(ams). Wem beim Aufstehen öfter schwindelig oder
schwarz vor Augen wird, wer häufiger müde und unkonzentriert ist oder oft kalte
Hände und Füße hat, leidet möglicherweise an niedrigem Blutdruck, in der
Fachsprache Hypotonie genannt. Die gute Nachricht: Niedriger Blutdruck an sich
ist keine Krankheit und in der Regel nicht gefährlich - im Gegensatz zum hohen
Blutdruck, der Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen kann.
Außerdem kann jeder selbst eine Menge tun, um den
Kreislauf aus dem Keller zu holen. Dr. Julian Bleek, Arzt im AOK-Bundesverband,
erklärt, wie man niedrigen Blutdruck am besten in den Griff bekommt. Als
normaler Blutdruck bei Erwachsenen gelten laut Weltgesundheitsorganisation
(WHO) Werte von 120/80 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule, Hg: chemisch
Quecksilber). Von Hypotonie, niedrigem Blutdruck, spricht man bei
Blutdruckwerten von unter 100 zu 60 mmHg.
Die vier Kategorien des niedrigen Blutdrucks
Bei der primären Hypotonie liegt dauerhaft
niedriger Blutdruck ohne Beschwerden und Behandlungsnotwendigkeit vor.
Betroffen sind oft junge schlanke Menschen, meist Frauen. Häufig sind mehrere
Mitglieder einer Familie "betroffen". Auch gut trainierte Menschen
und Sportler haben im Ruhezustand einen niedrigen Blutdruck.
Eine sekundäre Hypotonie kann durch Krankheiten wie
beispielsweise Herz-, Schilddrüsen- oder Nebennierenerkrankungen bedingt sein.
Auch Flüssigkeitsmangel oder bestimmte Medikamente können Verursacher sein.
Ebenso können hormonelle Umstellungen in den ersten Schwangerschaftsmonaten zu
niedrigem Blutdruck führen.
Eine orthostatische Hypotonie (aus dem Griechischen
von Orthostase = aufrechter Stand) entsteht, wenn der Körper zum Beispiel beim
Aufstehen aus dem Sitzen oder Liegen nicht in der Lage ist, den Blutdruck und
die Blutverteilung schnell entsprechend anzupassen. Der Blutdruckabfall dauert
meistens nur kurz und normalisiert sich rasch wieder. Betroffen sind vor allem
junge Menschen in der Wachstumsphase. Auch bei älteren Menschen kommt diese
Form der Hypotonie vor, etwa bei einer Venenschwäche oder einer Störung des
Nervensystems, zum Beispiel bei Diabetes.
Eine schwere Hypotonie ist Kennzeichen einer akuten
Schocksituation. Der Blutdruck kann dann so stark abfallen, dass Gehirn, Nieren
und andere lebensnotwendige Organe nicht mehr ausreichend durchblutet sind.
Wann muss man zum Arzt?
"Wer bei niedrigen Blutdruckwerten unter
Kreislaufbeschwerden leidet, sollte ärztlich abklären lassen, ob sich eventuell
eine spezifische Ursache hinter der Hypotonie verbirgt, zum Beispiel eine
Schilddrüsenunterfunktion oder eine Medikamentennebenwirkung", rät Mediziner
Bleek. Trifft dies zu, wird die zugrundeliegende Ursache behandelt, zum
Beispiel durch eine Hormontherapie bei Schilddrüsenerkrankungen oder das
Weglassen von Medikamenten, die eine Hypotonie verursachen. Konnten die Ärztin
oder der Arzt behandelbare Ursachen ausschließen, helfen meist einfache
Verhaltensmaßregeln, den Blutdruck wieder aus dem Tief zu holen.
So kommt der Kreislauf in Schwung
Tipps für den Morgen:
Nach dem Aufwachen noch im Liegen mit den Beinen
einige Runden in der Luft Rad fahren. Sich beim Aufstehen aus dem Bett Zeit
lassen und zunächst einige Sekunden auf der Bettkante sitzen bleiben.
Nach dem Aufstehen abwechselnd warm und kalt
duschen (Wechseldusche), dabei mit Warm beginnen. Die Wechseldusche endet mit
Kalt.
Tipps für den Tag:
Ausreichend trinken: Pro Tag sollten es zwei bis
zweieinhalb Liter sein, am besten Wasser, Fruchtsaftschorlen oder Kräutertee.
Beim Essen auf eine ausreichende Salzzufuhr achten
– salzreiche Ernährung lässt den Blutdruck steigen. Zu viel ist allerdings
ungesund, salzen Sie Ihre Speisen daher einfach nur ein bisschen mehr.
Liegt eine Venenschwäche vor, können
Kompressionsstrümpfe den Rückfluss des Blutes aus den Beinen fördern.
Regelmäßige Bewegung ist ideal, um niedrigen
Blutdruck in den Griff zu bekommen. Also öfter mal zu Fuß gehen, statt mit dem
Auto zu fahren, häufiger Treppen statt Aufzug nutzen. Gut geeignet ist auch
Ausdauersport wie Wandern, Radfahren, Walking oder Schwimmen.
Wenn es kritisch wird
Droht der Blutdruck bei längerem Stehen abzusacken,
kann es helfen, immer wieder mal die Wadenmuskulatur anzuspannen, um den
Blutrückfluss zu fördern. Wem schwarz vor Augen wird, wer Sternchen sieht und
das Gefühl hat, bald bewusstlos zu werden, sollte sich hinlegen und die Beine
möglichst in einem Winkel von etwa 45 Grad hochlagern.
Besser nicht
Das Gläschen Sekt am Morgen bringt den Kreislauf in
Schwung: Diese Auffassung hält sich hartnäckig und bleibt trotzdem falsch. Denn
beim Mann steigt der Blutdruck meist erst ab etwa 30 Gramm Alkohol an, bei
Frauen ab circa 20 Gramm. Das entspricht bereits drei beziehungsweise zwei
Gläsern Sekt - eine Menge, die sicher nicht mehr empfehlenswert ist. Auch
Kaffee, Energy-Drinks oder Cola können den Blutdruck nur kurzfristig antreiben.
Text: AOK Bundesverband