Köln. Psychische Erkrankungen führen oft zu langen
Fehlzeiten der betroffenen Beschäftigten. Die Konsequenzen für die Unternehmen:
Sie müssen auf das Fachwissen der Mitarbeitenden verzichten, Projekte verzögern
sich und die Belastung für die Belegschaft steigt. „Die seit September 2013
vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ermöglicht es,
Risikofaktoren im Unternehmen gezielt zu erkennen. Daraus können wir Maßnahmen
ableiten, die dazu beitragen, die Belastungen zu reduzieren und die Gesundheit
und Motivation der Mitarbeitenden zu verbessern.
Zukunftsorientierte Unternehmen nutzen die Analyse als
Einstieg ins betriebliche Gesundheitsmanagement. Andere Betriebe lassen diese
Chance ungenutzt: Sie haben mit der Gefährdungsbeurteilung psychischer
Belastungen noch nicht begonnen, wie Berufsgenossenschaften und die
Gewerbeaufsicht auf Fachkongressen immer wieder bemängeln“, erklärt Iris
Dohmen, die als Psychologin bei TÜV Rheinland Unternehmen und Organisationen
verschiedener Branchen zu betriebspsychologischen Fragestellungen berät.
Die eine Methode für alle Unternehmen gibt es nicht
Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen muss
nicht in allen Abteilungen oder Filialen zur selben Zeit durchgeführt werden.
Im Gegenteil: In der Praxis hat es sich bewährt, mit einem Pilotprojekt zu
starten. Ob dafür ein Bereich ausgewählt wird, in dem ein hoher Krankenstand
oder eine starke Fluktuation auf eine Belastung der Beschäftigten hindeutet,
liegt im Ermessen des Arbeitgebers. Sind Unternehmensleitung und Führungskräfte
gegenüber psychologischen Themen sehr kritisch eingestellt, ist es besser, in
einer Abteilung mit geringer Belastung zu beginnen. „Für ein aussagekräftiges
Ergebnis ist eine gute Beteiligung der Belegschaft wichtig. Daher empfehlen
unsere Psychologen eine Methode – beispielsweise eine Befragung oder bestimmte
Interviewformen – die zum Unternehmen passt. Rücklaufquoten bei Befragungen von
bis zu 80 Prozent bestätigen unsere Methodenauswahl. Auf Wunsch ermöglicht
unser neues Online-Befragungstool den Unternehmen inzwischen auch Kennzahlen
einzubringen und die Fragen flexibel anzupassen. So erhalten wir noch bessere
Ergebnisse, beispielsweise welche Aspekte eines kritisierten Führungsverhaltens
als belastend empfunden werden“, so Dohmen.
Veränderungen brauchen Zeit
Durch die interdisziplinäre Auswertung der Ergebnisse im
Präventionsteam von TÜV Rheinland lassen sich kurz- und längerfristige
Maßnahmen ableiten. Schnell umsetzbar sind Gesundheitstage, Seminare zum
Stressmanagement oder zum gesunden Führen sowie individuelle Coachings. Sie
zeigen den Mitarbeitenden, dass sich ihr Engagement gelohnt hat und der
Arbeitgeber an Verbesserungen interessiert ist. Aspekte der Unternehmenskultur
wie der Umgang mit Fehlern, Kritik und Konflikten oder auch das
Arbeitszeitmodell lassen sich hingegen nur mit ausreichend Zeit verändern: Bis
hier eine Evaluation sinnvoll ist, vergehen zwei bis drei Jahre. „Die Umsetzung
der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist ein kontinuierlicher
Prozess aus Analyse, Maßnahmenableitung, Umsetzung und Wirksamkeitsprüfung.
Unternehmen, die dies leben, profitieren mehrfach: Sie minimieren die Risiken
für psychische Belastungen bei der Arbeit und motivieren so ihre Beschäftigten.
Darüber hinaus wirken sich ein effektives betriebliches Gesundheitsmanagement
und der Einsatz für eine gesundheitsfördernde Arbeitsumgebung positiv auf das
Unternehmensimage und die Arbeitgebermarke aus“, betont Dohmen.
Quelle - Text und Bild: TÜV Rheinland