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Bild 1 In der Rezeptur

Magdeburg-News: Polymedikation und der ältere Mensch – weniger ist oft mehr


veröffentlicht am Sonntag, 4. Dezember 2022

Magdeburg. „Wir in der Apotheke sind die letzte Verteidigungslinie, wenn bei Patienten in der Medikation etwas nicht stimmt. Falsche Dosierungen, Wechselwirkungen oder Mehrfachverordnungen haben wir im Blick und können eventuelle Fehler ausmerzen. Das geschieht immer in Rücksprache mit den behandelnden Ärzten. Im Ergebnis geht es darum, die optimale Lösung für den Patienten zu finden.“ Mit diesen Worten hob Dr. Lars Alexander Mohrenweiser, Inhaber der Sonnen-Apotheke in Magdeburg, die bedeutende Rolle der Apotheken bei der Betreuung vor allem älterer Menschen hervor. Anlass für seine Ausführungen war der Besuch zweier Medizinstudenten, die den Apothekenalltag unter dem Blickwinkel des alternden Patienten kennenlernen sollten. Florian und Hazem sind im 5. Studienjahr und erkunden im Rahmen ihrer Ausbildung, wie Ärzte und Apotheker bei älteren Personen besser miteinander kommunizieren können.

Erstaunt waren die beiden Studenten über die Information, dass Probleme bei älteren Patienten entstehen, wenn diese neben ihrer Standardmedikation auf frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel und Vitamine zurückgreifen. „Dabei handelt es sich nicht um harmlose Stoffe, wie es die Werbung gern vermittelt. Viele Nahrungsergänzer greifen erheblich in die Wirkung von Arzneimitteln ein und manchmal verringern sie sogar deutlich deren Wirkung. Ärzte fragen sich dann, warum es keine Besserung der Beschwerden gibt, bis wir herausfinden, dass hochdosierte frei verkäufliche Zusatzmittel eingenommen werden, die die Behandlung konterkarieren. Diesen Gesamtüberblick haben Ärzte sehr selten. Darum sind wir als Lotsen für Arzneimittel feste Partner für Ärzte und Patienten. Wir erkennen mögliche Wechsel- und Nebenwirkungen und können diese ausmerzen“, erklärt Apotheker Dr. Mohrenweiser, der zugleich Vizepräsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt ist. 

Florian ist seit vielen Jahren im Krankenhaus beschäftigt und kennt daher die Probleme, die rund um eine Medikation auftreten können. Doch in dieser Komplexität war es auch ihm nicht vertraut. „Ich erlebe auf der Station, wie wichtig es ist, den Austausch einerseits unter den Ärzten zu pflegen. Aber hier in der Apotheke habe ich gesehen, dass es viel mehr gibt, was die Behandlung gerade älterer Menschen beeinflussen kann. Da ist eine Kommunikation aller unerlässlich. Wechselwirkungen von Arzneimitteln sind gut beherrschbar. Aber man muss den Blick dafür haben und diesen immer wieder schärfen.“

Neueste Forschungen zeigen, dass gerade in der Arzneimittel-Behandlung älterer Menschen weniger mehr ist. „Es ist immer wieder die Frage zu stellen, ob Medikamente abgesetzt oder geringer dosiert werden können. Wir erleben hier im Apothekenalltag, dass es vielen Patienten besser geht, wenn sie die Arzneimittel verringern. Man muss sensibel sein und das richtige Maß finden“, so Dr. Mohrenweiser. Helfen kann da ein gut geführter Medikationsplan, der alles erfasst, also neben den ärztlich verordneten Arzneimitteln auch alle frei gekauften Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel und Vitamine.


Hintergrund:

Medizinstudenten des 9. Semesters beschäftigen sich im Querschnittsbereich „Medizin des Alterns und des alten Menschen“ mit der Problematik Polypharmazie. Dr. Lars Alexander Mohrenweiser organisiert in seiner Funktion als Vizepräsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt insgesamt elf Besuche mit jeweils zwei Studenten in drei Magdeburger Apotheken. Das Institut für Allgemeinmedizin der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg koordiniert mit verschiedenen Trägern der ambulanten Versorgung, so auch mit der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt, diese vor-Ort-Besuche.

Bildunterschrift (v. l.): Florian und Hazem erfahren von Dr. Mohrenweiser, was in der Apotheke an Rezepturen angefertigt werden kann.


Text: Apothekerkammer Sachsen-Anhalt
Foto: Katrin Pohl AKSA