Düsseldorf, Dezember 2021 – Die Europäische
Arzneimittel-Agentur EMA hat den Alzheimer-Wirkstoff Aducanumab nicht in Europa
zugelassen. Damit wird der Wirkstoff mit dem Handelsnamen Aduhelm auch nicht in
Deutschland auf den Markt kommen. Die EMA begründet die Ablehnung des
Zulassungsantrages von Hersteller Biogen mit der nicht nachgewiesenen
Wirksamkeit und den teilweise schwerwiegenden Nebenwirkungen des Medikamentes,
wie zum Beispiel Hirnschwellungen.
In Studien konnte Biogen zwar belegen, dass Aducanumab wirksam die
alzheimerspezifischen Eiweiß-Ablagerungen aus Beta-Amyloid im Gehirn entfernt.
Ob damit aber die kognitiven Fähigkeiten der Patientinnen und Patienten
verbessert werden, konnte nicht nachgewiesen werden. Die EMA folgt damit der
Empfehlung eines externen Expert*innen-Gremiums, das sich bereits im November
gegen eine Zulassung in Europa ausgesprochen hatte.
In den USA wurde der Wirkstoff im Juni von der US-amerikanischen
Arzneimittelbehörde Food and Drug Administration (FDA) mit Auflagen zugelassen.
Die Entscheidung war wegen des fehlenden Wirksamkeitsnachweises höchst
umstritten. Die FDA hatte die Zulassung an die Auflage geknüpft, dass Biogen
begleitend die Wirksamkeit des Antikörpers mit einer weiteren Studie nachweist.
Die gemeinnützige Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI) begrüßt die
Entscheidung der EMA und fordert eine breitere Grundlagenforschung:
„Die EMA hat angesichts der aktuellen Studienlage eine richtige
Entscheidung getroffen. Die Ergebnisse der beiden bisherigen Phase 3-Studien
sind widersprüchlich und belegen nicht überzeugend, dass Aduhelm den
Betroffenen auch tatsächlich spürbar hilft. Es ist erfreulich, dass die EMA
nicht der Entscheidung aus den USA gefolgt ist und ein Medikament ohne
Wirksamkeitsnachweis zugelassen hat. Alzheimer-Patientinnen und -Patienten
brauchen verlässlich wirksame und sichere Medikamente, die nachweisbar ihre
Kognition und ihre Alltagsfähigkeiten verbessern.
Neben Aducanumab gibt es noch weitere Wirkstoffe, die sich gegen das
schädliche Alzheimer-Protein Beta-Amyloid richten. Einige davon weisen
erfolgsversprechende Ergebnisse aus laufenden Phase 2- und 3-Studien vor. Die
Alzheimer-Krankheit ist aber sehr komplex, Entstehung und Verlauf erstrecken
sich über mehrere Jahrzehnte. Es ist deshalb sehr wichtig, mit Beta-Amyloid
nicht nur einen Krankheitsmechanismus im Blick zu haben, sondern auch
Forschungsansätze zu verfolgen, die sich mit weiteren charakteristischen
Merkmalen der Erkrankung wie Ablagerungen des Tau-Proteins oder entzündlichen
Prozessen beschäftigen. Denn wir werden die Alzheimer-Krankheit vermutlich
nicht mit einem Wirkstoff heilen können, sondern es werden
Kombinationstherapien gebraucht, die individuell an unterschiedlichen
Krankheitsmechanismen ansetzen. Deshalb ist es uns als Alzheimer Forschung
Initiative auch so wichtig, möglichst breite Grundlagenforschung mit
unterschiedlichen Ansätzen zu fördern,“ sagt Astrid Marxen, Sprecherin der
gemeinnützigen Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI).
Die AFI war nicht an der Entwicklung von Aducanumab beteiligt und unterhält
keine Verbindungen zu Biogen.
Text / Foto: Alzheimer Forschung Initiative e.V. / AFI