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Notarkammer Sachsen-Anhalt: Warum erbt Helmut Kohls Witwe allein?

Thema: Pflichtteilsverzicht

Maike Kohl-Richter, Witwe von Altkanzler Helmut Kohl, soll dessen Alleinerbin
sein. Doch was ist mit seinen beiden Söhnen, Walter und Peter, die Helmut
Kohl mit seiner verstorbenen Ehefrau Hannelore Kohl hatte? Warum erben die
nichts? Haben sie nicht wenigstens einen Pflichtteilsanspruch?

„Nach der gesetzlichen Erbfolge wären die Ehefrau und die Kinder Helmut Kohls zu
Erben berufen“, erklärt Dr. Fanny Wehrstedt, Geschäftsführerin der Notarkammer
Sachsen-Anhalt. Doch mit einem Testament kann man von der gesetzlichen Erbfolge
abweichen und frei über seine Erbfolge bestimmen. Dabei ist aber eine wichtige
Einschränkung zu beachten: Den Ehegatten und Abkömmlingen, manchmal sogar
den Eltern, steht ein sogenannter Pflichtteil zu. Zu den Abkömmlingen zählen die
Kinder, aber auch Enkelkinder. Andere Personen hingegen haben keine
Pflichtteilsansprüche.

Der Pflichtteilsberechtigte wird kein Erbe. Pflichtteil bedeutet lediglich, dass der
Berechtigte vom tatsächlichen Erben einen Anteil in Geld verlangen kann. Einen
Anspruch auf bestimmte Gegenstände aus dem Nachlass, wie zum Beispiel ein
Gemälde, Schmuck oder das Auto, hat er nicht.

Um den Pflichtteil auszuschließen und somit jede Teilhabe am Nachlass zu
verhindern, gibt es nur wenige Möglichkeiten. Familie Kohl macht es vor: Die Söhne
sollen nach Medienberichten einen Pflichtteilsverzicht mit ihrem Vater vereinbart
haben. Für die Unterzeichnung der Vereinbarung soll ein hoher Geldbetrag gezahlt
worden sein.

„Eine solche Vereinbarung, Pflichtteilsverzicht genannt, kann grundsätzlich jeder mit
seinen Kindern vereinbaren. Wichtig ist allerdings, dass eine solche Vereinbarung
vor einem Notar geschlossen wird“, gibt Wehrstedt zu beachten. Sonst gilt der
Verzicht nicht, und Pflichtteilsberechtigte können doch Zahlungsansprüche erheben.
Häufig werden Pflichtteilsverzichte im Zusammenhang mit
Grundstücksübertragungen auf die nächste Generation erklärt. Dabei ist
insbesondere Vorsicht geboten, wenn unter Geschwistern als Ausgleich für
Pflichtteilsverzichte nach einem noch lebenden Elternteil Abfindungen gezahlt
werden. Nach neuer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom
10.05.2017 – II R 25/15) werden solche Ausgleichszahlungen als steuerpflichtige
Schenkung unter Geschwistern eingestuft. Damit gelten die ungünstigere
Steuerklasse II und ein Freibetrag von 20.000 Euro.

Der Notar berät bereits im Vorfeld über Gestaltungsmöglichkeiten und deren
Grenzen. Und dann kann, wie im Fall des Altkanzlers Kohl, bereits zu Lebzeiten alles
geregelt sein.