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Auto-News: Altersgerechte Fahrzeuge - Auswahl des Automodells kann für Senioren großen Unterschied ausmachen

5. November 2021


Seit Jahren wächst die Zahl der Senioren, die selbst Auto fahren. Viele von ihnen sind bereit, zum Erhalt der eigenen Mobilität altersgerechte Fahrzeuge anzuschaffen. Das macht diese in vielen Ländern finanzstarke Gruppe für die Automobilindustrie überaus interessant. Explizit als „Seniorenauto“ bezeichnete Modelle hat zwar keiner der großen Hersteller im Angebot. Der Markt wird aber durch entsprechende Bauformen in Kombination mit ausgewählten Komfort- und Sicherheitssystemen bedient. So erfolgt keine Stigmatisierung von Fahrzeugmodellen oder Nutzern, gleichzeitig kommen die Vorteile allen Altersgruppen zugute.

„In puncto Sicherheit spielen dabei die direkte und indirekte Sicht, Fahrerassistenzsysteme sowie die Elemente der passiven Sicherheit eine wesentliche Rolle“, sagt DEKRA Unfallforscher Markus Egelhaaf.

Gute Sicht und einfache Bedienung sind zentrale Auswahlkriterien

Wichtige Funktionen sollten mit möglichst wenig Ablenkung auskommen

Assistenzsysteme können Leistungseinbußen teilweise kompensieren

Bis ins hohe Alter ist die Nutzung des eigenen Pkw für viele Senioren ein wesentlicher Baustein der individuellen Mobilität. Um aber sich selbst und andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden, sollte das ausgewählte Fahrzeug so gut wie möglich auf die Belange und die möglichen Leistungseinbußen der Altersgruppe 65+ zugeschnitten sein.

Das beginnt bei der direkten Sicht vom Fahrerplatz aus. „Je weniger die Sicht durch breite Säulen oder zu kleine Fenster eingeschränkt wird, desto weniger fallen körperliche Einschränkungen im Bereich des Oberkörpers und der Halswirbelsäule oder ein verkleinertes Gesichtsfeld ins Gewicht“, erklärt DEKRA Unfallforscher Markus Egelhaaf. Insbesondere die Windschutzscheibe habe eine Vielzahl an Kriterien zu erfüllen. So müsse zum Beispiel das durch die Scheibenwischer abgedeckte Wischfeld so gestaltet sein, dass bei Regen oder insbesondere auch Schneefall keine nennenswerten „Verbreiterungen“ der A-Säulen entstehen. „Ein guter Blick auf Ampeln muss durch die Anordnung des Sitzes zur Windschutzscheibe und vor allem die Positionierung des Innenspiegels sowie der oftmals in diesem Bereich verbauten Sensorik oder Kamerasysteme möglich sein – und zwar ohne größere Verrenkungen in allen für die Nutzer in Frage kommenden Positionen der Sitzeinstellung“, empfiehlt der DEKRA Experte.

Darüber hinaus würden große und wenig verzerrende Rückspiegel eine schnellere Erfassung des rückwärtigen Verkehrs ermöglichen und dazu beitragen, Unzulänglichkeiten beim Schulterblick zu kompensieren, auch wenn sie ihn nicht komplett ersetzen können. Wichtig sei außerdem die Innenraumgestaltung, die den Blick mittels Innenspiegel durch die Heckscheibe möglichst wenig beeinträchtigen dürfe. Dafür ist es ratsam, bei der Fahrzeugauswahl unvoreingenommen Modelle verschiedener Hersteller auszuprobieren und sich für dasjenige zu entscheiden, in dem man sich am wohlsten fühlt – auch wenn es vielleicht nicht von der seit Jahrzehnten gefahrenen Marke aus dem ebensolange besuchten Autohaus stammt.

Möglichst wenig Ablenkung durch Bedienung wichtiger Funktionen

Auch ein aufgeräumtes Cockpit, sinnfällige und gut ablesbare Instrumente sowie eine übersichtliche, eindeutig strukturierte Benutzeroberfläche tragen wesentlich zur Entlastung der Fahrerinnen und Fahrer bei und sorgen so für Sicherheit und Wohlbefinden. Displays und Anzeigeelemente sollten bei jedem Beleuchtungszustand kontrastreich gestaltet sein. Zahlen und andere Zeichen oder Symbole müssen groß genug und auch bei nur kurzer Blickzuwendung gut erkennbar sein. Während der Fahrt genutzte wesentliche Funktionen wie die Steuerung von Licht und Scheibenwischern, die Einstellung von Heizung und Lüftung oder die Regelung des Radios müssen ohne Blickzuwendung und mit haptischer Rückmeldung einfach bedient werden können. Mit Bildschirmmenü geführte Ein-Knopf-Bedienung oder Touchscreens führen schnell zu einer Überforderung oder gefährlichen Ablenkung. „Wenn schon sicherheitsrelevante Funktionen in Touchscreens verlegt werden, wäre eine Steuerung über einfache Sprachbefehle oder Gesten auf jeden Fall die bessere Option, um die Ablenkungszeit so kurz wie möglich zu halten“, gibt Egelhaaf zu bedenken.

