header-placeholder


image header
image
waldheim 100  v img  16  9  m  4423061158a17f4152aef84861ed0243214ae6e7

TV-Tipp-News: Waldheim - Geschichte eines Gefängnisses • ARDalpha • ab 21.00 Uhr • Dokumentation

veröffentlicht am 27. November 2022

Das älteste noch aktive Gefängnis Deutschlands liegt mitten im sächsischen Waldheim. Spötter sagen: es ist der Ortskern. Die Anlage mit eigener Kirche war zunächst Burg, dann Augustinerkloster, später Jagdschloss und wurde unter August dem Starken zum sächsischen Zucht-, Armen- und Waisenhaus. Durch alle Zeiten hindurch war die Strafanstalt ein gefürchteter Ort - hier wurden Verbrecher, aber gern auch den jeweils Mächtigen unliebsame Personen weggesperrt. Schon im 18. Jahrhundert hatte Waldheim prominente "Gäste".

Der Bekannteste: Karl May. Vier Jahre lang saß der angehende Schriftsteller wegen wiederholter Hochstapelei und kleineren Diebstählen ein.

In der Nazizeit waren hier mehr als 2.000 Menschen inhaftiert, mehr als die Hälfte aus politischen Gründen. Waldheimer Familien öffnen für den Film erstmals ihre Fotoalben und erzählen von ihren Vorfahren, die im Dritten Reich auf beiden Seiten standen: als Gefangene oder als Teil des Wachpersonals. Die auf dem Gefängnisgelände ansässige "Heil- und Pflegeanstalt Waldheim" schickte ihre Patienten in die Euthanasie-Tötungsanstalten der Nazis. Ein Fakt, der heute in der Stadt noch weitgehend unbeachtet ist. Anhand von Patientenakten beleuchtet der Film auch diese Verbrechen und verfolgt das Schicksal des Anstaltsleiters, der für seine Taten später hingerichtet wurde.

Traurige Berühmtheit erfuhren Ort und Gefängnis 1950, als in skandalösen Schnellverfahren unter Missachtung juristischer Grundregeln knapp 3.500 vermeintliche Kriegs- und Naziverbrecher zu hohen Strafen verurteilt wurden. Der Ausgang der "Waldheimer Prozesse" stand im Voraus fest. Und obwohl es auch einige echte Nazitäter gab - die übergroße Mehrheit der Verurteilten war unschuldig. Später war Waldheim auch immer wieder Verwahrort für politisch Andersdenkende. Zeitzeugen erzählen von ihrer Haftzeit in den 1960er-Jahren.

Die JVA Waldheim spiegelt 300 Jahre deutsche Geschichte. Der Film von Christian Schulz verbindet unterschiedliche politische Ereignisse und ihre Auswirkungen auf die Stadt und das Gefängnis und erzählt vom Leiden der hier oft zu Unrecht inhaftierten.


Text / Foto: ARD / BR