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Bundesrat: Kohleausstieg muss sozialverträglich sein

Plenarsitzung des Bundesrates am 13.03.2020

Der Bundesrat sieht Änderungsbedarf am Gesetzentwurf zum Kohleausstieg, der das Ende der Kohleverstromung in Deutschland bis zum Jahr 2038 regeln soll. Ausdrücklich betont er in seiner am 13. März 2020 beschlossenen Stellungnahme, dass die Stilllegung der Kohlewerke sozialverträglich sein muss.

Anpassungsgeld erweitern

Der Anspruch auf Anpassungsgeld zur Entschädigung älterer Beschäftigter im Tagebau oder in Kohlekraftwerk sollte deshalb nach Ansicht der Länder erweitert werden: Die Unterstützung müsse beispielsweise auch denjenigen zu Gute kommen, die in der Verwaltung betroffener Unternehmen gearbeitet haben. Außerdem sollten nicht Anpassungsgeld-fähige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Weiterqualifizierung und Umschulung erhalten. Sicherzustellen sei auch, dass die sozialen und ökonomischen Standards aller Beschäftigten in der Steinkohlewirtschaft umfassend und in jeder Phase des Ausstiegsprozesses abgesichert sind.

Bei Strompreisentlastung nachbessern

Außerdem warnt der Bundesrat vor zusätzlichen Belastungen der Stromverbraucher: Diese seien unbedingt zu vermeiden. An die Bundesregierung appelliert er, die beabsichtigten Regelungen zur Strompreisentlastung nachzubessern. Dabei solle sie verbindlich festlegen, wann und in welcher Höhe es zu Strompreisentlastungen kommt.

Förderstopp in der Solarbranche beheben

Deutlich heben die Länder hervor, dass der Kohleausstieg zwingend mit dem Ausbau erneuerbaren Energien einhergehen muss. Dringend erforderlich sei es deshalb, die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Solarbranche zu verbessern. Hierzu gehöre in jedem Fall, den 52-GW-Deckel abzuschaffen. Dafür hatten sie sich bereits im vergangenen Jahr ausgesprochen (siehe BR-Drs, 426/19 (B)).

Mehr Anreize zur Umrüstung von KWK-Anlagen

Für ebenfalls noch nicht ausreichend hält der Bundesrat die beabsichtigte Weiterentwicklung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes. Der Ausbau hocheffizienter KWK müsse gezielt und ambitioniert vorangetrieben werden. Seiner Ansicht nach ist das Gesetz hierfür umfassend zu novellieren. Dabei seien insbesondere auch industrielle KWK über Förderinstrumente zu berücksichtigen.

Auch Wasserstoff und Biogas fördern

Außerdem fordern die Länder, bei der Förderung innovativer erneuerbarer Wärme auch Wasserstoff und Biogas einzubeziehen. Gerade für den Neubau effizienter und klimafreundlicher KWK brauche es noch weitere Anreize, um den Ausbau zu verwirklichen. Weiter regen sie an, den so genannten Kohleersatzbonus so auszugestalten, dass er einen wirksamen Anreiz für die Umrüstung von KWK-Anlagen auf Gas statt Kohlestrom bietet.

Umrüstung auf alternative Energieträger

Zudem unterstreichen die Länder, dass sie von der Bundesregierung tragfähige Rahmenbedingungen zur Umrüstung kohlebetriebener Industrie-KWK-Anlagen auf alternative Energieträger erwarten.

Was die Bundesregierung plant

Der Entwurf zum Kohleausstieg definiert die Zwischenziele bis zum vollständigen Ausstieg. Danach soll der Anteil der Kohleverstromung durch Steinkohle- und Braunkohlekraftwerke bis zum Jahr 2022 auf jeweils 15 Gigawatt reduziert werden. Bis 2030 folgen weitere Reduktionen: Auf rund acht Gigawatt-Leistung bei der Steinkohle und neun Gigawatt-Leistung bei der Braunkohle. Die Verringerung soll kontinuierlich erfolgen: In Jahren, in denen weniger Braunkohlewerke vom Netz gehen, sind mehr Steinkohlewerke stillzulegen.

Konkreter Zeitpunkt für Braunkohlewerke

Das Abschalten der jeweiligen Braunkohlekraftwerke erfolgt zu konkreten Zeitpunkten über vertragliche Vereinbarungen mit den Betreibern. Sie erhalten Entschädigungen: Für Braunkohleanlagen im Rheinland stehen insgesamt 2,6 Milliarden Euro und für solche in der Lausitz 1,75 Milliarden Euro zur Verfügung.

Das Ende der Steinkohle: Je früher desto besser

Steinkohlekraftwerke sollen bis 2026 über Ausschreibungsverfahren stillgelegt werden. Je früher die einzelnen Werke abgeschaltet werden, desto höher soll die Entschädigung der Betreiber ausfallen. Wird der Ausstiegspfad bis 2024 nicht erreicht, dann erfolgt die Stilllegung per Gesetz. Gleiches gilt für das Abschalten von Kraftwerken ab 2027. Entschädigungen gibt es dann nicht mehr.

Entschädigung für ältere Beschäftigte

Beschäftige im Tagebau oder in einem Kohlekraftwerk erhalten nach dem Regierungsentwurf ein Anpassungsgeld, wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren und mindestens 58 Jahre alt sind. Die Auszahlung läuft bis zum Eintritt in die Rente, längstens über fünf Jahre. Beschäftigte, die vorzeitig in Rente gehen, können einen Ausgleich für Rentenabschläge erhalten.

Kompensationen für Strompreisanstieg

Ebenfalls geregelt werden Kompensationen für den Anstieg von Strompreisen, der auf den Kohleausstieg zurückzuführen ist. Damit die dauerhafte und möglichst kostengünstige Energieversorgung sichergestellt bleibt, müssen die Auswirkungen des Kohleausstiegs laut Gesetzentwurf regelmäßig überprüft werden.

Zertifikate sind zu löschen

Weitere Bestimmungen betreffen Emissionszertifikate, die durch das Stilllegen von Kraftwerken frei werden: Sie sind zu löschen. Dadurch soll die Kohlemaßnahme auch europäisch eine positive Wirkung entfalten.

Weiterentwicklung der Kraft-Wärme-Kopplung

Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf eine Verlängerung und Weiterentwicklung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes vor. Kraftwerksbetreiber sollen Anreize bekommen, von Kohle auf flexible und klimafreundlichere Stromerzeugung umzurüsten. Hierfür wird der Kohleersatzbonus für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf Kohlebasis umgestaltet und erhöht.

Nächste Stationen: Bundesregierung, Bundestag

Die Stellungnahme wurde der Bundesregierung zugeleitet, die in den nächsten Wochen dazu eine Gegenäußerung verfasst und dann dem Bundestag vorlegt. Dort wurde der Gesetzentwurf bereits am 6. März 2020 in erster Lesung beraten.