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nicola beer

BEER-Interview: Ein Tablet wird künftig zur Grundausstattung eines Schulranzens gehören

Die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer (Foto) gab der „B.Z. am Sonntag“ (aktuelle Ausgabe) das folgende Interview. Dir Fragen stellte Ulrike Ruppel.

Frage: Woher kommt die neue Eiszeit zwischen Grün und Gelb?

Beer: Bei den Grünen brennt offenbar dermaßen die Hütte, dass sie ihr Heil jetzt in einer schwarz-gelben Socken-Kampagne suchen. Das ist eine Panikreaktion, weil sie selbst nichts anzubieten haben. Wir machen unseren Wahlkampf nicht mit Blick auf Koalitionen, sondern auf die Inhalte, die uns wichtig sind.

Frage: Halten Sie Zusammenhänge zwischen Extremwetter und Klimawandel wirklich für Fake News, wie Sie kürzlich sagten?

Beer: Niemand in der FDP leugnet den Klimawandel. Aber die Grünen versuchen in ihrer Not, ebenso wie die AfD, das Geschäftsmodell Angst in die Politik zu bringen. Wir sind hingegen eine Mut­Partei, die auf der Basis von Fakten arbeitet. Hysterie machen wir nicht mit – ob es um Schadstoffemissionen, Extremwetterlagen oder Ausländerpolitik geht.

Frage: Ihr großes Thema ist Bildung. Wie machen wir Schüler fit für die digitalisierte Welt?

Beer: Wir müssen auf mehreren Feldern gleichzeitig handeln. Dazu gehört: Lehrpläne modernisieren, Schulen sanieren und technisch ausstatten, Lehrer fortbilden, Lehrerausbildung verändern. Mehr als 60 Prozent unserer Schulanfänger werden in Berufen arbeiten, die es heute noch nicht gibt. Die Schule muss sie darauf vorbereiten.

Frage: Was soll zu diesen neuen Lehrplänen gehören?

Beer: Digitale Medien können in allen Fächern helfen, Schüler individuell zu fördern, Schwächen zu korrigieren und Neugierde zu wecken. Jeder Schüler sollte mindestens eine Programmiersprache kennen, um die Prozesse dahinter zu verstehen. Mit und über Digitalisierung lernen – darum geht es uns. Wir wollen ja nicht nur Verbraucher ausbilden, sondern Menschen, die sich neue Dinge ausdenken und Standards setzen können. Wir wollen keine Kopie von Silicon Valley werden. Wir haben in Europa unsere eigenen Werte und Prinzipien. Und danach wollen wir unsere digitale Welt gestalten.

Frage: Sie wollen pro Schüler 1000 Euro investieren. Wie?

Beer: Das Geld soll direkt an die Schulen gehen. Die sollen dann selbst entscheiden, ob sie etwa Technik kaufen oder Schüler bei der Anschaffung bezuschussen. Ein Tablet wird künftig zur Grundausstattung eines Schulranzens gehören. Grundsätzlich wollen wir die Schulen eigenständig machen bei Personal, Budget, Organisation und eigener Schwerpunktsetzung. Am Ende müssen sie beim selben Ziel ankommen, aber am Anfang brauchen wir den Mut, verschiedene Wege zuzulassen.

Frage: Wie wollen Sie Ältere in die digitale Zukunft mitnehmen?

Beer: Bei den Berufstätigen sind vor allem die Unternehmen gefragt. Wir haben das Konzept eines Lebensarbeitszeitkontos entwickelt, das Auszeiten zur Qualifikation bei laufender Lohnzahlung ermöglicht. Aber wir müssen auch diejenigen mitnehmen, die nicht mehr im aktiven Berufsleben stehen, damit sie mit zunehmendem Alter von den Entwicklungen beispielsweise im Gesundheitsbereich profitieren und möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden selbstbestimmt leben können.

Frage: Wie wichtig ist Christian Lindners Style für das Branding der FDP?

Beer: Er hat sich für die Kampagne ja nicht umgestylt. Es fällt offensichtlich auf, wenn jemand nicht nur etwas im Kopf hat, sondern auch noch gut aussieht. Wir haben das Glück, einen Bundesvorsitzenden zu haben, der inhaltlich überaus kompetent ist, ein großer Redner und darüber hinaus sehr sympathisch.

Frage: Beim Thema Flüchtlinge verschärft Lindner den Ton, pocht auf Rückkehr. Werben Sie um AfD-Wähler?

Beer: Wir reden grundsätzlich Klartext. Und gerade die falsche Flüchtlingspolitik bedarf klarer Worte. Denn wenn etwas unklar bleibt, werden Ängste geschürt. Wir wollen eine geordnete Einwanderungsstrategie. Dazu müssen wir unterscheiden zwischen politisch oder religiös Verfolgten, die Asyl bekommen, und Kriegsflüchtlingen, die befristeten Schutz erhalten und im Regelfall nach Kriegsende wieder nach Hause gehen. Zudem werben wir für die dritte Säule eines Einwanderungsgesetzes mit einem transparenten Punktesystem für Fachkräfte. Davon könnten auch Flüchtlinge profitieren, die sich hier gut integriert haben. Aber die Kriterien legen wir fest.

Frage: Sie haben zwei Söhne (18), waren zehn Jahre alleinerziehend. Was nehmen Sie mit in die Politik?

Beer: Alleinerziehenden wurde es schwer gemacht. Ohne meine Eltern wäre das gar nicht gegangen. Deshalb sage ich: Kitas und Krippen sind auch Bildungseinrichtungen. Wir brauchen nicht nur flexible Öffnungszeiten, sondern auch einen qualitativen Ausbau, damit die Kinder gefördert werden. Alle Mütter müssen die Möglichkeit bekommen, ohne schlechtes Gewissen am Berufsleben teilzunehmen. Nur so können wir einer drohenden weiblichen Altersarmut begegnen.