Foto: Dr. Henriette Rudolph, 2. Vorsitzende der Deutschen
Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie
Experten-Podcast "Klartext Corona" der Apotheken
Umschau: Expertin Dr. Henriette Rudolph rät vom Off-Label-Use ab
Baierbrunn (ots). Die Europäische Arzneimittelbehörde hat
entschieden, den Impfstoff von Biontech Pfizer auch in Europa für Kinder ab
fünf Jahren zuzulassen, die Stiko könnte bald nachziehen. Kurz vor Weihnachten
sollen die ersten Impfdosen bereitstehen. Viele Eltern fragen sich: Sollen wir
unser Kind impfen lassen? In der aktuellen Folge des Experten-Podcasts der
Apotheken Umschau "Klartext Corona" fragt Moderator Peter Glück bei
Dr. Henriette Rudolph, 2. Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für
Pädiatrische Infektiologie nach, wie die Faktenlage ist.
Die Verunsicherung ist groß, und wahrscheinlich ist es bei
vielen Eltern derzeit die drängendste Frage überhaupt: Sollen wir unser Kind
impfen lassen? Bringt die Erkrankung mehr Risiken mit sich - oder die Impfung?
Dr. Henriette Rudolph, 2. Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für
Pädiatrische Infektiologie, ordnet den aktuellen Stand der Forschung ein:
Auf der einen Seite besteht das Risiko, an Covid zu erkranken.
Doch wie schlimm ist die Infektion für jüngere Kinder überhaupt? "Bei
einem Kind dieser Altersgruppe komplett ohne Vorerkrankungen liegt das Risiko
aktuell bei 1:10.000, dass es, wenn es an Covid erkrankt, im Krankenhaus
behandelt werden muss", sagt die Ärztin. Der Großteil sei nach kurzer Zeit
beschwerdefrei, grundsätzlich würden mehr Beschwerden auftreten, je älter die
Kinder sind.
Für Long Covid gebe es bei Kindern noch keine exakte Definition,
das Thema sei bei Kindern schwierig zu erfassen. Denn: Die Symptome, wie etwa
starke Müdigkeit, könnten auch eine Ursache des langen Lockdowns sein, sagt die
Ärztin. Weitere Sorge vieler Eltern ist das PIMS-Syndrom als mögliche Folge
einer Corona-Erkrankung bei Kindern. Seit Beginn der Pandemie habe es bis jetzt
468 solcher Fälle in Deutschland gegeben, so Dr. Rudolph, 6,4 Prozent davon
hatten Folgeschäden. Grundsätzlich sei die Krankheit gut behandelbar, wenn man
sie rechtzeitig feststellt.
Dem gegenüber steht die Impfung. Doch welche Risiken birgt sie
für Kinder von fünf bis elf Jahren? Dr. Rudolph erklärt: Bei den knapp 4.000
Probanden in dieser Altersgruppe aus der Zulassungsbeantragung seien keine
schwerwiegenden Nebenwirkungen aufgetreten, abgesehen von Schmerzen an der
Einstichstelle, Fieber, Kopfschmerzen und Müdigkeit, diese aber deutlich
seltener als bei den 12- bis 16-Jährigen. Zu diesen Probanden kämen jetzt noch
die Daten von mehr als 2 Millionen Kindern aus den USA hinzu - auch bei ihnen
habe man bisher keine schwerwiegenden Nebenwirkungen feststellen können.
Was eine mögliche Herzmuskelentzündung durch die Impfung
betrifft, gibt es zu jüngeren Kindern noch wenig Daten, bislang sei davon noch
nicht berichtet worden. Diese treten - wenn überhaupt - meistens erst zwei bis
drei Wochen nach der zweiten Impfdosis auf. Dr. Rudolph: "Das Risiko ist
wahrscheinlich sehr sehr gering, aber ganz ausschließen kann man es im Moment
noch nicht." Was man weiß: "Die Covid-Infektion bringt auch ein
Risiko der Herzmuskelentzündung mit sich. Wenn man das Risiko von Menschen ohne
Infektion mit Menschen mit durchgemachter Infektion vergleicht, ist das Risiko
um 16-fach erhöht, eine Herzmuskelentzündung zu entwickeln. Auffällig hoch ist
dieses Risiko bei Personen unter 16 Jahren", so die Ärztin.
Vom sogenannten Off-Label-Use, dass der Erwachsenendosis also
ein Drittel der Menge entnommen und an Kinder verimpft wird, rät die Ärztin
eher ab. Denn: Der Impfstoff habe eine andere Formulierung, die Menge wäre
sonst so klein, dass die Gefahr der Unterdosierung besteht. "Man sollte
noch Geduld haben, bis der Kinderimpfstoff verfügbar ist."
Die vollständige "Klartext Corona"-Podcastfolge zur
Covid-Impfung für Kinder ab fünf Jahren gibt es hier: https://ots.de/syzraB
Text / Foto: Wort & Bild Verlag - news aktuell