Fahrerassistenzsysteme können Stresssituationen abmildern

Was die Auswahl von Fahrerassistenzsystemen anbelangt, weisen vor allem solche ein besonders für Senioren hohes Nutzenpotenzial auf, die in komplexen und anspruchsvollen Verkehrssituationen unterstützen. Dazu gehören etwa Kreuzungsassistent, Totwinkel- bzw. Spurwechselassistent, Nachtsichtsystem oder Notbremsassistent. Zudem kann ein Verkehrszeichenassistent, der kamerabasiert die zulässige Höchstgeschwindigkeit erkennt und auf der Armaturentafel anzeigt, in einem gewissen Rahmen Defizite bei der Aufmerksamkeit kompensieren und so ein zusätzliches Gefühl der Sicherheit verleihen. Auch Rückfahrkamera und Einparkhilfen können Stresssituationen abmildern und so zu mehr Sicherheit beitragen. Gerade bei Dämmerung und Dunkelheit erweisen sich intelligente Lichtsysteme oder Fernlichtassistenten als wichtige Helfer gegen das im Alter zunehmend nachlassende Dämmerungs- und Dunkelheitssehvermögen. Bei Navigationssystemen sind ein aktueller Kartenstand sowie klare akustische und optische Anweisungen die Kriterien, auf die es ankommt. Auch E-Call-Systeme, am besten mit zusätzlicher Service-Ruf-Funktionalität, können zu einem sichereren Gefühl beitragen und in Unfall- oder Pannensituationen Stress reduzieren.

Wie sicher sind Automatikgetriebe für Senioren?

Rund um die Fahrzeuganschaffung dürfte sich in einigen Märkten für Senioren auch die Frage stellen, ob sie sich für ein Fahrzeug mit Automatikgetriebe entscheiden. Grundsätzlich ist zum Beispiel in Deutschland der Marktanteil neuer Fahrzeuge mit Automatikgetriebe rasant gestiegen – er lag 2020 nach Zahlen der Deutschen Automobil Treuhand bei über 55 Prozent, 2010 waren es gerade mal knapp 28 Prozent. Das ist allerdings kein Vergleich zu den USA oder Japan, wo der Automatikanteil etwa 90 Prozent beträgt. Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass die manuelle Schaltung mit den Jahren noch weiter an Bedeutung verlieren wird – unter anderem auch deshalb, weil manche modernen Assistenzsysteme nur im Zusammenspiel mit Automatikgetrieben funktionieren und auch ein elektrischer Antrieb keine Gangschaltung mehr benötigt.

Aber sind Fahrzeuge mit Automatikgetriebe eigentlich unsicherer, da sie sich bei laufendem Motor, sofern das Bremspedal nicht gedrückt wird, ständig bewegen oder ist die Gefahr einer ungewollten Beschleunigung größer? Schließlich liest man in den Polizeiberichten immer wieder von älteren Fahrern, denen ihr Fahrzeug mit Automatikgetriebe außer Kontrolle geraten ist, weil sie das Brems- und Gaspedal verwechselt oder aus Versehen den Rückwärtsgang eingelegt haben. „Um derartige Bedienungsfehler und daraus oft resultierende Panikreaktionen zu vermeiden, sollten sich Senioren vor dem Kauf eines Automatikwagens im Idealfall von Fahrlehrern die Besonderheiten eines solchen Getriebes zeigen lassen beziehungsweise im Rahmen von Fahrtrainings die Beherrschung von Grenzsituationen einüben“, rät Markus Egelhaaf.

Empfehlenswert ist es nach Ansicht des Unfallforschers von DEKRA außerdem, den Umstieg auf die Automatik möglichst rechtzeitig anzugehen, um so die hierfür nötige Routine zu einer Zeit zu erlangen, in der das kognitive Leistungsvermögen noch ohne größere altersbedingte Einbußen vorhanden ist.

Hintergründe zum Thema – ebenso wie viele weitere Informationen zur Verkehrssicherheit von älteren Menschen – liefert der aktuelle DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2021 „Mobilität im Alter“. Er steht online unter www.dekra-roadsafety.com zur Verfügung.

 

Text / Foto: DEKRA e.V.