichtshof hatte jüngst einen Fall zu entscheiden, in dem eine
ukrainische Leihmutter für ein deutsches Paar nach Samen- und Eizellspende ein
Kind ausgetragen hat (BGH, Beschl. v. 20.03.2019 – XII ZB 530/17). Das deutsche
Paar wurde nach der Geburt beim Standesamt in Kiew als Eltern registriert. Nach der
Geburt wurde das Kind nach Deutschland an seinen zukünftigen gewöhnlichen
Aufenthaltsort gebracht. „In Deutschland sind Eizellspende und Leihmutterschaft
verboten. Mutter eines Kindes ist nach deutschem Recht zwingend die Frau, die das
Kind geboren hat“, erklärt Dr. Fanny Wehrstedt, Geschäftsführerin der Notarkammer
Sachsen-Anhalt. Der Bundesgerichtshof entschied daher, dass die ukrainische
Leihmutter anstelle der deutschen genetischen Mutter im deutschen
Geburtenregister als Mutter einzutragen war. Dem deutschen Paar verblieb zur
Erlangung der Elternschaft nur die Adoption.
Rechtliche Unsicherheiten auch bei der Samenspende
Doch auch bei einer in Deutschland erlaubten Samenspende sind die Rechtsfolgen
je nach Konstellation der Beteiligten unterschiedlich und entsprechen nicht immer
ihren Vorstellungen: Ist die Mutter zur Zeit der Geburt verheiratet, ist ihr Ehemann automatisch rechtlicher Vater des Kindes. „Nach dem geltenden Abstammungsrecht
gilt dies jedoch nicht, wenn die Mutter mit einer Frau verheiratet ist“, warnt Wehrstedt
und ergänzt: „Die Ehefrau der Mutter muss das Kind adoptieren, um rechtlich
ebenfalls Elternteil zu werden.“ Der Samenspender wird in der Regel ein Interesse
daran haben, nicht nachträglich als Vater des Kindes, z.B. auf Unterhalt, in Anspruch
genommen zu werden. Dennoch hat jedes Kind ein Recht auf Kenntnis der eigenen
Abstammung. Der Gesetzgeber hat zum Ausgleich dieser Interessen ein
Samenspenderregister errichtet und die Einzelheiten des Auskunftsverfahrens
gesetzlich festgelegt.
Rechtliche Beratung einholen
Die Beispiele zeigen die Komplexität des Abstammungsrechts. Das
Bundesjustizministerium arbeitet bereits seit längerem an einer Gesetzesreform und
hat im März 2019 einen ersten Diskussionsentwurf vorgelegt, um das Recht an die
Lebenswirklichkeit und modernen Familienformen anzupassen. Betroffene sollten
sich auf diesem komplexen Gebiet stets rechtlich beraten lassen, um das
gewünschte Ergebnis – die rechtliche Elternschaft für das Kind – zu erreichen.