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Rechts-Tipp • Was eine Firmeninsolvenz für Arbeitnehmer bedeutet


veröffentlicht am Dienstag, 22. November 2022

Die aktuellen Preissteigerungen machen nicht nur Privathaushalten zu schaffen – auch vielen Unternehmen setzen die höheren Kosten zu. Darüber hinaus fehlt es oft an Material oder die Kunden bleiben in der Krise weg. Bei vielen Angestellten löst diese Entwicklung Angst um ihren Arbeitsplatz aus. Doch was sollten Arbeitnehmer beachten, wenn der Arbeitgeber wirklich Insolvenz anmeldet? Wie Mitarbeiter bei einer Firmenpleite am besten vorgehen sollten und welche Ansprüche sie haben, erläutert Wolfgang Müller, Rechtsexperte der IDEAL Versicherung.

Insolvenzeröffnung: Auswirkungen auf Arbeitnehmer?

Meldet der eigene Arbeitgeber Insolvenz an, ist das für die Angestellten zunächst ein Schock. Doch keine Panik: „Arbeitnehmer müssen nicht automatisch mit einer Kündigung rechnen und das Arbeitsverhältnis bleibt erstmal bestehen“, erläutert Wolfgang Müller, Rechtsexperte der IDEAL Versicherung. „Bei einer Insolvenzeröffnung stellt der Insolvenzrichter dem Arbeitgeber einen sogenannten Insolvenzverwalter zur Seite. Dieser übernimmt dessen Aufgaben wie Gehaltsauszahlungen oder Urlaubsgenehmigungen und soll bei einer möglichen Rettung des Unternehmens helfen.

Die ersten Schritte

Da es oft schon längere Zeit vor einer Firmenpleite finanzielle Unregelmäßigkeiten gibt, sollten Arbeitnehmer nach Bekanntwerden der Insolvenz zunächst ihre letzten Gehaltsnachweise prüfen. „Bei Zahlungsrückstanden gilt es, schnellstmöglich das sogenannte Insolvenzgeld beim Arbeitsamt zu beantragen“, rät Müller. Es könnte beim Arbeitgeber bereits angemahnte Lohnrückstände der letzten drei Monate vor Eintreten der Insolvenz ausgleichen. „Für die Antragsstellung haben Arbeitnehmer zwei Monate ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens Zeit“, so der Rechtsexperte der IDEAL Versicherung. Übrigens: Mitarbeiter sollten nicht freiwillig auf Teile des Gehalts, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld verzichten – dies hat Kürzungen des Insolvenzgeldes zur Folge. 

Lohnansprüche, die mehr als drei Monate zurückliegen

Hat der Arbeitgeber bereits über einen längeren Zeitraum keinen Lohn mehr ausgezahlt, sollten Angestellte ihre Forderung umgehend zur sogenannten Insolvenztabelle anmelden. „In dieser sind alle Ansprüche der Gläubiger, zu denen Arbeitnehmer ebenfalls zählen, aufgelistet“, erläutert der IDEAL-Experte. „Das Formular für die Anmeldung erhalten sie beim Insolvenzverwalter.“ Wie viel Geld Arbeitnehmer am Ende erhalten, ist von der Anzahl der Gläubiger und dem Vermögen des Unternehmens, der sogenannten Insolvenzmasse, abhängig.

Anspruch auf Lohn während der Insolvenz

Wichtig ist, dass Arbeitnehmer auch nach Insolvenzeröffnung weiterhin zur Arbeit erscheinen, da sie sonst keinen Anspruch auf Lohn haben. Bleibt das Gehalt dennoch aus, sollten sie dem Insolvenzverwalter eine schriftliche Zahlungsaufforderung mit einer Zahlungsfrist zukommen lassen. „Lohnansprüche, die während des laufenden Insolvenzverfahrens entstehen, sind bevorrechtigt, da sie zu den sogenannten Masseforderungen zählen. Diese müssen, sofern genügend Insolvenzmasse vorhanden ist, in voller Höhe bezahlt werden“, informiert Müller. Ist das Vermögen des Unternehmens dafür zu niedrig, haben Arbeitnehmer unter Umständen Schadenersatzansprüche.

Was passiert mit Urlaub und Überstunden?

Wer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiter arbeitet, hat dann wie vorher Anspruch auf Urlaub und kann diesen auch noch beantragen. Hierfür ist nun allerdings der Insolvenzverwalter zuständig. „Auch einen bereits genehmigten Urlaub in diesem Zeitraum können Arbeitnehmer in der Regel ohne Probleme antreten“, so der Rechtsexperte der IDEAL Versicherung. Für Überstunden gelten folgende Regelungen: Wurden sie nach Insolvenzeröffnung geleistet, erhalten Arbeitnehmer dafür vom Arbeitsamt Insolvenzgeld ausgezahlt. Darüber hinaus haben Mitarbeiter Anspruch auf den Ausgleich von Überstunden, die vor der Insolvenz angefallen sind. Hierfür ist eine Anmeldung zur Insolvenztabelle notwendig.

Rechte bei Kündigung

Auch wenn eine Insolvenz allein kein Kündigungsgrund ist, kann es unter Umständen während des laufenden Verfahrens zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Insolvenzverwalter kommen. „Für Entlassungen während einer Insolvenz gelten nach wie vor die gesetzlichen Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes“, betont Müller. „Einzige Ausnahme: Die Kündigungsfrist beträgt maximal drei Monate zum Monatsende.“ Gilt eine kürzere Frist, bleibt diese wirksam. Übrigens: Resturlaub, der nicht mehr genommen werden kann, zählt zur Masseforderung und muss – wenn die Insolvenzmasse reicht – in voller Höhe ausbezahlt werden.

Text: IDEAL Lebensversicherung a.G.
Foto: Axel Bueckert/iStock.com