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Buchtipp: „Geschichte der Welt – Vor 600, frühe Zivilisationen“

Menschen und Innovationen in früher Zeit 

Von Uta Luise Zimmermann-Krause

Ein faszinierendes Übersichtswerk zur „Geschichte der Welt – Vor 600, frühe Zivilisationen“ ist den renommierten Autoren Hans-Joachim Gehrke, Mark Edward Lewis (übersetzt von Andreas Wirthensohn), Axel Michaels, Hermann Parzinger und Karen Radner  unter der Herausgabe von  Akira Iriye und Jürgen Osterhammel, gelungen. 

Der vorliegende Band umfasst 2,7 Millionen Jahre Kulturgeschichte der Menschheit, durchsetzt von faszinierenden Innovationen und Ereignissen. Die Rede ist von den Anfängen der Menschwerdung bis hin zur Spätantike. In den Fokus gerückt werden grundlegende Ereignisse der Geschichte wie das Sesshaft werden in besonders ertragreichen Regionen der Erde sowie der Domestizierung von Rindern, Schafen, Ziegen. 
Daraus resultiert der beginnende Hütten- und spätere Wohnhausbau, also produzierendes Wirtschaften - auch im Überfluss. Im Norden Mesopotamiens entstand etwa 6000 v.Chr. die Halaf-Kultur, die sich im Zweistromland über ein weites Gebiet erstreckte und geometrische Motive bunt bemalter Keramik hervorbrachte. Erstmals wird Kupfer in der Halaf-Kultur gewonnen und verarbeitet. Dies hat zur Folge, dass sich Arbeitsteilung und Spezialisierung in den  Arbeits- und Versorgungsprozessen etablierte. 


Nie hatten Siedlungen in Mesopotamien bis dahin eine solche Größe erreicht wie in der Halaf-Kultur. Diese Entfaltung verstärkte sich in den nächsten 2000 Jahren bis zur Obeid-Periode. Hier produzierte man rationell. Die Gefäße wurden auf einer drehbaren Scheibe hergestellt und weniger aufwändig bemalt. Durch diese technische Neuerung ließ sich der Fertigungsprozess von Tongefäßen beschleunigen und normieren. In den bedeutenden Großsiedlungen dieser Zeit wie Eridu, Ur und Tell El-Obeid kam mit dem Mittelsaalbau eine neue Gebäudeform auf. 

Diese Gebäudetypen entwickelten sich zu differenzierten Bauten und spiegeln die sozialen Unterschiede wider. Eridu, am unteren Ende des Euphrat gelegen, war der Kultort des Wassergottes Enki. Im babylonischen Epos wird Eridu als erste Stadt der Erde bezeichnet. Mächtige Siedlungsschichten mit Monumentalbauten aus dem 6. Jahrtausend v. Chr. liefern den archäologischen Beweis. Neben der politischen Hierarchisierung kam ein weitreichendes Handelsnetz zu Lande und zu Wasser hinzu und diente zu Festigung und Ausbau der Vormachtstellung gegenüber anderen Regionen.

 Während der Uruk-Periode vollzogen sich wichtige Neuerungen, die das Leben der Menschen im Zweistromland fundamental veränderten. Mit der Erfindung der schnell rotierenden Töpferscheibe war es erstmals möglich, standardisierte Tongefäße in nahezu industriellem Maßstab herzustellen. Keramik wurde zum Massenprodukt, das sich auch die breite Masse leisten konnte. Neben Trockenheit im 4. Jahrtausend v.Chr. nahm auch die Bevölkerungszahl zu in stetig anwachsenden städtischen Zentren. 

Dies wiederum führte zur Intensivierung und Bewässerung nicht nur in der Landwirtschaft, was etwa mit einem groß angelegtem Ausbau der Wasserkanäle möglich war. Die Hierarchisierung der Siedlungen verstärkte sich und führte zur Bildung von befestigten und im Inneren geplanten Städten. Diese waren Verwaltungs-, Handels- und Herrschaftszentren mit spezialisierten Berufsgruppen und einer Stabilisierung von Führungs- und Herrschaftseliten. Diese neuen Verkettungen fanden ihren Ausdruck  in der architektonischen Ausgestaltung mesopotamischer Zentralorte. 

Hier finden sich große Versammlungsgebäude, monumentale Tempelbauten und Palastanlagen mit repräsentativem Dekor. Auf Lehmplattformen errichtete Bauten nehmen bereits die klassische mesopotamische Zikkurat vorweg. Bis in die Zeit der ältesten Stadt Uruk reichen auch die Geschehnisse zur Herausbildung einer Priesterschaft als neue Form der Führungseliten. Sie begünstigen ein religiös bestimmtes Königtum. Die neue Führungsschicht hatte keinen Anteil an der Erzeugung von Nahrungsmitteln. 

Diese Differenzierung in der Gesellschaft hatte zur Folge, dass sich auch im baulichen Ausgestalten der Städte repräsentative Zentralbauten von Wohn- und Handwerkervierteln grundsätzlich unterschieden. Diese einflussreichen Städte organisierten maßgeblich den Fernhandel. Karawanenwege verbanden weit auseinanderliegende Gebiete von der Golfregion bis zum Mittelmeer. Dies benötigte neue Verwaltungsinstrumente, die über markierte Tonobjekte und Rollsiegel letztlich im späten 4. Jahrtausend v.Chr. zur Erfindung der Schrift führten. 

Die außerordentliche Beschreibung der frühen Zivilisationen sowie des kulturellen Reichtums im Alten Orient, in Ägypten und der Klassischen Antike, aber auch der indischen und ostasiatischen Staatenwelt lässt die Beschäftigung mit der Historie zum Vergnügen werden. Der Spannungsbogen reicht vom Aufblühen der frühen Hochkulturen bis zur Epoche der griechisch-römischen Welt und dem Ende der Gupta-Zeit in Indien, dem Niedergang der Sui-Dynastie in China und dem Aufkommen des Islam. Dieser Band liefert den Schlüssel zum Verständnis auch für jüngere Epochen, denn sie wurden nachhaltig von Kulturen geprägt, die bereits untergegangen sind - lange bevor die Schrift erfunden wurde. Alle Beiträge sind mit reichlich Karten, Plänen, Abbildungen und Zeittafeln ausgestattet und unterstützen die Orientierung in Epochen, Ereignissen und geografischen Begebenheiten. Bestseller! 
     

Akira Iriye und Jürgen Osterhammel (Hg.), 
Geschichte der Welt. 
Hans-Joachim Gehrke (Hg.) Bd. 1, Frühe Zivilisationen – Die Welt vor 600.  
1082 Seiten, 85 Abbildungen, 25 Karten, 7 Tafeln,
15,8 x 24,0 cm, Leinen, Schutzumschlag,
Verlag C.H.Beck, 2017, 
ISBN 978-3-406-64101-5  
Preis: 49,95 EUR