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Lippmann Thomas Linke   Linke

Magdeburg-News: Lippmann (Linke) für bundesweite Ausbildungsoffensive aller Bundesländer



veröffentlicht am Sonntag, 30. April 2023

Magdeburg. Thomas Lippmann (Foto), stellvertretender Fraktionsvorsitzender und bildungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, betont in der Landtagsdebatte um ein Bildungsforum und den Staatsvertrag zur Lehramtsausbildung:

„In ganz Deutschland wurde in den letzten 25 Jahren eine Entwicklung zugelassen, die zu einem bisher nicht dagewesenen Mangel an ausgebildeten Lehrkräften in allen Bundesländern geführt hat. Mangelhafte Bildung gefährdet die Lebensperspektiven ganzer Generationen und schwächt die ökonomische Basis unserer Wirtschaftsordnung. Bundesweit fehlen mehrere zehntausend Lehrkräfte. Diese Lücke ist entstanden, weil seit Jahren nahezu alle Bundesländer weniger Lehrkräfte im eigenen Land ausbilden als sie anschließend in ihren Schuldienst einstellen wollen. Die Folge ist ein ruinöser Wettbewerb, der inzwischen nur noch Verlierer kennt, weil die Decke schon lange überall zu kurz ist.

Jahrelang haben wir die Verbeamtung als Wettbewerbsvorteil gegenüber den Nachbarländern genutzt. Doch die haben auf diese Abwerbestrategie reagiert und sind auch zu den teuren Verbeamtungen zurückgekehrt. Der Gewinn an Lehrkräften, die andere Länder für uns ausgebildet haben, geht deshalb stark zurück. Der Föderalismus und die Kultusministerkonferenz versagen in der Frage der Bedarfs- und Ausbildungsplanung für den Lehrkräftenachwuchs komplett. Um aus der Abwärtsspirale in der Lehrkräfteversorgung wieder rauszukommen, muss jedes Land für sich selbst schlicht so viele Lehrkräfte ausbilden, wie es selbst braucht.

Unsere Landesregierung hatte zum Jahresbeginn behauptet, dass wir ein Einstellungsdefizit von etwa 850 Stellen hätten. Aber das war natürlich Unsinn. Denn diese unbesetzten Stellen ergaben sich nur aus der Differenz zum Haushalt und nicht zu dem, was für ein zukunftsfähiges Bildungsangebot wirklich gebraucht würde. Tatsächlich fehlen uns derzeit an den allgemeinbildenden Schulen mehr als 2.000 Lehrkräfte. Dabei haben die Verwerfungen zwischen den Schulformen und den Regionen ständig zugenommen. Die Sekundar- und Gemeinschaftsschulen wurden abgehängt und der Niedergang der Schulbildung verläuft im Norden und Osten des Landes schneller als im Süden und Westen. Aus Hilflosigkeit wird ja gern orakelt, dass zu wenige junge Menschen den Beruf ergreifen wollen, weil der nicht attraktiv wäre. Das ist aber ebenfalls Unsinn. Es gäbe genügend junge Menschen, die bei uns ein Lehramtsstudium aufnehmen wollen, man muss sie nur lassen. Unattraktiv ist lediglich das Lehramt an Sekundarschulen, dafür gibt es in der Tat in den meisten Fächern viel zu wenige Bewerbungen.

Es gäbe also schon lange die Möglichkeit, die Lehramtsausbildung an der Otto von Guericke-Universität bedarfsorientiert auszubauen und auch in Halle die Plätze viel besser auszulasten. Doch das wird durch die Landesregierung und die Koalition weiter blockiert. Darüber hinaus arbeiten in unseren Schulen inzwischen weit über 1.000 Lehrkräfte im Seiteneinstieg. Doch ein Drittel dieser Lehrkräfte scheidet nach kurzer Zeit wieder aus dem Schuldienst aus – ein viel zu großer Verlust.

Wegkaufen ist immer noch billiger als selbst auszubilden. Selbst 16.000 Euro für einen Headhunterfang sind da ein Schnäppchen, wie uns die Bildungsministerin schon mehrfach versichert hat. Nur, das wissen und denken eben alle. Wenn es also nicht gelingt, mit allen Ländern gemeinsam und verbindlich eine verlässliche und objektive Grundlage für die Bedarfs- und Ausbildungsplanung zu schaffen und deren Umsetzung auch verbindlich zu überprüfen, dann wird alles so weiterlaufen, wie bisher. Die Kultusministerkonferenz ist zu einer grundlegenden Kurskorrektur nicht in der Lage. Das kann nur im Rahmen eines Staatsvertrages erfolgen. Denn es geht dabei vor allem darum, die notwendigen Mittel für die Ausbildung aufzubringen und die Länder nach ihrer Leistungsfähigkeit dabei zu unterstützen.

Den Dialog dazu zum Jahresbeginn mit einer Vielzahl von Akteuren zu beginnen, war richtig. Ihn fortzusetzen und dabei für andere Rahmenbedingungen zu sorgen, ist das Gebot der Stunde. Es gibt Erklärungen und Appelle, es gibt Weckrufe und Brandbriefe, es gibt Masterpläne und Positionspapiere, die nicht nur Kritik an den Zuständen und Sorge um die künftige Entwicklung zum Ausdruck bringen, sondern auch das Engagement vermitteln, durch eine gemeinsame Anstrengung und innovative Ideen das auf Grund gelaufene Schiff Schulbildung wieder flott zu bekommen. Dafür muss ein geeigneter Rahmen geschaffen werden, der bewusst an die positiven Erfahrungen mit dem Bildungskonvent anknüpft. Lassen sie uns gemeinsam mit anderen gesellschaftlichen Akteuren hier im Land und im Schulterschluss mit den anderen Bundesländern Verantwortung übernehmen und Verantwortung teilen und konstruktiv an der Überwindung dieser Schulkrise arbeiten.“


Text & Foto: DIE LINKE. Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt