App zum Reaktions-Check: Gehirnerschütterungen im
Sport müssen
„schnell erkannt und ernst genommen werden“
ZNS
– Hannelore Kohl Stiftung bietet kostenlose Erweiterung der
Gehirn-Erschütterungs-Test-App (GET-App) für Mannschaftssportarten an
Die
Gefahr besteht im Fußball und Eishockey ebenso wie im Handball, American
Football oder Basketball: In all den beliebten Mannschaftssportarten erleiden
die Spieler*innen hin und wieder eine Gehirnerschütterung. Oft wird die
Verletzung unterschätzt, obwohl eine nicht erkannte Gehirnerschütterung
lebenslange gesundheitliche Folgen haben kann. Die ZNS – Hannelore Kohl
Stiftung hat nun die 2016 veröffentlichte Gehirn-Erschütterungs-Test-App (kurz:
GET-App) weiterentwickelt. Die App ist kostenlos und unterstützt Vereine bei
der Früherkennung von Gehirnerschütterungen.
Die
neue Trainerversion der GET-App, die am Donnerstag in Berlin-Hohenschönhausen
vorgestellt wurde, richtet sich gezielt an Trainer*innen und Betreuer*innen im
Mannschaftssport - auch und gerade im Breiten- und Jugendsport. Die Erweiterung
erlaubt es erstmals, Baseline-Werte für ein gesamtes Team zu speichern, um im
Notfall sofort darauf zurückgreifen und Veränderungen erkennen zu können
(Baseline = Ruhewert, der vor der Saison erhoben wird).
„Seitdem wir die GET-App veröffentlicht haben, wurde aus dem Kreis der Trainerinnen und Trainer wiederholt der Wunsch geäußert, die Einzelnutzung auf Mannschaften auszuweiten“, sagt Helga Lüngen, Geschäftsführerin der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung. „Wenn so eine Anregung von der Basis kommt, ist sie für uns Auftrag und Verpflichtung zugleich.“
Unter
Mitarbeit von Dr. Axel Gänsslen, der zu den Initiatoren der Kampagne ‚Schütz
deinen Kopf’ gehört, wurde die App entsprechend weiterentwickelt. „Das Ziel der
App ist es, dass wir auch einem Nicht-Mediziner ermöglichen, festzustellen, ob
es eine Gehirnerschütterung sein könnte“, erklärt der Unfallchirurg. Im
integrierten Notfalltest werden die Symptome innerhalb von wenigen Minuten
abgefragt, ergänzt durch einen Reaktions- und Gleichgewichtstest.
Als
Mannschaftsarzt des Eishockey-Erstligisten Grizzlys Wolfsburg hat Gänsslen
immer wieder mit Gehirnerschütterungen zu tun. „Das Problem, das wir im Sport
haben: Der Spieler will weiterspielen“, weiß der Mediziner und unterstreicht:
„Wenn der Verdacht einer Gehirnerschütterung besteht, müssen wir die Spieler
vor sich selbst - und den Ansprüchen des Umfelds - schützen.“
Welche
Auswirkungen eine Gehirnerschütterung haben kann, weiß André Rankel aus eigener
Erfahrung. Der Kapitän der Eisbären Berlin erlitt in seiner Karriere mehrfach
Kopfverletzungen und fiel länger aus. „Die Gesundheit muss immer an erster
Stelle stehen“, fordert der 34-Jährige. „Es ist wirklich wichtig, dass Ärzte,
Physiotherapeuten und Trainer den Sportler beschützen und ihm helfen, eine
Lösung zu finden. Eine Gehirnerschütterung ist eine gefährliche Verletzung.“
Eishockey-Spieler
Rankel hält die GET-App daher ebenso wie Basketballer Johannes Thiemann für
sinnvoll. „Man will sein Team einfach nicht im Stich lassen und deshalb
weiterspielen“, sagt der Center von Pokalsieger ALBA Berlin. „Wenn man jedoch
nicht weiß, ob man eine Gehirnerschütterung hat oder nicht, ist das gefährlich
und nicht gesund. Daher ist es extrem gut, wenn die App als Indikator dienen
kann.“
Im November 2019 zog sich Thiemann in der EuroLeague eine Gehirnerschütterung zu, der Nationalspieler fiel wochenlang aus. „Ich habe die Gehirnerschütterung ein bisschen unterschätzt“, gesteht der 26-Jährige rückblickend ein. „Ich dachte, dass ich nach ein paar Tagen wieder spielen kann, aber es ist anders gekommen. Der Heilungsverlauf hat mir gezeigt, dass eine Gehirnerschütterung eine deutlich ernstere Verletzung ist als ich vorher angenommen hatte.“
Mit
der GET-App will die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung die notwendige Früherkennung
erleichtern. „Das Handling ist sehr einfach und ohne großen Aufwand am Spielfeldrand
möglich“, wirbt Lüngen. Sie betont: „Gehirnerschütterungen müssen schnell
erkannt und ernst genommen werden.“ Das fordert auch Prof. Dr. Peter Vajkoczy.
