Foto: Ministerpräsident Michael Kretschmer
Dresden/Potsdam (dts Nachrichtenagentur) -
Angesichts des organisierten Andrangs von Flüchtlingen, die seit Wochen aus
Weißrussland über Polen nach Deutschland kommen, fordern Sachsens
Ministerpräsident Michael Kretschmer und Brandenburgs Innenminister Michael
Stübgen (beide CDU) eine Reaktion von Bundesregierung und EU.
Das berichtet die "Frankfurter
Allgemeine Zeitung". Die Bundesregierung müsse Solidarität mit Polen
zeigen, dem Minsker Machthaber Lukaschenko klar entgegentreten und sich in
Moskau dafür starkmachen, die Aktion zu stoppen. Kretschmer bekräftigte seine
Forderung, die EU-Außengrenze zu Weißrussland zu befestigen.
"Wenn wir in der EU keine
Grenzkontrollen haben wollen, müssen wir die Außengrenzen sichern", sagte
er der FAZ. Das sei im Interesse der EU wie auch der Menschen in Weißrussland,
die den Konflikt genau beobachteten und darauf hofften, dass die EU ihn
gewinne. "Wir müssen Lukaschenko das Handwerk legen." Die EU dürfe
nicht einknicken.
Polen, Lettland und Litauen seien gewillt,
die Lage unter Kontrolle zu bekommen. "Sie brauchen deshalb unseren
Rückhalt", so Kretschmer. Es handele sich um Befestigungen, wie sie
zwischen Spanien und Marokko im Süden der EU üblich seien.
EU-Kommission und Europaparlament wollen
allerdings kein Geld für Zäune und Grenzbefestigungen bereitstellen. Kretschmer
versicherte, Asylbewerber würden anständig behandelt, plädierte aber für eine
schnelle Rückführung der Menschen in ihre Herkunftsländer.
Einen Winterabschiebestopp dürfe es nicht
geben.
Zugleich wehrte er sich gegen
"haltlose DDR-Vergleiche", mit denen Kritiker auf seine Forderung
nach Mauern reagiert hatten. "Ich bin selber in der DDR groß geworden und
kann sehr wohl zwischen der Lage damals und heute unterscheiden."
Brandenburgs Innenminister forderte Außenminister Heiko Maas (SPD) auf,
direkten Kontakt mit Moskau aufzunehmen, "um die Sache zu stoppen".
Zudem sollten betroffene Fluggesellschaften wegen der Unterstützung der
staatlich organisierten Schlepperstrategie mit EU-weiten Landeverboten belegt
werden. Er gehe davon aus, dass sie "nicht alleine in Minsk, sondern
gemeinsam mit dem Kreml ausgetüftelt wurde", sagte Stübgen der FAZ.
Der Vorgang sei "Teil einer hybriden
Kriegsführung" Moskaus mit dem Ziel, die EU zu destabilisieren. Es sei
"kein Zufall, dass dieser Migrantenstrom aufwächst in einer Zeit, in der
nur noch eine geschäftsführende Bundesregierung im Amt ist und die neue erst
gebildet wird". Ziel sei es, dass "unsere Partnerschaft mit Polen,
Litauen und Lettland gestört wird". Denn diese Länder trügen die Hauptlast
mit dem Ansturm an ihren Grenzen. Zudem solle die europäische Freizügigkeit
attackiert werden. Außerdem setze Moskau darauf, "dass die
Flüchtlingsbewegung heftige politische Auseinandersetzungen in Deutschland
auslöst, wie es schon 2015 und 2016 der Fall war", sagte Stübgen.
Die Flüchtlinge berichteten, dass sie nach
der Landung in Minsk direkt mit Lkws und Bussen an die Östliche Grenze von
Weißrussland gebracht würden. Sie müssten für die Schleusung zwischen 5.000 und
mehr als 10.000 Euro zahlen. Dass Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sich
vorbehalte, Grenzkontrollen einzuführen, wenn der Zustrom so bleibt,
befürwortet Stübgen. "Aber ich bin gegen eine Grenzschließung." Als
vor anderthalb Jahren Polen kurzfristig seine Grenze wegen der Corona-Situation
geschlossen habe, habe es in Brandenburg nach zehn Stunden mehr als 50
Kilometer Lkw-Stau gegeben. "Im ganzen Bereich von Pflege, Gesundheit und
Logistik fehlten schlagartig die Arbeitnehmer aus Polen in den kleinen und
mittelständischen Unternehmen. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen wären
also erheblich."
Text / Foto: dts Nachrichtenagentur