Wird
es den Hausarzt, Frauenarzt, Orthopäden oder Hautarzt in
der Nähe demnächst noch geben? Das ist eine berechtigte Frage, wenn man sich
ansieht, wie viele Ärztinnen und Ärzte derzeit ihre Praxis abgeben wollen und
wie viele in eine Praxis einsteigen wollen.
„Auf
den Praxisbörsen der Kassenärztlichen Vereinigungen ergibt sich ein klares
Bild: Es gibt deutlich mehr Ärzte, die ihre Praxis zum Verkauf anbieten als Ärzte,
die eine Praxis suchen“, stellt Wieland Dietrich, Vorsitzender der Freien
Ärzteschaft, fest. „Hier zeigt sich die zunehmende Verschärfung des Ärztemangels: Viele
Praxisinhaber werden keinen Nachfolger finden und können ihre Praxis dann nur
noch schließen“, sagte Dietrich am Dienstag in Essen.
Diese
Entwicklung zeichnet sich deutschlandweit ab. In Niedersachsen, Bayern und
Hessen beispielsweise ist die Zahl der Bietenden etwa doppelt so hoch wie die
der Suchenden. Noch deutlicher fällt das Ungleichgewicht in Brandenburg aus:
Auf ein Gesuch kommen drei Angebote. Besonders dramatisch scheint es in
Nordrhein-Westfalen zu sein: Während ein Arzt eine Praxis sucht, wollen fast
vier Ärzte ihre Praxis abgeben. Rund die Hälfte der Ärzte, die ihre Praxis
aufgeben wollen, sind Hausärzte. Die andere Hälfte sind Fachärzte, wie etwa
Gynäkologen, Kinderärzte und Chirurgen, sowie Psychologische Psychotherapeuten.
„Für
die Bürger werden schon bald weitere Lücken in der medizinischen Betreuung
durch niedergelassene Ärzte spürbar sein“, sagt Dietrich. „Daran ändern auch
die leeren Versprechungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nichts.“
Denn Spahn trage mit seiner Gesetzgebung maßgeblich die Verantwortung dafür,
dass die Praxistätigkeit für Ärzte immer weiter an Attraktivität verliere:
Bürokratie, Überregulierung, Zwangsdigitalisierung mit Sanktionen, Regresse und
Honorarverfall machten vielen Ärzten ihre Tätigkeit zunehmend schwerer.
„Engagierte Ärzte“, betont der FÄ-Chef, „lassen sich so kaum noch finden. Die
massiven Eingriffe in die berufliche Autonomie und die realitätsfernen
Erwartungen von Politik und Krankenkassen schrecken Ärzte ab, eine Praxis zu
übernehmen.“
Text:
Freie Ärzteschaft e. V.