„Eine Gehirnerschütterung wird gerne verharmlost. Umso wichtiger ist es, eine
Sensibilisierung für dieses unterschätzte Krankheitsbild zu erreichen.“
Gerade
im Breitensport sowie im Kinder- und Jugendbereich sei es jedoch, warnt der
Direktor der Klinik für Neurochirurgie an der Berliner Charité, „noch sehr viel
wahrscheinlicher als im Profisport, eine Gehirnerschütterung zu übersehen.“ Er
betont jedoch ebenso wie Medizinerkollege Gänsslen: „Die App ist ein
Hinweisinstrument, kein Diagnoseinstrument.“ Bestätigt die GET-App den Verdacht
auf ein Schädel-Hirn-Trauma, sei sofort ein Arzt aufzusuchen.
Neben
der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung setzten sich die Willy Robert Pitzer Stiftung
und die gesetzliche Unfallversicherung VBG für die Weiterentwicklung der
GET-App ein. „Als Partnerin des Sports ist die VBG bestrebt, Sportlerinnen und
Sportler bei der Gesunderhaltung bestmöglich zu unterstützen“, sagt Norbert
Moser, Koordinator Präventionsfeld Sport der VBG. Die GET-App steht sowohl für
iOS- als auch für Android-Geräte zur Verfügung.
Bild: Pressekonferenz zur
Vorstellung der GET-App in Berlin. Podium (v.l.): Dr. Axel Gänsslen, Natalie
Kühn, Prof. Dr. Peter Vajkoczy, Sven Felski, André Rankel, Jörg von Ameln.
Moderation: Helga Lüngen
© ZNS – Hannelore Kohl Stiftung, Fotografin: Monique
Wüstenhagen
Link
zur Download-Übersicht in den gängigen App-Stores auf www.schuetzdeinenkopf.de
Hintergrund:
Die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung
Die
ZNS – Hannelore Kohl Stiftung für Verletzte mit Schäden des Zentralen
Nervensystems mit Sitz in Bonn wurde 1983 von Frau Dr. med. h.c. Hannelore Kohl
ins Leben gerufen. Die Stiftung unterhält einen Beratungs- und
Informationsdienst für Schädelhirnverletzte und deren Angehörige, unterstützt
bei der Suche nach geeigneten Rehabilitationseinrichtungen und fördert die
wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Neurologischen Rehabilitation.
Sie engagiert sich in der Präventionsarbeit für Unfallverhütung. Bis heute
konnten über 32,4 Mio. Euro aus Spendenmitteln für Projekte an Kliniken,
Institutionen und Rehabilitationseinrichtungen in Deutschland weitergegeben
werden. Jedes Jahr erleiden rund 270.000 Menschen Schädelhirntraumen, knapp die
Hälfte von ihnen ist jünger als 25 Jahre. Dank der medizinischen Fortschritte
kann vielen von ihnen geholfen werden.
Hintergrund:
Die Initiative „Schütz Deinen Kopf! Gehirnerschütterungen im Sport!“
Bei
der Initiative „Schütz Deinen Kopf! Gehirnerschütterungen im Sport“ arbeitet
die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung mit namhaften Organisationen, Medizinern und
Sportverbänden zusammen, um Sportler und ihre Familien, Trainer, Pädagogen und
Ärzte für das Thema „Gehirnerschütterung und mögliche Folgen“ zu
sensibilisieren. Informationen, den Link zur App und zu den Filmen sowie
Kontaktadressen von Unfallkliniken und Neuropsychologen finden sich auf www.schuetzdeinenkopf.de.
Text
/ Foto: © ZNS – Hannelore Kohl Stiftung, Fotografin: Monique Wüstenhagen