veröffentlicht am Samstag, 11. Februar 2023
Magdeburg. Kinder aus suchtbelasteten Familien hüten ein Familiengeheimnis und müssen häufig viel zu früh Aufgaben von Erwachsenen übernehmen. Schuldgefühle – so unberechtigt sie auch sind - beeinträchtigen die kindliche Unbeschwertheit: „Ich bin schuld, wenn Mama (oder Papa) trinkt“. Das Aufwachsen in einer suchtbelasteten Familie ist ein schwerwiegender Risikofaktor für die Ausprägung von psychischen oder sozialen Störungen sowie eigenen Suchterkrankungen im Erwachsenenalter.
In Deutschland ist nahezu jedes 5. Kind betroffen, etwa 6 Millionen Erwachsene sind als Kinder in einer suchtbelasteten Familie aufgewachsen.
Weiterbildung für pädagogische Fachkräfte
V.a. Fachstellen für Suchtprävention bieten pädagogisch Tätigen in KiTa, Hort, Schule und Jugendhilfe Fachwissen an. Ziel ist es, betroffene Kinder und Jugendliche in allen Feldern, in denen sie angetroffen werden, zu erkennen. Dies ist der erste Schritt dazu, diese Kinder in ihrem Verhalten zu verstehen, sie gezielt zu entlasten und zu fördern.
Spezifische Hilfen für betroffene Kinder gibt es noch zu wenig
Nur in vier Orten (Weißenfels, Schönebeck, Halberstadt, Magdeburg) sind uns spezielle Förderangebote für mitbetroffene Kinder bekannt. Die Angebote zielen auf die Stärkung der persönlichen Widerstandskräfte und Lebenskompetenzen der Kinder; sie bieten Entspannung, Entlastung von Überforderungs- und Schuldgefühlen und ermöglichen Gemeinschaftserlebnisse. Erziehungs- und Familienhilfen kooperieren mit Suchtberatung und -prävention bei diesen Angeboten.
Auch in der Pandemie suchten suchtbetroffene Eltern Hilfe in Suchtberatungsstellen
Häufig liegt in der Elternschaft eine Motivation, ein suchtfreies Leben anzustreben. Die Kinder profitieren, wenn die Eltern ihre Probleme bearbeiten. Über die Anzahl der mitbetroffenen Kinder von Ratsuchenden an Suchtberatungsstellen gibt die landesweite Statistik der Suchtberatungsstellen Auskunft.
Im Pandemiejahr 2020
- sind an Suchtberatungsstellen in LSA rund 9.300 Ratsuchende mit eigener Suchtproblematik beraten worden (Vorjahr: 9.900)
- hatten Ratsuchende an Suchtberatungsstellen in Sachsen-Anhalt insgesamt rund 6.500 Kinder (Vorjahr: 6.700),
- von diesen waren rund 3.700 minderjährig (Vorjahr: 3.800).
- 2.703 minderjährige Kinder lebten mit den Ratsuchenden in einem Haushalt (Vorjahr: 2.684).
- Von diesen waren 1.846 eigene Kinder der Ratsuchenden (Vorjahr: 1.819).
Personelle Verstärkung der Suchtberatungsstellen nach wie vor notwendig
Die personelle Kapazität der Suchtberatungsstellen in Sachsen-Anhalt wurde in den letzten Jahren zwar stabilisiert, aber nicht wesentlich ausgebaut. Dabei kommen Suchtberatungsstellen mittelbar auch den Kindern von Ratsuchenden zugute. Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG vom 03.06.2021 haben Minderjährige einen eigenen Beratungsanspruch ohne ihre Erziehungsberechtigten erhalten. Mit zusätzlichem Personal könnten mehr Kinder und Jugendliche beraten werden, die bereits eigene Suchtprobleme entwickelt haben. Und mehr betroffene Minderjährige aus suchtbelasteten Familien könnten in Suchtberatungsstellen Rat finden – zwischen beiden Gruppen besteht eine große Schnittmenge.
Text: Landesstelle für Suchtfragen im Land Sachsen-Anhalt (LS-LSA)
Foto: pixabay