header-placeholder


image header
image
Olga Klikau 3

Erfahrungsbericht einer Flüchtlingshelferin.



Olga Klikau berichtet über ihr Engagement in Griechenland.

Von Annett Szameitat

„Die Menschen kamen auf Gummibooten nachts über das Mittelmeer - aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Wir zogen die Boote an Land. Die Menschen - Männer, Frauen, Kinder, Babys - waren durchnässt, frierend und doch glücklich die gefährliche Odyssee nach Europa hinter sich zu haben. 1.000 Euro pro Ticket kostete die Fahrt ins Ungewisse, nebst gefälschter, nutzloser Rettungswesten. Geld gezahlt an Schlepperbanden, die schamlos Gewinn schlagen aus der Not der Menschen.“ Olga Klikau ist noch immer emotional berührt - auch ein Jahr danach. „Es waren schockierende Bilder.“

Die engagierte junge Flüchtlingshelferin hat real das erlebt, was als sachliche Meldung durch die Nachrichtenkanäle geht - weit weg für die Menschen hierzulande. Olga Klikau war ganz nah dran, erlebte die Menschen hinter den Geschichten.


Am Dienstag hielt Olga Klikau im Audimax der Fachhochschule Magdeburg-Stendal im Rahmen der Ringvorlesung „Flucht - Macht - Perspektive“ vor einem interessiertem Publikum einen Gastvortrag über ihre Erlebnisse in Griechenland, dem die Fotoausstellung „Grenzgänger“ voraus ging. Olga Klikau berichtete ungeschönt, untermalt mit Bildern, entstanden am Ort des Geschehens. „Ich konnte nicht anders“, so die Antwort nach dem „Warum“ ihres Engagements. Es waren die Bilder, die Nachrichten vom Elend der Flüchtlinge in Griechenland die Anfang 2016 um die Welt gingen und die junge Studentin aus Würzburg berührten. Für sie waren es Botschaften, Hilferufe von Menschen in Not. „Eigentlich wollte ich nach meinem Bachelorabschluss erst einmal Urlaub machen, doch die Bilder aus Griechenland ließen mich nicht mehr los.“ Nach einigen Vorbereitungen machte sie sich im Februar 2016 mit Gleichgesinnten auf dem Weg auf die Insel Chios. Im Gepäck das Urlaubsgeld, diverse Spenden und den unbändigen Willen zu helfen. Sie lebte im Flüchtlingslager - erlebte das Schicksal der Menschen, ihre Not, ihre Hoffnung, aber auch Freude und Dankbarkeit. Die Hilfe hatte viele Facetten. Die Freiwilligen gründeten unter anderen eine Kleiderkammer, organisierten Sanitär -und Hygieneartikel, bereiteten riesige Mengen an Essenportionen zu und spendeten Trost. Olga Klikau erzählte von Menschen, die in Folge des Türkeiabkommens eingesperrt wurden in riesige Hotspots. „Wir haben die Menschen durch die Zäune mit dem Notwendigsten versorgt und wurden deswegen auch einmal verhaftet.“


Wieder zurück in Deutschland ließen Olga Klikau ihre Erlebnisse nicht zur Ruhe kommen. Im Mai 2016 machte sie sich allein auf den Weg nach Griechenland, in ein Flüchtlingslager in Athen. Mit anderen freiwilligen Helfern verschiedener Nationen lebte sie mit den Flüchtlingen, 2.000 Menschen, darunter 30 % Kinder, in Zelten zusammen. „Es waren primitive Verhältnisse, ohne warme Dusche, ohne ausreichende Ernährung. Das Essen war oft ungenießbar.“ Olga Klikau berichtete von traumatisierten Menschen, die sich eingesperrt fühlten, von Konflikten unter den Geflüchteten in der Enge des Camps. Gegen die Hoffnungslosigkeit, als Hilfe zur Selbsthilfe, besetzten die freiwilligen Helfer ein Haus und gründeten dort eine Schule, die No Border School, welche heute noch besteht. „Wir haben hier zusammen mit den Geflüchteten gelernt, gearbeitet, mit ihnen gekocht und Gespräche geführt.“ Olga Klikau erlebte die Menschen und ihre Geschichten. - Geschichten, die betroffen machen. „Ein Mann zeigte mir Fotos von Frau und Kindern und erzählte mit Gesten auch von ihrem gewaltsamen Tod.“ Es gab auch ganz persönliche Momente, wie Fürsorge von Seiten der Geflüchteten, wenn die ständige Konfrontation mit dem Tod fast unerträglich wurde. „Ich habe große Hochachtung vor diesen Menschen. Mit meinen Erfahrungen möchte ich der oft falschen Außenwahrnehmung entgegentreten und die Leute hier zum Nachdenken anregen. Jeder kann helfen, ob nun aktiv oder mit Spenden“, so das Fazit der engagierten jungen Frau, die schon im Mai 2017 wieder nach Griechenland möchte.

Umfangreiche Informationen gibt es auf Facebook unter: facebook.com/noborderschool/

BU: Journalistin Annett Szameitat im Gespräch mit Flüchtlingshelferin Olga Klikau nach ihrem Vortrag.   Foto: Florian Schreiter
Themen: