Zuckerfrei – das Motto verkauft sich gut. Immerhin ist
allgemein bekannt, dass Zucker schlecht für den Körper ist. Doch Zucker hat
viele Gesichter und die Industrie viele Möglichkeiten, ihn zu „verstecken“. Ein
Beispiel: Statt ein Produkt mit Haushaltszucker zu süßen, kann die gleiche
Menge aufgesplittet werden – etwa in Honig, Agavendicksaft und Glukose. Schon
steht Zucker im Kleingedruckten nicht mehr vorne, sondern jeder der drei Stoffe
erhält einen Platz weiter hinten auf der Zutatenliste. Dabei enthält das
Produkt genauso viel Süßungsmittel wie zuvor.
Versteckte Süßmacher erkennen
„Verbraucherschützer schätzen, dass die Industrie mit
rund siebzig Begriffen arbeitet. Die wenigsten Konsumenten können diese
enttarnen”, erklärt SBK-Expertin Elisabeth Lenz, Diplom-Ökotrophologin. Ihre
Faustformel: „Zutaten, die auf -ose enden, Bezeichnungen mit ,Sirup‘ oder
,Dicksaft‘ im Namen, Molkeerzeugnisse, Gerstenmalzextrakt, Rübenkraut, Honige –
das allesamt sind Süßmacher, also vom Hersteller zugesetzter Zucker. Diesen
gilt es von dem natürlich vorhandenen Zucker in Früchten – auch in getrockneten
– und in Gemüse zu unterscheiden. Dabei helfen die beiden vom Gesetzgeber
vorgeschriebenen Angaben auf den Verpackungen. Die Zutatenliste zeigt, was der
Hersteller verwendet und somit zugegeben hat. Die Nährwerttabelle gibt den gesamten
Kohlenhydratanteil des Produkts an und weist davon extra den Zuckeranteil je
hundert Gramm beziehungsweise Milliliter des Produkts aus.
Manche industriellen Fruchtjoghurts enthalten vier Stück
Würfelzucker
Doch Achtung: In diesem sind dann der zugesetzte und der
natürliche Zuckeranteil zusammengefasst – das gibt einen Überblick, zeigt aber
nicht direkt den vom Hersteller zugesetzten Zucker. Bei Produkten mit
Fruchtextrakt, -püree oder getrockneten Früchten kann der Wert entsprechend
hoch sein, obwohl sie durchaus aus Ernährungssicht gesund sein können.
Schauen Sie mal auf Fertigsoßen, etwa eine Barbecuesoße”,
sagt Lenz. Die Stiftung Warentest entdeckte bei einem aktuellen Test
Beachtliches: Drei Stück Würfelzucker pro Esslöffel Soße steckten in mehreren Produkten.
Selbst Ketchup – der ja gemeinhin schon als „Süßer” bekannt ist – reicht daran
mit eineinhalb Würfelzucker nicht heran. Ein süßer Klassiker: Fruchtjoghurts.
In vielen Produkten fanden die Tester in jedem Becher umgerechnet vier Stück
Würfelzucker.
Zuckerkonsum deutlich zu hoch
Die Deutschen konsumieren im Durchschnitt 103 Gramm
Zucker pro Tag. Und in diesem Wert sind gesüßte Getränke nicht mal enthalten.
Viel zu viel – zieht man die Richtlinie der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
heran. Die neue Zuckerrichtlinie stuft eine Menge von maximal 25 Gramm Zucker,
also etwa fünf Teelöffel, als gesundheitlich unbedenklich ein. Anlass, den
empfohlenen Grenzwert zu senken, ist die weltweite Zunahme von Übergewicht –
und damit einhergehend die Zunahme schwerer Erkrankungen wie etwa Diabetes und
Bluthochdruck.
Vergessen Sie, was Sie bislang an Hoffnungen hatten –
etwa dass brauner Zucker so viel gesünder ist als weißer. Er enthält nur noch
etwas Mineralien und färbende Pflanzenstoffe. „Auch Honig ist nicht unbedingt
gesünder. Er klebt sogar stärker an den Zähnen und es kommt sehr auf die
Qualität und Verwendung an – denn ein guter Imkerhonig hat durchaus seinen Wert
bei Hausmitteln wie der heißen Milch mit Honig”, sagt Diplom-Ökotrophologin
Lenz. Bei Fruktose ist es ähnlich. Hier denken noch viele Verbraucher „Wow, das
ist gesund.“
Tatsächlich aber verursacht Fruchtzucker ebenso Karies
und lässt den Blutzucker – wenn auch etwas langsamer – in die Höhe schnellen
wie weißer Zucker. Und das ist die Crux am Zucker. Er liefert schnell Energie,
da er direkt verwertet werden kann und so rasch ins Blut gelangt. Doch um den
Zucker in die Zellen zu transportieren, setzt der Körper große Mengen des
Hormons Insulin aus der Bauspeicheldrüse frei. Der Blutzuckerspiegel fällt daraufhin
rasch ab, und ein erneuter Heißhunger auf Süßes stellt sich ein – ein
Kreislauf.
Tipps gegen Heißhungerattacken
„Wenn wir Lust auf Süßes verspüren, haben wir häufig
vorher Süßes gegessen und der Heißhunger ist darauf die Antwort”, erklärt Lenz.
Ein paar Trockenfrüchte, etwas dunkle Schokolade und ein paar Mandeln können
helfen, den Kreislauf zu durchbrechen. Manches Mal ist es hilfreich, ein großes
Glas Wasser zu trinken, oder der Heißhunger ist der Ruf des Körpers nach einer
Pause. „Versuchen Sie es mit einer Entspannungsübung oder einem kurzen
Spaziergang.” Überhaupt bewirkt ein achtsamer Konsum viel. „Wenn Sie selbst
backen, reduzieren Sie beispielsweise die Zuckermenge”, sagt die Expertin.
„Meiner Erfahrung nach lässt sich bei den meisten Rezepten rund die Hälfte des
Zuckers weglassen.”
Achtsamer Konsum
Mittlerweile gibt es viele Bücher und Blogs, die
aufzeigen, wie man mit weniger Zucker und Kohlenhydraten genussvoll auskommen
kann. „Das ist toll, weil diese Bewegung viele für das Thema Zucker und
versteckte Süßmacher sensibilisiert”, sagt Elisabeth Lenz. Tatsächlich aber ist
es gar nicht notwendig, Zucker komplett zu streichen. „Ein guter Rat:
Betrachten Sie Zucker als Gewürz und nicht als Zutat.” Wer sich zudem
körperlich fit hält, Wert auf eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung
mit viel Gemüse legt, industrielle Fertigprodukte mit versteckten Süßmachern
meidet und dafür viel selbst zubereitet, der darf sich ab und an auch ein Stück
Kuchen gönnen. Ob mit Honig, braunem Zucker oder Agavendicksaft ist dann egal –
denn süß machen sie alle.
Text / Foto: SBK Siemens-Betriebskrankenkasse