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TV-Tipp-News: Liebe • 3sat • ab 23.10 Uhr • Oscar-prämiertes Kammerspiel

23. März 2022

Anne und ihr Mann Georges, beide über 80, leben seit Jahrzehnten in einer Pariser Altbauwohnung, die wie sie selbst Patina angesetzt hat. Am Morgen nach einem Konzertbesuch, bei dem die frühere Klavierlehrerin ihrem berühmt gewordenen Schüler Alexandre lauschte, fällt Anne vorübergehend in eine merkwürdige Starre. Nach einem Schlaganfall und einer fehlgeschlagenen Operation ist sie halbseitig gelähmt und sitzt im Rollstuhl.

Georges, selbst schon ziemlich gebrechlich, wäscht seiner Frau die Haare, bringt sie zur Toilette und führt auch die Krankengymnastik selbst durch. Ihre Tochter Eva fordert mehr "professionelle Hilfe", doch George hat Anne fest versprochen, dass er ihr Krankenhaus und Pflegeheim erspart. Nach seiner Rückkehr von einer Beerdigung kauert sie vor einem geöffneten Fenster im Flur - wollte sie sich das Leben nehmen?

Eines Morgens ist Annes Bett nass, die Inkontinenz ist Folge eines zweiten Schlaganfalls, der ihr die Sprache geraubt hat. Anne wird störrisch, will nicht mehr gefüttert werden und wiederholt stundenlang nur noch ein einziges Wort: "Hilfe". Das habe nichts zu bedeuten, meint die Krankenschwester, doch Georges beginnt zu verstehen, dass der Hilferuf seiner Frau sehr wohl eine Bedeutung hat. Sie braucht ihn jetzt dringender als je zuvor.

Nach seinem Erfolg mit "Das weiße Band" greift Michael Haneke in dem Oscar-prämierten Kammerspiel "Liebe" mit nie gesehener Souveränität schwierige Themen wie Altern, Verlust an Selbstbestimmung und Sterbehilfe auf. Ohne Sentimentalität und Musikuntermalung beobachtet der Autorenfilmer Szenen des häuslichen Pflegealltags, vermeidet dabei entwürdigenden Voyeurismus. Die über 80 Jahre alten Hauptdarsteller Jean-Louis Trintignant und Emmanuelle Riva geben ihren Rollen eine erschütternde Authentizität. Die Schluss-Szene, in der George und Anne ihre Wohnung "gemeinsam" verlassen, beeindruckt als poetische Darstellung einer Liebe, die über den Tod hinaus Bestand hat.


Text / Foto: ARD