header-placeholder


image header
image
Screenshot 2017 11 28 11.27.16

Buchtipp: Der Morgen der Welt - Geschichte der Renaissance

Im Zeichen des Übermaßes 

Von Uta Luise Zimmermann-Krause

Die Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung ist um die Neuerscheinung „Der Morgen der Welt – Geschichte der Renaissance“ aus dem Verlag C.H.Beck, reicher. 

Der Autor Bernd Roeck ist Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.  

In glänzenden Schilderungen erklärt er, wie die Renaissance zuerst Europa und dann die ganze Welt für immer veränderte. 

In seinem grandios erzählten Buch entfaltet Bernd Roeck ein beeindruckendes Panorama dieser reformistischen Epoche. Zugleich definiert er leicht verständlich im Fokus der Globalgeschichte, weshalb es in Europa zu dieser beachtlichen Dichte von sensationellen Ideen, Aufsehen erregend Entdeckungen und epochalen Umwälzungen kommen konnte. 

Dieses Buch erklärt zunächst die Formierung von Möglichkeiten in einem Raum, in dem die Renaissance samt der spektakulären Neuerungen, die sie mit sich brachte, entstehen konnte. Den Ursprung der Renaissance findet der Autor im Kontext von Mittelalter und Antike bis weit über die Grenzen Europas hinaus. Mit analytischem Geschick und illustrativem Glanz lässt er das prächtige Zeitalter vor den Augen des Lesers auferstehen: die einzigartige Kunst, die unter Italiens Himmel entstand, sowie die Ideen der Humanisten, die Religionskriege und nicht zuletzt daraus resultierend, den Beginn der Unterwerfung fremder Erdteile. 

Es ist die Rede von prominenten Kaufleuten und Dichtern, von Kaisern und Päpsten mit nicht zufällig unterschiedlichen Auslegungen der Geschehnisse. Kluge Frauen und mächtige Männer, die sich gegen die Großen der Zeit durchsetzen und den Geringfügigen nicht beistehen, die fern der Palais ums Überleben ringen und gegen Hunger und Krankheit kämpfen. Schließlich zeigt dieses umfassende Werk, dass die Renaissance mit ihren Innovationen nicht nur Sehnsuchtsorte der Schönheit und des Geistes schuf, sondern auch die Fundamente für unsere moderne Welt. 

Wie anders lässt sich verstehen, dass auf einem Gemälde von Stefano della Bella (Florenz, 1632) bedeutende Männer wie Aristoteles, Ptolemäus und Kopernikus die beiden bedeutendsten Weltsysteme diskutieren. Diesen Diskurs schrieb kein Geringerer nieder als Galileo Galilei. Dank der Druckerpresse konnte ein großer Teil des Kontinents am Gespräch teilnehmen. Ohne das Gespräch mit der Antike, das die Kultur der Renaissance zum Zentrum hat, wären diese Umbrüche undenkbar. Hinzu kamen bestimmte geographische und klimatische Voraussetzungen, die den kulturellen Transfer erleichterten und so zum Erfolg der Renaissance beigetragen haben, denn Europas Kultur hat ihre Anfänge inmitten Eurasiens – vom Iran bis zum Mittelmeer, von Anatolien bis nach Ägypten. 

Davon zeugen frühe Siedlungsspuren aus der Zeit um 12500 v.Chr. mit einer einzigartigen Vielfalt von Wildpflanzen, mit Ackerbau und Viehzucht. Während der neolithischen Revolution von 10000 bis 5000 v.Chr. wurde die Produktion von Überflüssen möglich und damit der Unterhalt von Spezialisten, die Waffen herstellten und Schiffe bauten. Von hier breiteten sich Innovationsschübe wie das Rad, das Melken, Bier, Wein, Schafwolle, nach Europa aus. Mit der besseren Ernährung wuchs die Bevölkerungszahl, und so lässt sich die Entwicklungskette beliebig fortsetzen, stabilisiert durch Ideentransfer über Galeeren, Flusskähne und Karawanenrouten. Durch Auswanderung entstanden neue Städte wie Marseille, Nizza und andere mehr, denn Griechenlands Denker trieb das Staunen um über Natur, das All, den Menschen. 

Doch Luthers abfällige Bemerkung über die Haltung die Stoiker, die er die „Stockheiligen“ nennt: Gott habe den Menschen nicht geschaffen, dass er Stein oder Holz sein sollte. 

Als mächtige Frau Elisabeth I. war die Königin vom wahren Glauben abgekommen und erledigte andere Politik als die der katholischen Maria. Unter der pragmatischen Beratung von dem Juristen William Cecil Lord Burghley (1521-1598) war die fromme Königin an die Wiederherstellung der Staatskirche gegangen. Wie sich die Herrscher des Heiligen Römischen Reiches jedoch positionierten und verteidigten, gewährt tiefe Einblicke in das Streben europäischer Länder. Was jedoch Freiheit ist und was die Würde des Menschen ausmacht, hat die Renaissance eingehender erörtert als alle Zeiten davor.

Renaissance bedeutet nicht nur Schöngeisterei, sondert bietet die ganze Historik vor ihrer Epoche. Spannend und gut verständlich erzählt!
     
? Bernd Roeck, Der Morgen der Welt – Geschichte der Renaissance, 
1.332 Seiten, 115 Abbildungen, davon 32 in Farbe
15,8 x 24,0 cm, Leinen, Schutzumschlag,
Verlag C.H.Beck, 2017, 
ISBN 978-3-406-69876-7  
Preis: 44,00 EUR